"Last Twilight"- die neue schwule Erfolgsserie aus Thailand

Mhok (l., Jitaraphol "Jimmy" Potiwihok) und Day (Tawinan "Sea" Anukoolprasert) entwickeln Gefühle füreinander (Bild: GMMTV)

Auch 2023 hält in Asien der Trend zu Serien über Romanzen zwischen Jungs, den sogenannten BL-Reihen, weiter an. Der neueste, via Youtube auch im Ausland erfolgreiche Hit des thailändischen Senders GMM TV ist "Last Twilight": Im Mittelpunkt steht Day, ein erfolgreicher Badminton-Nationalspieler, der aufgrund einer Hornhauterkrankung plötzlich nur noch stark eingeschränkt sehen kann und völlig erblinden könnte.

Seine reiche Familie will Day einen Alltagsbegleiter an die Seite stellen und er entscheidet sich für den einzigen, der ihm im Vorstellungsgespräch nicht mit Mitleid begegnet und der zugleich völlig unpassend erscheint: Mhok (der Name wird unterschiedlich transkribiert, das o ist ein aw wie in awful), ein verschuldeter Automechaniker, der nach einer Haftstrafe verzweifelt einen Job sucht und zufällig und unvorbereitet auf diesen stößt.

Nach anfänglichem beidseitigen Missmut kommen sich die beiden Jungs näher und näher. Mhok lernt, an den richtigen Stellen Rücksicht zu nehmen, aber auch, Day herauszufordern – aus seinem Zimmer, seiner Sicherheit heraus hinein in das Alltagsleben. Und Day entwickelt Gefühle, für eine Freundschaft und darüber hinaus.

Die Serie ist in Deutschland bei Youtube verfügbar, die einstündigen Folgen mit jeweils vier Teilen haben englische Untertitel, aber keine Audiodeskription. Neue Episoden gibt es jeweils freitags, zwölf werden es insgesamt.

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Miterleben statt Mitleid

Regisseur Noppharnach "Aof" Chaiyahwimhon ("Bad Buddy", "Tale of 1000 Stars") ist ein großer Meister darin, sein Publikum mit unvergesslichen Szenen Woche für Woche vor den Schirm zu fesseln. Geht man nach Reaktionen in sozialen Netzerken, scheint auch diese neueste Romanze einzuschlagen – und in den bisher gezeigten vier Folgen im Umgang mit dem Thema Behinderung den richtigen Ton zu treffen.

Das Poster zur Serie (Bild: GMMTV)

Zwar dient sie dem Plot und teilweise auch fast verkitschend der Romantik – aber wir sind hier im Love-Genre und wenn man darstellen und den Zuschauenden nachvollziehbar machen kann, wie Day Mhok durch seine Augen quasi weichgezeichnet sieht und sich zunehmend verliebt, und wenn man so die Aquarium-Szene aus Romeo und Julia neu beleben kann: Warum nicht? Es gibt einen schmalen, auch individuell unterschiedlich empfundenen Grad zwischen tief berührend und Kitsch, den Aof in der Regel perfekt beherrscht.

Die Serie versagt Day, auch durch Mhok, plumpes Mitleid, zeigt realistisch seinen ihn nicht immer sympathisch erscheinen lassenden Kampf mit den neuen Lebensbedingungen, die Leugnung, Verzweiflung und Abkapselung, seinen Trotz, gelegentliche Unbeholfenheit und Erfolge im Umgang mit der Erblindung, und das als Teil seiner ganzen Persönlichkeit, die der Zuschauer analog zu der von Mhok zunehmend kennenlernt.

Wie viele Bl-Reihen ist "Last Twilight" nicht nur im Ursprungsland ein Erfolg

So wird auch die Behinderung letztlich nicht beschönigt, sondern als die körperliche Einschränkung dargestellt, die sie ist, samt des gesellschaftlichen Umgangs mit ihr. Die Regie setzt immer wieder nicht auf Mitleid, sondern auf Mitgefühl und Miterleben: In einer Szene der dritten Folge verliert Day allein auf sich gestellt durch einen Schubser die Orientierung in der Öffentlichkeit, gerät auf die Straße und in Panik inmitten von Menschen. Was anderswo eine Klischee- oder Pflichtszene geworden wäre, ist hier fast unendlich und bemerkenswert angespannt wie funktionierend inszeniert, der Alltag als plötzlicher Horror. Man kann kritisieren, dass letztlich Mhok hier und an anderen Stellen als eine Art "Retter" auftaucht – andererseits ist das sein an dieser Stelle beinahe misslungener Job, auch durch ein weiteres gezeigtes Detail ebenso Teil der verständnisvollen Annäherung der beiden Jungs wie eine Antwort auf die Frage: Wann wie helfen? Dennoch wäre eine spätere Szene gut, in der Day eine entsprechende Situation selbst meistert.

Wichtige Repräsentanz

Letztlich schafft Aof mit "Last Twilight" erklärende Sichtbarkeit für schwule Menschen mit Blindheit und Sehbeeinträchtigung (gespielt von nicht-blinden Schauspielern, aber unter Einbeziehung von blinden Personen bei Buch und Produktion). Bereits Anfang des Jahres hatte der schwule Erfolgsregisseur in seiner bislang besten Serie "Moonlight Chicken" (ebenfalls Youtube, acht Folgen) in Nebenrollen bezaubernd die Annäherung zwischen zwei Teenagern gezeigt, von denen einer gehörlos ist.

Mit einem jungen blinden Schwulen hatte sich 2014 bereits der brasilianische Film "Heute gehe ich allein nach Hause" befasst, nach Vorlage des bei Youtube mit deutschen Untertiteln erhältlichen Kurzfilms "Eu Não Quero Voltar Sozinho". (nb)

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