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Ab Donnerstag im Kino

Zweifellos einer der schönsten queeren Filme des Jahres

In "All of Us Strangers" trifft Adam seine verstorbenen Eltern und verliebt sich in seinen Nachbarn Harry. Ein emotionales Drama über Verluste und Hoffnung, das sich bis zuletzt eine elegante Uneindeutigkeit bewahrt.


Adam (Andrew Scott, re.) verliebt sich in seinen Nachbarn Harry (Paul Mescal) (Bild: The Walt Disney Company)

Wenn der Tag schon nicht so gut lief, dann gibt es immerhin noch einen Rest Asia-Nudeln aus der Aluschale. Notlösung, Comfort Food oder beides – Adam scheint es gewohnt zu sein, die Abende alleine zu verbringen. Er schreibt Drehbücher fürs Fernsehen, seine Arbeit ist sein Fenster nach draußen. Das Londoner Hochhaus, in dem er lebt, steht fast leer.

Und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis er den gefühlt einzigen anderen Bewohner trifft. Plötzlich steht Harry vor der Tür, mit einer Flasche japanischem Schnaps, und lädt sich selbst ein. Adam ist völlig überfordert, aber ja, wieso nicht.

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Schwule statt hetero Figuren


Poster zum Film: "All of Us Strangers" startet am 8. Februar 2024 bundesweit im Kino

So mysteriös diese erste Begegnung, so bleibt die Stimmung den ganzen Film über. Denn plötzlich ist Adam in seinem alten Elternhaus. Seine Mutter, sein Vater leben – als Sohn ist er jetzt älter, als seine Eltern je geworden sind. Sie starben bei einem Verkehrsunfall.

Es sind diese zwei Erzählstränge, die Regisseur Andrew Haigh in seinem neuesten Film "All of Us Strangers" miteinander verwebt. Sein Drama basiert auf dem 1987 erschienenen japanischen Roman "Sommer mit Fremden" von Taichi Yamada. Der große Unterschied: Andrew Haigh, bekannt für seine gefühlvolle Paar-Geschichte "45 Years" oder den fast schon zum schwulen Klassiker gewordenen "Weekend", hat die hetero Protagonist*­innen der Vorlage zu schwulen Figuren umgeschrieben.

Und es ist eine Beziehung, die es in sich hat. Andrew Haigh schafft es, die Kennenlernphase der zwei Männer wunderbar authentisch darzustellen. Dazu gehören die süßen Schmetterling-Momente genauso wie Unsicherheiten, Zweifel und peinliche Momente, über die man später gemeinsam lacht. Die Gefühle sind groß, wahnsinnig groß – aber nie zu groß.

Direktlink | Offizieller deutscher Trailer zu "All of Us Strangers"
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Mit zwölf verlor Adam seine Eltern

Dass das so überzeugend gelingt, ist den beiden Hauptdarstellern zu verdanken: Der seit über zehn Jahren geoutete Andrew Scott spielt Adam als einen Mann, der schon viel erlebt hat, der manchmal auch nicht mehr weiterweiß. Er harmoniert wunderbar mit Paul Mescal als Harry – und kann mit ihm mithalten. Das ist bei dem für seine Hauptrolle in "Aftersun" für einen Oscar nominierten Darsteller gar nicht so einfach. Die beiden starken Einzelleistungen sind gemeinsam noch viel stärker, als würden sie einander potenzieren. Wer an ein schwules Traum-Paar – in aller Mehrdeutigkeit – denkt, der wird künftig auch an Adam und Harry denken. Es ist kraftvoll und befreiend und einfach wahnsinnig schön, wie die beiden in der Royal Vauxhall Tavern tanzen, einer der ältesten schwulen Locations in London.

Nicht weniger aufwühlend ist Adams Begegnung mit seinen Eltern kurz vor deren Tod. Sie sind erst überrascht über seinen Besuch, dann aber vor allem neugierig. Immerhin war ihr Sohn erst zwölf, als er zum Waisen wurde. Adam hat die Chance, ihnen all das zu erzählen, was seit dem Unfall passiert ist. Dazu gehört natürlich auch sein Coming-out – auf das die Eltern reagieren, wie die meisten in den 1980er Jahren eben reagiert hätten.

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Ein moderner schwuler Klassiker

"All of Us Strangers" ist aus vielen Gründen einer der schönsten queeren Filme des Jahres. Eine besondere Stärke des mit fantastischen Elementen ausgestatteten Dramas ist, dass es sich eine elegante Uneindeutigkeit bewahrt. Wie kann es sein, dass Adam seine Eltern trifft: Ist es eine Zeitreise, ein Traum, eine Einbildung oder eine aktive Was-wäre-wenn-Auseinandersetzung, etwa für ein Fernsehprojekt? Der Film ermöglicht mehrere Interpretationen.

Mit seinen großen Gefühlen ist der Film ein echter Festival-Liebling geworden. Wie er Themen rund um Verlust, Einsamkeit und wiederaufkeimende Hoffnung behandelt, ist leichtfüßig, nahbar, aber nicht minder emotional. Sein Soundtrack – an prägnanten Momenten etwa die Klassiker "The Power of Love" oder "Always on My Mind" – ist die perfekte Untermalung dafür. "All of Us Strangers" ist jetzt schon ein moderner Klassiker. Ein Film, der bleibt!

Info zum Film

All of Us Strangers. Drama. Großbritannien, USA 2023. Regie: Andrew Haigh. Cast: Andrew Scott, Paul Mescal, Jamie Bell, Claire Foy. Laufzeit: 105 Minuten. Sprache: deutsche Synchronfassung. FSK 12. Verleih: 20th Century Fox. Kinostart: 8. Februar 2024
Galerie:
All of Us Strangers
34 Bilder
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