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Interview

"Wenn eine Chance für die Liebe besteht, sollte man sie wahrnehmen"

Mit "Billy Elliot" wurde er bekannt, nun spielt Jamie Bell erneut in einem Film, der das Zeug zum Queer-Klassiker hat: In "All of Us Strangers" gibt er den Vater, der von seinem schwulen Sohn Besuch aus der Zukunft bekommt.


Jamie Bell in "All of Us Strangers" (Bild: The Walt Disney Company)

Gleich mit seiner ersten Spielfilmrolle in "Billy Elliot – I Will Dance" (2000) gelang Jamie Bell der Durchbruch. Seine nachfolgenden Filme könnten unterschiedlicher kaum sein: Popcorn-Kino wie "King Kong" oder "Fantastic Four", daneben ambitioniertes Arthouse-Kino wie "Nymphomaniac" von Lars von Trier, "Dear Wendy" von Thomas Vinterberg oder "Flags of our Fathers" von Clint Eastwood.

Bevor er demnächst als Tanz-Legende in "Fred & Ginger" auf der Leinwand erscheint, ist Bell ab Donnerstag als Vater eines schwulen Sohnes in dem Zeitreise-Drama "All of Us Strangers" zu sehen. Mit sprachen mit dem 37-Jährigen über den Film von Andrew Haigh, der das Zeug zum Queer-Klassiker hat (queer.de-Interview mit Andrew Haigh).

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Poster zum Film: "All of Us Strangers" startet am 8. Februar 2024 bundesweit im Kino

Mister Bell, wie kamen Sie zu diesem Projekt?

Das Material ist gut. Das habe ich beim Lesen des Drehbuchs ziemlich schnell erkannt. Es steckt so viel Gefühl in dieser Geschichte. Sie ist persönlich, sie ist ehrlich, sie ist roh und zärtlich zugleich. Ich mochte die Arbeit von Andrew Haigh schon immer, die große Wahrhaftigkeit bietet er auch in diesem Film.

Ihre Filme bieten eine ungewöhnlich große Bandbreite. Von Popcorn-Kino wie "King Kong" oder "Fantasic Four" bis zu Arthaus à la "Nymphomaniac" oder "Skin". Wie kommt es zu dieser Mischung aus kommerziell und radikalem Kino?

Es ist schon ein bisschen wie Flipper. Ich glaube, ich hatte großes Glück. Nach über 20 Jahren in diesem Geschäft weißt du, welch ein Geschenk so eine Karriere bedeutet, zumal wenn du so jung anfangen hast. Ich durfte mit einigen echten Größen in diesem Geschäft arbeiten. Und ich lerne ständig dazu. Es gibt ständig neue Wege und Techniken. Das Kino entwickelt sich immer weiter, was ich einfach sehr spannend finde.

Würden Sie gerne, so wie der Held im Film, zurück in der Zeit reisen um Verstorbene zu treffen?

Es gibt vermutlich kaum jemanden, der so eine Gelegenheit nicht nutzen würden. Ich wäre fasziniert davon, meine Mutter in ihren jungen Jahren kennen zu lernen. Ich würde sie umarmen und ihr sagen, was für einen wunderbaren Job sie macht – was wahrscheinlich leider nicht viele Leute taten. Dieses "Wäre das nicht toll"-Gefühl vermittelt dieser Film. Es ist wie in einem Traum.

Direktlink | Offizieller deutscher Trailer zu "All of Us Strangers"
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Wie froh sind Sie, dass Ihr "Billy Elliot"-Erfolg zu einer Zeit stattfand als es noch keine sozialen Medien gab?

Darüber bin ich absolut froh! Es war schon ohne soziale Medien ein ziemlich schwieriger Weg für mich. In diesem jungen Alter weiß man ohnehin noch nicht so genau, wer man eigentlich ist. Wenn dann solch ein großer Erfolg hinzukommt, kann das schon überwältigend sein für einen.

Wann haben Sie "Billy Elliot" zum letzten Mal gesehen?

Oh mein Gott. Vor etwa 20 Jahren vielleicht.


Jamie Bell im 2000 veröffentlichten "Billy Elliot – I Will Dance" (Bild: UIP)

In "Rocketman" haben Sie den Freund von Elton John gespielt. Demnächst sind Sie als Fred Astaire in "Fred & Ginge" zu erleben. Sind reale Personen schwerer zu spielen?

Für mich gehört das Recherchieren zu den liebsten Aspekten in diesem Beruf. Es geht darum, etwas über jemanden zu lernen, und diesen Entdeckungsprozess finde ich sehr spannend. Für die Rolle von Bernie Taupin in "Rocketman" bin ich nach Santa Barbara gereist und habe lange mit Bernie über Elton und ihr gemeinsames Leben gesprochen. Diese ganze Detektivarbeit tritt allerdings völlig in den Hintergrund, wenn man diese Figur dann tatsächlich spielt. Da muss dann alles von innen heraus kommen.

Was ist die wichtigste Eigenschaft in Ihrem Beruf??

Das Wichtigste für mich ist es, nett und respektvoll zu deiner Crew zu sein. Eine derart freundliche Stimmung wie bei "All of Us Strangers" habe ich bislang tatsächlich noch nie erlebt. Jeder hat sich um jeden gekümmert, das passiert nicht immer am Drehort.

Fühlen Sie sich auch wohl, wenn Sie sich auf dem Bildschirm sehen?

Ich finde es schrecklich, vermutlich ist das ein Zeichen meiner Unreife, über die ich hinwegkommen muss. So schlimm kann es wirklich nicht sein. Aber aus irgendeinem Grund ist es für mich so. Es fühlt sich an, als hätte ich einen Autounfall. Mein Herz rast – und dabei kann ich in diesem Stadium ja ohnehin nichts mehr ändern.


Jamie Bell in "All of Us Strangers" (Bild: The Walt Disney Company)

Können Sie jede Figur spielen? Oder hätten Sie bei manchen Rollen Bedenken?

Eine Rolle benötigt schon etwas, was mich anspricht. Ich habe viele Figuren gespielt, die nicht weiter von meiner Person entfernt sein könnten. Das funktioniert jedoch nur, wenn eine Neugier geweckt wird und irgendeine Art von Bindung entsteht.

Was hat Sie an dem kommenden Projekt "Fred & Ginger" interessiert?

Mich interessiert, wie so ein Entstehungsprozess funktioniert. Wie hat Astaire das geschafft, was er geschafft hat? Wie sah seine Beziehung mit Ginger aus? Wie gelang ihm diese Intimität? Ich hoffe, dass wir bald mit den Dreharbeiten beginnen.

Was sollte das Publikum aus "All of Us Strangers" mitnehmen?

Wenn eine Chance für die Liebe besteht, sollte man sie wahrnehmen. Ganz egal, wie schwierig es sein könnte, nutzt die Gelegenheit, es lohnt sich!

Info zum Film

All of Us Strangers. Drama. Großbritannien, USA 2023. Regie: Andrew Haigh. Cast: Andrew Scott, Paul Mescal, Jamie Bell, Claire Foy. Laufzeit: 105 Minuten. Sprache: deutsche Synchronfassung. FSK 12. Verleih: 20th Century Fox. Kinostart: 8. Februar 2024
Galerie:
All of Us Strangers
34 Bilder
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