Eine queere Perle aus Neuseeland

"Schwuchtel!" – "Nein, es ist Miss Schwuchtel für dich, Süßer!". Der junge Whetu (Conan Hayes) weiß, wie man dumme Anmache clever kontert. Im Provinzkaff an der neuseeländischen Küste ist der sensible Teenager doppelter Außenseiter: Maori und der einzige offene Schwule, weit und breit. Selbst die Mädchen seiner Klasse erweisen sich als miese Mobbing-Monster – die gegen die clevere Schlagfertigkeit ihres Mitschülers freilich chronisch dumm dastehen.

Der 17-jährige Jim (Jordan Oosterhof) gibt sich zunächst unsicher. "Verpiss dich!", brüllt er Whetu an, als der ihn erwischt, wie er nackt am Strand trainiert. Training ist für Jim das wichtigste im Leben. Schon als Kind wird er vom strengen Vater (Tim Roth) zum Box-Sport gezwungen. Jetzt steht ein entscheidender Kampf bevor, der Papas Träume von einer Profi-Karriere seines Sohnes möglich machen könnte. Nach einem dramatischen Zwischenfall im Meer, erweist der junge Maori sich als Retter in höchster Not für den Boxer – der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

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Sensible Coming-of-Age-Geschichte

Poster zum Film: "Punch" läuft im November 2023 in der Queerfilmnacht

Doch die Idylle wird jäh auf harte Proben gestellt. Gegenüber seinen Kumpels verleugnet Jim den neuen Freund. Erst nach einem feigen, brutalen Verbrechen werden dem jungen Boxer die Augen geöffnet.

"Die Leute denken, es geht heute nur noch um Regenbogen-Fahnen und Pride-Paraden. Aber das ist es nicht", klagt er seinem Vater. Der reagiert mit der üblichen Gefühlskälte, mit der er auch seine Alkoholsucht schon immer verdrängte. Für Jim jedoch ist nun alles anders. Plötzlich steht der 17-Jährige vor der wichtigsten Weichenstellung seines Lebens. Am einsamen Strand erwartet ihn die alles entscheidenden Begegnung mit Whetu.

Schwule Boxer-Filme sind selten. So rar wie schwule Filme aus Neuseeland, zudem mit Maori-Effekt. Und: Dieses queere Kiwi-Kino kann sich absolut sehen lassen! Autor und Regisseur Welby Ings bietet mit seinem Spielfilm-Debüt eine sensible Coming-of-Age-Geschichte mit einer glaubwürdigen Geschichten und ebenso plausiblen Figuren.

Homophobe Hinterwäldler wie aus einem Horrorfilm

Die homophoben Hinterwäldler wirken dabei wie aus einem Horrorfilm. "Diese ganze Stadt stinkt nach Testosteron", klagt Jim einmal über die Macho-Mentalität, die wahlweise mit latenter oder johlend zelebrierter Aggressivität daherkommt. Und die vor versuchtem Totschlag oder Vergewaltigung nicht Halt macht. Selbst die Schülerinnen sind schon von stumpfsinnigem Hass infiziert. Als paradiesischer Gegenentwurf dazu Whetus kleine Hütte am Strand, eindrucksvoll mit Gegenständen seiner indigenen Kultur ausgestattet.

Nicht nur dramaturgisch und visuell weiß "Punch" zu überzeugen. Schauspielerisch gelingt gleichfalls ein Coup. Für seinen Erstling den Oscar-Kandidaten Tim Roth zu gewinnen, spricht für den Regisseur und sein Projekt. Als seinen zweifelnden Filmsohn gibt Jordan Oosterhof eine überzeugende Vorstellung. Der ganz große Applaus gebührt derweil Conan Hayes, der selbst Maori-Wurzeln hat und mit seiner Attraktivität und Leinwandpräsenz an der jungen Keanu Reeves erinnert. Mit charismatischer Coolness gibt er den sensiblen Träumer, der wacker gegen alle Windmühlen ankämpft. Sollte man sich ansehen!

Galerie:
Punch
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