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Rückschritt befürchtet

Hessen nach der Landtagswahl: "Große Sorge" bei queeren Verbänden

Bei LGBTI-Aktivist*innen in Hessen schrillen derzeit alle Alarmglocken, weil der designierten Koalitionsregierung aus CDU und SPD queere Themen offenbar egal sind – und sich der Ministerpräsident sogar über eine "Überrepresentation" von Minderheiten beschwert.


Boris Rhein führt seit Mai 2022 eine schwarz-grüne Koalition an – jetzt will er aber mit der SPD zusammenarbeiten (Bild: IMAGO / Bernd Elmenthaler)
  • 21. November 2023, 10:41h 3 Min.

Queere Aktivist*­innen haben am Montag in einem offenen Brief an die hessischen Landesverbände von CDU und SPD ihre Besorgnis über Entwicklungen nach der Landtagswahl im Oktober zum Ausdruck gebracht. "Die Aussagen im Sondierungspapier von CDU und SPD sowie die Äußerungen des Ministerpräsidenten Boris Rhein zur 'Überrepräsentation' von Minderheiten sind besorgniserregend. Sie signalisieren einen Rückschritt in der Anerkennung und im Schutz von Minderheiten, zu denen auch unsere queere Gemeinschaft zählt", heißt es in dem Papier des Darmstädter Vereins Vielbunt, der unter anderem von den Queeren Zentren in Kassel und Wiesbaden sowie mehreren hessischen Aidshilfe-Organisationen unterstützt worden ist. Auch die SPDqueer Hessen-Süd unterzeichnete den Brief, aber kein Verband der Lesben und Schwulen in der Union (LSU).

Die Verbände üben damit konkret Kritik an einer Äußerung von Boris Rhein in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Bezahlartikel). Darin schrieb der CDU-Politiker: "Die amtierende Ampelregierung wiederum verliert die gesellschaftliche Mehrheit, weil sie ihre politische Mehrheit nutzt, um Minderheiten programmatisch zu überrepräsentieren." Zudem wird das von CDU und SPD verfasste Sondierungspapier kritisiert, weil es unter anderem ein Verbot geschlechter­gerechter Sprache nicht nur an Schulen und Universitäten, sondern auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk vorschreiben soll (queer.de berichtete). Der Deutsche Journalistenverband erklärte darauf, dass ein derartiger Eingriff in die Rundfunkfreiheit verfassungswidrig sei (queer.de berichtete).

In dem offenen Brief der queeren Verbände wird dieses Vorhaben ebenfalls kritisiert: "Das Verbot inklusiver Sprache ist auch ein Zeichen dafür, dass die Anerkennung und Sichtbarkeit von weiblichen sowie nicht-binären und trans* Personen in unserer Gesellschaft weiterhin marginalisiert werden sollen", heißt es darin. Queere Themen würden ansonsten in dem Sondierungspapier "vernachlässigt".

Offener Brief: Sorge über queere Geflüchtete

Zudem sei auf bundespolitischer Ebene "alarmierend", dass der Bundestag vergangene Woche die beiden Länder Georgien und Moldau zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt hatte (queer.de berichtete). "Eine unter der angestrebten Landesregierung forcierte zusätzliche Erweiterung [der 'Sicher'-Liste] stellt eine direkte Bedrohung für queere Geflüchtete dar, deren Sicherheit und Leben in vielen Ländern aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität gefährdet sind. Dieser Schritt würde das Asylrecht für viele Menschen, die Schutz vor Verfolgung suchen, erheblich erschweren."

Die Aktivist*innen bitten CDU und SPD in dem offenen Brief bitten darum, den eingeschlagenen Weg zu ändern: "Wir appellieren daher an Sie, diese Entscheidungen und Aussagen zu überdenken und sich für die Rechte und den Schutz aller Menschen in Hessen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität oder Herkunft, einzusetzen. Wir appellieren an Sie, den derzeitigen rauen Umgangston gegenüber Minderheiten zu beenden und stattdessen zu einem konstruktiven, inklusiven Dialog mit Vertreter*innen der queeren Gemeinschaft sowie weiteren Minderheiten zurückzukehren. Ziel sollte es sein, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, die die Vielfalt unserer Gesellschaft wertschätzen und angemessen berücksichtigen."

Die CDU hatte rund neun Jahre lang mit den Grünen in Hessen regiert, sich aber nach dem Wahlsieg vor gut sechs Wochen dazu entschieden, künftig eine Regierung mit der SPD als Juniorpartner anzustreben. (dk)

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