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Interview
Queere Jobmesse kommt zum Jahresbeginn nach Köln
Premiere am Rhein: Die STICKS & STONES macht am 20. Januar erstmals Halt in Köln. Wir sprachen mit Gründer Stuart Bruce Cameron und Projektleiterin Julia Kolhoff über Europas größte Job- und Karrieremesse für Queers.

Im Gespräch mit queer.de gewähren Stuart Bruce Cameron, Gründer von STICKS & STONES, und Projektleiterin Julia Kolhoff einen Blick hinter die Kulissen des Events
- 16. Januar 2024, 09:13h 9 Min.
Europas größte Job- und Karrieremesse für Queers, die STICKS & STONES, macht am 20. Januar 2024 erstmals Halt in Köln. Im Palladium begrüßen über 50 Aussteller*innen sowie Coaches, Tattoo-Artists und eine DJane die Besucher*innen. Auf der Bühne spricht der Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann.
Im Gespräch mit Stuart Bruce Cameron, dem Gründer der STICKS & STONES, und Julia Kolhoff, der für die Messe verantwortlichen Projektleitung, gewähren beide einen Blick hinter die Kulissen des Events und verraten, worauf ihr euch bei eurem Besuch (hier gibt es kostenlose Tickets) auf der STICKS & STONES in Köln besonders freuen könnt.
Stuart, vor 15 Jahren hast du die STICKS & STONES gegründet und zum ersten Mal organisiert. Wie ist die Idee zur Messe entstanden, und was hat dich angetrieben?
Stuart Bruce Cameron: Die Idee zur STICKS & STONES entstand aus meinen persönlichen Erfahrungen. Als junger, queerer Mann in München, der sein Privatleben geheim hielt, habe ich am Arbeitsplatz Diskriminierung und Ausgrenzung erlebt. Vor allem, als meine sexuelle Orientierung bekannt wurde.
Nach diesen Erfahrungen habe ich mir geschworen, nur noch für Arbeitgeber*innen zu arbeiten, die Diversität nicht nur tolerieren, sondern wertschätzen. Ich wollte eine Plattform schaffen, die queere Menschen unterstützt und fördert. So entstand die Vision der STICKS & STONES: Von einer Messe, die nicht nur Jobangebote bereithält, sondern ein Ort der Wertschätzung und des Empowerments für die LGBTIQ+ Community ist.
Aller Anfang ist schwer!" heißt es oft. Was waren damals die größten Herausforderungen, vor denen du gestanden hast?
Stuart Bruce Cameron: 2009 habe ich die STICKS & STONES ganz neu ins Leben gerufen. Niemand kannte den Namen. Damals habe ich über 1.000 Arbeitgeber*innen kontaktiert und sie zur Messe eingeladen. Nach zahllosen E-Mails, Anrufen und persönlichen Gesprächen haben sich sage und schreibe sechs Aussteller*innen eingefunden. Ein ganz schön schmales Ergebnis. Viele Arbeitgeber*innen haben den Bedarf für eine queere Job- und Karriereveranstaltung gar nicht verstanden und gedacht, es würde am Ende ohnehin ein Dating-Event werden. Diversity, Inklusion und Wertschätzung von queeren Menschen im Arbeitskontext waren noch gar nicht in Unternehmen angekommen. Zum anderen war es sehr herausfordernd, Besucher*innen für die Messe zu gewinnen. Es war ein echter Lernprozess zu begreifen, dass eine Jobmesse keine Party ist und die Einladungen ganz anders kommuniziert werden müssen.
Die Herausforderungen haben sich in der Zwischenzeit bestimmt verändert. Welche besonderen Challenges gibt es bei der Organisation einer so großen Veranstaltung? Noch dazu in einer neuen Stadt?
Julia Kolhoff: Die Challenge ist immer, dass sehr viele Parteien involviert sind. Es gibt viele lose Fäden, die zu einem Bündel zusammengefügt werden müssen. Und das on point. Zum Messetag muss alles stehen. Wenn es eine neue Stadt mit einer neuen Veranstaltungslocation gibt,dann gibt es noch mehr und zudem ganz neue Fäden. Denn Connections und Beziehungen mussten wir in Köln neu finden und aufbauen. Da denke ich zum Beispiel an Techniker*innen, DJanes, Logistiker*innen. Die STICKS & STONES ist in Berlin etabliert und für viele Menschen ein Begriff. In Köln betritt sie Neuland. Hier müssen wir die Community neu auf die Veranstaltung aufmerksam machen, sie einladen und die Werbetrommel für unser Format rühren. Und wir freuen uns schon jetzt, viele neue Gesichter im Palladium kennenzulernen.
Jeden Sommer findet die STICKS & STONES in Berlin statt und bringt dort jährlich über 3.000 Teilnehmer*innen zusammen. Warum habt ihr euch dazu entschieden, die Messe in diesem Jahr erstmals auch nach Köln zu bringen?
Julia Kolhoff:: Die STICKS & STONES wird von Jahr zu Jahr größer, und es gibt immer mehr Arbeitgeber*innen, die teilnehmen wollen. Auch die Zahl von Besucher*innen wird immer größer. Das freut uns total, denn es zeigt: Die Messe spricht die Teil-nehmer*innen an und ist ein Ort, an dem die Community und Arbeitgeber*innen gerne zusammenkommen. Ich war selbst vor einigen Jahren als Besucherin dabei und war total geflasht von der Einzigartigkeit der Veranstaltung und von der Atmosphäre vor Ort. Deswegen möchten wir noch viel mehr Menschen die Möglichkeit bieten, das Event zu besuchen.
Köln ist eine queere Stadt und hat mit dem Ruhrgebiet, den Niederlanden sowie Belgien in der Nähe ein riesiges Einzugsgebiet. Vor 1,5 Jahren stand ich mit Stuart in der Sonne auf dem Balkon. Wir haben darüber gesprochen, wie es weitergehen und wie das Event sich entwickeln kann. Dabei entstand die Idee, Köln als zusätzlichen Standort für die Messe aufzubauen.
Stuart, 15 Jahre sind eine ganz schön lange Zeit. Wie hat sich die STICKS & STONES seit der ersten Veranstaltung entwickelt, und welche Veränderung beeindruckt dich am meisten?
Stuart Bruce Cameron: Die STICKS & STONES hat sich wirklich enorm entwickelt. Was als kleine Messe begann, ist zu einem der größten Events seiner Art gewachsen. Besonders beeindruckt mich die zunehmende Vielfalt unter den Teilnehmer*innen und Aussteller*innen. In den ersten Jahren kamen vor allem weiße, männliche, cisgeschlechtliche Besucher*innen. Das hat sich – glücklicherweise – stark gewandelt. Heute spiegelt die Messe die ganze Vielfalt der LGBTIQ+ Community wider. Außerdem hat sich die Messe sich über die Jahre stark professionalisiert. Am Anfang war sie eher ein Treffpunkt für LGBTIQ+ Mitarbeiter*innen zum Austausch. Inzwischen ist sie eine ernsthafte Jobmesse, auf der Unternehmen aktiv nach Talenten suchen. Das macht mich froh, denn es zeigt, dass wir einen wichtigen Beitrag für die Sichtbarkeit und Anerkennung von queeren Menschen im Berufsleben leisten. Sehr stolz bin ich außerdem, dass unser STICKS & STONES-Team, das hauptsächlich aus engagierten queeren Frauen besteht, die Messe organisiert.

Julia, seit fast zwei Jahren bist du Teil des Teams der Messe. Wie bist du zur STICKS & STONES gekommen, und was hat dich dazu motiviert, die Projektleitung für Europas größte queere Jobmesse zu übernehmen?
Julia Kolhoff:: Auf die Frage könnte ich ewig antworten und lange ausholen. Ich hatte schon vorher viele Events für queere Menschen organisiert und festgestellt, dass das für mich eine große Herzensangelegenheit ist. Die Stellenausschreibung habe ich im Newsletter gesehen. Es klingt vielleicht stereotypisch: Aber ich war sofort super aufgeregt und habe einer Freundin gesagt: Das ist es! Das ist die perfekte Stelle für mich! Ich wollte diese Stelle unbedingt haben und glücklicherweise hat es geklappt. Darüber freue ich mich heute noch!
Als Projektleitung ist es mir ein Anliegen dazu beizutragen, dass Menschen am Arbeitsplatz sie selbst sein können. Viele queere Menschen müssen negative Erfahrungen im Job machen. Ich habe das am eigenen Leib erfahren. In einem vorherigen Job habe ich dann das Gespräch mit der Geschäftsführung gesucht und Vorschläge gemacht, was verändert werden könnte. Das Gespräch ist leider nicht so erfreulich verlaufen. Im Gegenteil sogar: Ich habe im Anschluss meinen Job dort gekündigt.
Mein Anliegen ist es daher, Arbeitgeber*innen auf die Wichtigkeit aufmerksam zu machen, dass alle Arbeitnehmer*innen sie selbst sein und sich am Arbeitsplatz wohl und wertgeschätzt fühlen können. Das ist es auch, was die STICKS & STO-NES für mich darstellt: Unternehmen, die sich weiterentwickeln und sich für queere Mitarbeitende einsetzen. Und Besucher*innen, die diese Aussteller*innen dort treffen. Sie finden so die Chance, entweder einen neuen Job zu ergattern, spannende Kontakte zu knüpfen, bereichernde Begegnungen zu machen und sich zugehörig zu fühlen. Und das motiviert und treibt mich an.
Wie hat sich die STICKS & STONES als sicherer und inklusiver Raum für queere Menschen etabliert? Und warum ist so ein Safer Space besonders wichtig?
Julia Kolhoff:: Die Messe ist aus verschiedenen Gründen ein Safer Space für queere Menschen. Wir haben keinen Dresscode, der Menschen in Kleidung oder Hüllen zwängt, in denen sie sich unwohl oder nicht authentisch fühlen. "Come as you are!" – Dieses Motto leben wir und es ist uns ein Anliegen, dass alle sich bei uns wohl fühlen können. Zudem achten wir darauf, dass unser Rahmenprogramm aus Speaker*innen, Coaches und Beitragenden die Vielfalt der LGBTIQ+ Community repräsentiert. So entsteht ein Raum, der Sichtbarkeit schafft, verschiedene Stimmen hörbar macht und Inklusion lebt.
Mit einem Awareness Team vor Ort schaffen wir bei der STICKS & STONES zudem ein Bewusstsein für die Anliegen und Bedürfnisse unserer Teilnehmer*innen. Es bietet ihnen Unterstützung und bei Bedarf Ansprechpersonen während der gesamten Veranstaltung. Für Besucher*innen, die geräusch- und lichtsensibel sind, haben wir seit letztem Jahr zudem die sogenannten "Stillen Stunden" eingeführt. Während dieser Zeit wird das Licht in der Location gedimmt und die Musik abgestellt. So entsteht eine ruhigere Atmosphäre, die zu einem reizreduzierten Besuch des Events einlädt.
Ein Safer Space wie die STICKS & STONES ist besonders deswegen wichtig, weil er es den queeren Besucher*innen ermöglicht, sich auf die eigentliche Intention ihres Messebesuchs zu konzentrieren. Sei es die berufliche Weiterentwicklung, die Stellensuche, das Netzwerken mit Arbeitgeber*innen und anderen Queers, oder sich beim Bühnenprogramm und Vorträgen inspirieren zu lassen.
Im Job und in der Karriere stehen queere Menschen oft vor besonderen Herausforderungen. Welchen Rat würdest du jungen queeren Menschen geben, die vor dem Berufseinstieg stehen oder sich beruflich verändern wollen?
Stuart Bruce Cameron: Mein Rat an junge queere Menschen am Anfang ihrer Karriere ist, sich frühzeitig zu vernetzen und Communities zu suchen, die sie unterstützen und fördern. Dafür bieten sich zum Beispiel Plattformen wie unser queeres Karrierenetzwerk Proudr, Unicorns in Tech für IT- und Technikbegeisterte oder ALICE für Jurist*innen an. Diese Netzwerke bieten nicht nur berufliche Chancen, sondern auch moralische Unterstützung und ein Gefühl der Zugehörigkeit.
In einer Welt, die zunehmend von KI und Technologie geprägt ist, ist es wichtig, auf dem Laufenden zu bleiben und sich kontinuierlich weiterzubilden. Mein Rat ist deswegen auch, immer offen zu sein und neue Technologien als Werkzeuge zu nutzen, um die eigene Karriere voranzutreiben. Vor allem aber will ich ermuntern: Seid mutig, steht zu euch selbst und sucht euch Arbeitgeber*innen, die eure Einzigartigkeit schätzen und fördern.
Welche Highlights können die Besucher*innen in Köln erwarten? Und was macht das Event aus deiner Sicht so einzigartig?
Julia Kolhoff:: Zu den Highlights auf der STICKS & STONES in Köln am 20. Januar zählt besonders die Keynote vom Queerbeauftragten der Bundesregierung, Sven Lehmann. Er spricht um 16.30 Uhr auf unserer Messebühne. Außerdem sind unsere Networking-Sessions immer wieder ein Höhepunkt. Dabei lernt man innerhalb kürzester Zeit viele neue und spannende Menschen kennen und kommt mit ihnen ins Gespräch. Für mich persönlich sind unsere neuen Pronomen-Sticker ein weiteres Highlight. So können Menschen mit ihren korrekten Pronomen angesprochen werden.
Einzigartig macht die STICKS & STONES die großartige Atmosphäre vor Ort. Grau, Krawatten und kalte große Räume – das waren lange meine Vorstellungen, wenn ich an Job- und Karriere-Events gedacht habe. Die STICKS & STONES wurde einmal als "Rockstar" unter den Karrieremessen bezeichnet. Ich finde: Das trifft es auf den Punkt. Sie ist aus meiner Sicht ein Karriere-Festival, das die Community ins Zentrum rückt und Vielfalt feiert. Und das ist wirklich spürbar!
Die Tore des Palladiums öffnen sich für die STICKS & STONES am 20. Januar 2024 von 10 bis 17 Uhr. Kostenlose Tickets gibt es vorab hier. Das Programm ist online auf der Homepage der Messe zu sehen.
Links zum Thema:
» Kostenlose Tickets für die STICKS & STONES in Köln
» Homepage der STICKS & STONES














