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Sohn will mehr über die schwule Liebe seines Vaters wissen
Das Drama "Hör auf zu lügen" ist die gelungene Adaption des preisgekrönten Romans: Nach 35 Jahren kehrt der Schriftsteller Stéphane zurück in seine Heimat – und begegnet dort dem Sohn seiner ersten großen Liebe.

Das romantische Drama "Hör auf zu lügen" ist die Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers und mehrfach preisgekrönten Romans (Original: "Arrête avec tes mensonges"), der auf den eigenen Jugenderinnerungen des Autors Philippe Besson basiert (Bild: 24 Bilder)
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16. November 2023, 07:54h 4 Min.
Mit einem Zettelchen fing alles an. Den steckt der coole Thomas seinem Mitschüler Stéphane auf der Toilette zu. Die zwei 17-Jährigen treffen sich zur vereinbarten Uhrzeit heimlich an einem verlassenen Schwimmbad. Beide sind nervös und unsicher. Doch Thomas schafft es, Stéphane zu fragen, ob er das schon mal gemacht habe. Nein, antwortet der, und du? Nur mit Mädchen. Na gut, ein bisschen Mut antrinken, dann knutschen, ein bisschen Spucke – ein schneller Fick. Aber sag's keinem, mahnt Thomas sein Gegenüber nochmal, und zischt ab. Gar nicht romantisch, nicht wirklich leidenschaftlich, aber dafür umso erinnerungswürdiger. Was an diesem Nachmittag passiert, ist der Beginn einer Affäre, die sich zu einer echten Jugendliebe entwickeln wird. Wer hätte das gedacht.
35 Jahre später kehrt Stéphane zurück in seine Heimat, irgendwo in der französischen Provinz. Er ist heute bekannter Schriftsteller, den eine Cognac-Marke zum Markenbotschafter gemacht und daher eingeladen hat. Den überschwänglichen Enthusiasmus der Marketing-Mitarbeiterin, die ihn abholt, teilt er nicht. Schwule Männer und das Landleben – ein bestens abgestecktes Spannungsfeld, zumal in Frankreich, wo Édouard Louis und Didier Eribon sich diesem Thema seit Jahren erfolgreich widmen.
Endlich erfährt Lucas von der schwulen Beziehung seines Vaters

Poster zum Film: "Hör auf zu lügen" startet am 16. November 2023 im Kino
Doch der Pflichttermin entwickelt sich rasch zu einer lebensverändernden Episode: Stéphane (Guillaume de Tonquédec) lernt bei einer Lesung Lucas (Victor Belmondo) kennen. Lucas Andrieu – am Gesicht hat der Autor es vermutet, beim Nachnamen ist er sich sicher – ist der Sohn von Thomas, seiner ersten großen Liebe. Thomas, der in den Sommerferien nach Spanien zu Verwandten ging und nie wieder zurückkam, sich nicht mehr meldete, Briefe und Anrufe unbeantwortet ließ.
Es ist eine autobiografische Geschichte, die der Autor Philippe Besson in "Hör auf zu lügen" verarbeitet. Der Regisseur Olivier Peyon hat den mehrfach ausgezeichneten Roman nun fürs Kino adaptiert. Das Drama zeigt, wie Stéphane Thomas' Sohn kennenlernt und durch ihn auch seiner alten Liebe näherkommt. Das ist schmerzhaft für den Schriftsteller, der es endlich schafft, sich seinen Dämonen der Vergangenheit zu nähern. Doch er profitiert davon, und auch Lucas kann so Antworten auf seine offenen Fragen zu seinem verschwiegenen Vater finden: Dass der mit einem Mann zusammen war, wusste er nicht.
Die ersten Schmetterlinge im Bauch
Parallel dazu springt "Hör auf zu lügen" immer wieder zurück und erzählt, wie die zwei Teenager sich ineinander verlieben und einen Frühsommer erleben, wie ihn nur eine erste Liebe verzaubern kann. Es sind traumhafte Monate, die aber getrübt werden von Thomas' Scham und der Gewissheit, dass diese Beziehung in der französischen Provinz Mitte der 1980er Jahre für ihn, den Winzerssohn, der beim Betrieb mit anpacken soll, keine Zukunft haben kann.
Die in sommerliches Gelb getauchten Rückblenden zeigen auf überzeugende Weise, wie unbeschwert sich die ersten Schmetterlinge im Bauch anfühlen, wie viel Angst sie aber auch auslösen – es ist eine brüchige Romanze. Jérémy Gillet als der junge Stéphane und Julien de Saint Jean als Thomas haben eine großartige Chemie miteinander. Sie lachen, raufen, kuscheln, haben Sex, schreien sich an – und bleiben dabei völlig authentisch und lassen dabei richtig mitfühlen – und vielleicht auch mitweinen.
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Die Kraft der Versöhnung mit der Vergangenheit
"Hör auf zu lügen" erweckt anfangs den Eindruck, sehr vorhersehbar zu sein. Doch das von Olivier Peyon adaptierte Drehbuch hält einige unerwartete Plot-Twists bereit. Vor allem gewinnt Lucas als Figur mit der Zeit deutlich an Nuancierung. Das liegt wohl auch daran, dass es einen entscheidenden Unterschied im Vergleich zum Roman gibt: Darin trifft Lucas Stéphane zwei Mal im Abstand von acht Jahren, der Film jedoch spielt an einem Wochenende. Guilaine Londez als Cognac-Verantwortliche Gaëlle ist zudem ein lustiger Sidekick, der den sonst sehr emotionalen Plot wunderbar ergänzt.
Das Drama ist stellenweise ein wenig zu kitschig und holt vor allem zum Schluss nochmal alles an Pathos raus, was möglich ist. Doch es passt, und es trübt nicht den Gesamteindruck: "Hör auf zu lügen" ist ein gut gemachter, sehenswerter Film über Enttäuschungen, Hoffnungen und die Kraft, die in der Versöhnung mit der Vergangenheit liegt.
Hör auf zu lügen. Drama. Frankreich 2023. Regie: Olivier Peyon. Cast: Guillaume de Tonquédec, Victor Belmondo, Guilaine Londez, Jérémy Gillet, Julien De Saint Jean. Laufzeit: 98 Minuten. Sprache: deutsche Synchronfassung. FSK 12. Verleih: 24 Bilder. Kinostart: 16. November 2023
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