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Universität Augsburg

"Mischung an Belustigung und moralisierender Abscheu und Ekel"

Der Antrag, drei Gloryholes im Hörsaalzentrum zu errichten, wurde vom Studentischen Konvent der Uni Augsburg abgelehnt. In einer Stellungnahme wundert er sich jedoch über das bundesweite Interesse und kritisiert queerfeindliche Reaktionen.


Symbolbild: Ein Gloryhole aus der Fotoserie "Fenster zum Klo" des Künstlers Marc Martin (Bild: Marc Martin / Schwules Museum)
  • 28. Oktober 2023, 03:29h 4 Min.

In der Sitzung des Studentischen Konvents der Universität Augsburg wurde am 25. Oktober 2023 ein Antrag von Studierenden mit dem Titel "Gloryholes im Hörsaalzentrum" behandelt (queer.de berichtete). Dieser wurde mit 20 Nein- und fünf Ja-Stimmen bei acht Enthaltungen abgelehnt.

Auf Initiative des Präsidiums der Studierendenvertretung wurde in der Sitzung noch ein Dringlichkeitsantrag mit 23 Ja-Stimmen, einer Nein-Stimme und bei sieben Enthaltungen beschlossen, sich zu den "Geschehnissen" im Zusammenhang mit dem Antrag zu positionieren. Wir dokumentieren die nun veröffentlichte Stellungnahme. (mize)

Stellungnahme

Der Studentische Konvent erachtet es als wichtig, sich mit queeren Thematiken auseinanderzusetzen. Dazu gehört ein heteronormativitätskritischer Diskurs an der Uni – ein Problembewusstsein für Heteronormativität: Dies ist ein gesellschaftliches System, das queere Menschen unsichtbar macht, in ihrer Entfaltung unterdrückt und ihnen Gewalt zufügt.

Mit großer Verwunderung nehmen wir daher nun das bundesweite Interesse im Internet und der Presse an einem Antrag wahr, der noch gar nicht im Studentischen Konvent diskutiert und abgestimmt wurde. Dass diesem Antrag dabei mit einer Mischung an Belustigung und moralisierender Abscheu und Ekel begegnet wird, kann anhand der Wortwahl zum Teil mit queerfeindlichen Einstellungen erklärt werden, die immer noch tief in unserer Gesellschaft verankert sind. Außerdem zeigt sich ein Unverständnis über die Strukturen und Funktionsweise der Studierendenvertretung und wenig Wille, diese genauer zu recherchieren: Zunächst haben alle Studierenden ein Antragsrecht, der betreffende Antrag ist nicht als "Position der Augsburger Studierendenvertretung" zu verstehen.

Queere Studierende erleben täglich Diskriminierung am Campus. Beispiele dafür sind die Unmöglichkeit, die RZ-Kennung, also den Namen des Uni-Accounts, an einen neuen Vornamen anpassen zu lassen und die ausschließlich binär-gegenderten Toiletten. Diese und andere Probleme, die vor allem queere Studierende, aber auch andere Universitätsangehörige, betreffen, müssen sichtbar gemacht und gelöst werden.

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Der Studentische Konvent freut sich über die diskursive Anregung durch den Antrag "Gloryholes im Hörsaalzentrum", der das nicht-heteronormative Ausleben von Sexualität auf die Tagesordnung setzt und steht dafür ein, dass alle Studierenden der Universität ihr Antragsrecht weiterhin frei nutzen können.

Dass genau dieser Tagesordnungspunkt aus den Themen der nächsten Konventssitzung gegriffen und aufs Schärfste kritisiert wird, zeigt wieder einmal, dass studentische Belange in der Gesellschaft wenig Beachtung finden – es sei denn, sie behandeln Themen, die als Kuriosum berichtet werden können, wie etwa das Ausweichen auf Zeltplätze bei eklatanter Wohnungsnot. Es ist bezeichnend, dass auch queere Belange offenbar bei vielen in diese Kategorie fallen. Diese Aufmerksamkeit fehlt auch bei aktuellen dringenden Problemen, wie der dramatischen studentischen Armut, der nicht mit adäquaten Anpassungen beim BAFöG begegnet wird und die durch Zinserhöhungen beim KfW-Studienkredit auf über 9% sogar noch befeuert wird.

Ein weiterer Missstand, den wir an dieser Stelle unterstreichen wollen, ist die fehlende Partizipationsmöglichkeit der Studierenden an den universitären Strukturen. Die Beschlüsse des studentischen Konvents formulieren lediglich ein studentisches Anliegen gegenüber der Universitätsleitung und interessierten Öffentlichkeit. Die Umsetzung ist nicht bindend, wir sind vom Wohlwollen der Universitätsleitung abhängig. Wenn die Universitätsleitung ein studentisches Anliegen nicht teilt, kann sie den entsprechenden Antrag ohne Weiteres ignorieren. Das hat konkrete Nachteile für die Studierendenschaft, die zwar mit Abstand die größte Statusgruppe an einer Universität darstellt, deren Einfluss auf universitäre Entscheidungsprozesse aber marginal ist: Während der Corona-Pandemie beispielsweise wurde die studentische Perspektive auf die Maßnahmenpolitik der Universitätsleitung ausgeblendet, obwohl insbesondere Studierende die Konsequenzen dieser Entscheidungen getragen haben. Auch auf diesen fundamentalen Missstand soll an dieser Stelle aufmerksam gemacht werden.

Abschließend verurteilt der Studentische Konvent jegliche offen rechtsextremen, behindertenfeindlichen und menschenfeindlichen Kommentare, die in großer Zahl geschrieben wurden. Es ist von großer Bedeutung, in der momentanen öffentlichen Debatte queere und explizit auch trans* Leben zu schützen und für eine queerfreundliche Universität einzustehen.

Wöchentliche Umfrage

» Was hältst du von offiziellen Gloryholes an der Uni?
    Ergebnis der Umfrage vom 30.10.2023 bis 06.11.2023
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