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Serientipp

Eine queere Dramödie aus Schweden – ohne Klischees

Im faszinierenden Netflix-Sechsteiler "Tore" von und mit William Spetz geht es um einen Jungen, der ein spätes Coming-out hat und sich von einem Tag zum anderen in seinem Leben neu orientieren muss.


Tore (William Spetz, re.) begibt sich nach dem Tod seines Vaters auf eine emotionale Achterbahnfahrt. Die schwedische Serie kann seit 27. Oktober 2023 auf Netflix gestreamt werden (Bild: Netflix)

Wenn hierzulande von schwedischen Serien die Rede ist, dann sind oft Klischees im Spiel: Mal sind es heimelige Abba-Ikea-Weihnachtsbilder, die einem in den Sinn kommen – dann aber auch all die düsteren "Nordic Noir"-Krimis, jene mit finsteren Kommissar*innen und verschlagenen Charakteren.

Nun kommt eine Serie zu uns, die keines dieser Klischees bedient: "Tore" dreht sich um einen 27-jährigen, jungen schwulen Mann namens Tore, der ganz plötzlich und unerwartet seinen Vater verliert. An diesem Morgen noch hatte er sich mit seinem Vater gestritten, weil der meinte, es sei doch langsam mal Zeit für Tore, von zu Hause auszuziehen und ein eigenes Leben zu führen.

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Tores Leben gerät zunehmend aus den Fugen

Tore arbeitet als Assistent im Bestattungsinstitut seines Vaters – Trauer zu unterdrücken oder sie nicht zu zeigen, ist gewissermaßen Teil seines Jobs. So auch an diesem Morgen: Als sein Vater vor seinen Augen von einem Müllwagen angefahren wird und stirbt, zeigt Tore keine Träne und verhandelt sogar noch mit einer Kundin, wann ein Verstorbener genau abgeholt werden soll.


Tore (William Spetz, re) freundet sich mit Dragqueen Shady Meat (Carlos Romero Cruz) an (Bild: Netflix)

Was dann folgt, ist eine regelrechte "Tour de force" durch ein Leben, über das Tore die Kontrolle zu verlieren droht. In einem Drag-Club lernt er einen älteren Mann kennen, doch über eine Sex-Beziehung geht es nicht hinaus. Eine Dragqueen wird zu einer guten Freundin, die er auch brauchen kann – unter anderem deswegen, weil sein "Love Interest", der Blumenhändler, der für das Bestattungsinstitut seines Vaters arbeitet, sich als frisch getrennt und als schwieriger Charakter entpuppt. Tore probiert Drogen und verkauft seine entzückende Labrador-Hündin – beides wird er später bereuen. Sein Leben, zu dem auch seine streitbare Schwester gehört, gerät ihm zunehmend aus den Fugen.

Weglaufen vor allem, was weh tut

"Tore" wurde von Schauspieler und Drehbuchautor William Spetz kreiert und geschrieben. In den Kritiken wurde die Serie oft in die Kategorie "Feel-Good"-Geschichte eingeordnet – doch das trifft nicht den Punkt, denn es ist auch die durchaus traurige Geschichte eines jungen Mannes, der vor allem wegläuft, was ihm weh tut, und gleichzeitig herausfinden will, wer er wirklich ist.

Die sechsteilige Serie fasziniert durch ihre Ambivalenz, denn: Die Hauptfigur Tore ist oft alles andere als sympathisch, im Gegenteil, man möchte ihn zuweilen schütteln ob so manch unvernünftiger Entscheidungen. Tore, das ist auch ein Mensch, der sich nur schwer mit anderen verbinden kann. Die Geschichte spielt in Stockholm, es wurde im Winter gedreht – zu sehen sind keine noblen Häuser oder malerische Landschaften, sondern einfache Mietwohnungen, und Außenaufnahmen, die im harten und kalten Licht des nordischen Winters gefilmt wurden.

Direktlink | Offizieller Trailer zur Serie
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In Schweden ist Hauptdarsteller William Spetz ein Star und eine Art Multitalent – er hat in jungen Jahren Comedy-Videos gedreht, hat eine Youtube-Show produziert, war in der Netflix-Serie "Greatest of all" zu sehen und hat bereits einen Auftrag als Dramatiker an einem Theater angenommen.

Spetz sagte in einem Interview einer schwedischen Zeitung, dass er für die Rolle des Tore all die negativen Seiten seiner Persönlichkeit herausholen musste. Über die Geschichte seiner Hauptfigur sagt er: "Ich glaube nicht, dass wir dafür gemacht sind, mit dem Tod eines geliebten Menschen umzugehen. Es ist wie eine Lücke im Gehirn, bei der man nicht weiß, wohin man gehen soll. Ich denke, diese Lücke ist die Ursache für viel Schmerz, aber auch für viel Komik. Und wahrscheinlich war es diese Lücke, die mich dazu inspiriert hat, 'Tore' zu schreiben."

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