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Queerfilmnacht

Schwule Gefühle im Jugendknast

Joe ist kurz davor, aus der Strafanstalt entlassen zu werden. Doch dann taucht ein Neuer auf – und Joe will gar nicht mehr nach draußen. Der belgische Regisseur Zeno Graton erzählt in "Le Paradis" eine ganz moderne Liebesgeschichte mit einer Spur Magie.


Eine moderne Post-Gay-Liebesgeschichte: Szene aus "Le Paradis" (Bild: Salzgeber)

Aufgereiht stehen die Teenager nebeneinander auf dem Hof, einer nach dem anderen bekommt seine Zigarette angezündet. Ein Feuerzeug ist wahrscheinlich zu gefährlich für die Jungs, zumindest hier in der Jugendstrafanstalt. Draußen hatten sie wahrscheinlich schon Schlimmeres in der Hand, sonst wären sie ja nicht hier.

Im Jugendknast herrschen zwar strenge Regeln, aber ein bisschen wie Sommerferienlager wirkt es dennoch. Die inhaftierten Teenager machen Sport, rappen unter Anleitung, machen eine handwerkliche Ausbildung oder Bilder mit einer Camera obscura. Beim Abendessen gibt's fast immer Streit, den die Aufpasserin Sophie (wirklich großartig: Eye Haïdara) zu schlichten versucht.

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Der erste leidenschaftliche Kuss in einer Speisekammer


Poster zum Film: "Le Paradis" startet am 29. Februar 2024 im Kino und ist zuvor bereits den ganzen Monat über in der Queerfilmnacht zu sehen

Joe, lockige Haare, Rehaugen, darf bald raus. Der 17-Jährige bereitet sich auf das Leben nach der Jugendstrafe vor, will eine eigene Wohnung beziehen. Sophie hilft ihm dabei, doch ihre Empathie stößt an ihre Grenzen, als Joe kurz vor seiner Entlassung ausbricht.

Als William neu in die Strafanstalt kommt, ist Joes Sehnsucht nach draußen sowieso schlagartig gering geworden. Sein durchdringender Blick, seine vielen Tattoos, die distanzierte Art, dass er jemanden erstochen haben soll – faszinierend. Auf Anhieb ist da eine Anziehung, die nur wenig – vielleicht zu wenig – Zeit braucht, um zu einem ersten leidenschaftlichen Kuss in einer Speisekammer zu führen.

Zu schön, um realistisch zu sein

Ob "Der Prinz" oder "Große Freiheit": Schwule Gefühle im Gefängnis sind ein beliebtes Spannungsfeld fürs (Porno-)Kino. Ein ultramaskulines Umfeld mit einer klaren Rangordnung, testosterongeschwängerte Luft, die überstrapazierte fallen gelassene Seife in der Dusche: Kaum ein Sujet ruft so verlässlich Klischeebilder und erwartbare Konflikte hervor.

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Der belgisch-tunesische Regisseur und Drehbuchautor Zeno Graton nutzt davon für seinen Debütfilm "Le Paradis": nichts. Seine Hauptfiguren müssen sich selbst und einander nicht erst ihre Gefühle eingestehen – sie machen einfach, eine moderne Post-Gay-Liebesgeschichte. Das ist wahrscheinlich ein bisschen zu schön, um als realistisch durchzugehen, doch nicht nur hier setzt Graton für sein Drama auf ein Stückchen Magie. Die symbolische Aufladung des Titels und die plötzlich auftretende Schlange weisen in dieselbe Richtung. Auch die weichen Bilder (Kamera: Olivier Boonjing) bilden einen Kontrast zum sonst bekannten rauen Gefängnis-Setting.

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"Die einzige wahre Freiheit ist die Liebe"

Getragen wird das Drama von seinen überragenden Hauptdarstellern: Khalil Gharbia (bekannt etwa aus François Ozons "Peter von Kant") gibt Joe etwas Verträumtes, Unschuldiges, dass man sich fragt, was ihn überhaupt an solch einen Ort hat bringen können. Und Julien de Saint Jean, der William spielt und vor Kurzem in "Hör auf zu lügen" schon genial war, ist in seiner leicht sonderbaren Art das ideale Gegenstück. Ihre Gefühle füreinander wachsen. Ihre Zimmer, keine Zellen, trennt nur eine Wand. Wie Pyramus und Thisbe klopfen sie an die Wand, sprechen miteinander. Doch Joe erzählt ihm nicht, dass er bald entlassen werden könnte.

Die beiden lassen weder sich noch ihre Gefühle füreinander wegsperren. Das hat Joe schon ganz am Anfang bewiesen, und für beide eröffnet sich schließlich die Chance zur gemeinsamen Flucht. "Die einzige wahre Freiheit ist die Liebe", kommentiert Regisseur Zeno Graton seinen Film. Wer diese Freiheit gefunden hat, wagt auch jeden noch so chancenlosen Ausbruchsversuch.

Infos zum Film

Le Paradis. Drama. Belgien, Frankreich 2023. Regie: Zeno Graton. Cast: Khalil Gharbia, Julien de Saint Jean, Amine Hamidou, N'landu Lubansu, Samuel Di Napoli, Matéo Bastien, Terry Ngonga, Eye Haïdara, Jonathan Couzinié, Laurence Oltuski, Aurelien Vandenbeyvanghe, Audrey D'Hulstère. Laufzeit: 83 Minuten. Sprache: französische Originalfassung mit deutsche Untertiteln. FSK 12. Verleih: Salzgeber. Kinostart: 29. Februar 2024. Zuvor den ganzen Monat über bereits in der Queerfilmnacht.
Galerie:
Le Paradis
10 Bilder
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