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Berlinale
"All Shall Be Well" ist der beste queere Spielfilm
Das lesbische Drama "All Shall Be Well" von Ray Yeung wurde am Freitagabend auf der Berlinale als bester queerer Spielfilm mit einem Teddy Award ausgezeichnet. Zu Beginn der Gala sorgte die Jury für einen Eklat.

Szene aus "All Shall Be Well"
- 24. Februar 2024, 00:40h 4 Min.
Mit den Teddy Awards sind am Freitagabend wichtige Nebenpreise der Berlinale vergeben worden. Bei den Teddy Awards sichtet die internationale Jury Filme mit queerem Kontext aus allen Sektionen der Filmfestspiele. In jeder Kategorie werden anschließend drei Filme nominiert.
Der Teddy für den besten Spielfilm ging an das Drama "All Shall Be Well" des Hongkonger Regisseurs Ray Yeung. Im Mittelpunkt des Films steht ein gut situiertes lesbisches Paar Mitte 60. Angie und Pat leben seit 30 Jahren gemeinsam in Pats Eigentumswohnung in Hongkong. Freund*innen und Familien akzeptieren die Beziehung der beiden, von ihrem Umfeld werden sie geschätzt und geliebt.
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Nachdem Pat eines Nachts unerwartet stirbt, steht Angie nicht nur ihr Freundeskreis emotional zur Seite, sondern zunächst auch Pats Familie. Doch nach und nach führen Streitigkeiten um die Beerdigung und das Erbe zur Entfremdung. Angie hat keinen rechtlichen Anspruch darauf, in der gemeinsam bewohnten Wohnung zu bleiben, und ist dem schwindenden Wohlwollen von Pats Familie ausgeliefert. In ihrer Beziehung war Pat diejenige, die sich um alles gekümmert hat, auch wenn beide die finanzielle Last zu gleichen Teilen getragen haben. Für Angie beginnt ein später Emanzipationsprozess, bei dem sie von ihrer Wahlfamilie unterstützt wird.
Wie schon in "Suk Suk" wirft Regisseur Ray Yeung erneut einen präzisen Blick auf den oftmals prekären Alltag der älteren queeren Community. Mit der Figur der Angie schafft er eine leise, dafür umso resilientere lesbische Heldin.
"Teaches of Peaches" ist beste Doku
Als bester Dokumentarfilm wurde "Teaches of Peaches" mit einem Teddy Award ausgezeichnet. Der Film von Judy Landkammer und Philipp Fussenegger zeigt mit privatem Archivmaterial und Aufnahmen von der "The Teaches of Peaches Anniversary Tour" die Transformation der heute 57-Jährigen zur international gefeierten Künstlerin. Es sei an der Zeit, dass die zeitgenössische Kultur "ein schieres queeres Genie anerkennt", so die Jury. Die Doku startet am 9. Mai 2024 regulär im Kino.
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Der Teddy für den besten Kurzfilm ging an "Grandmamauntsistercat" von Zuza Banasińska. Die Collage aus Filmmaterial aus dem kommunistischen Polen erzählt von einer matriarchalen Familie, die aus unterschiedlichen Spezies besteht. Die Erzählerin – ein Kind – hadert mit der Reproduktion ideologischer und repräsentativer Systeme.
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Teddy Jury Award für "Crossing"
Mit dem Teddy Jury Award wurde Levan Akins neuer Film "Crossing" ausgezeichnet. Das Drama handelt von der pensionierten georgischen Lehrerin Lia, die ihre queere Nichte Tekla in Istanbul sucht. Dort trifft sie auf Evrim, eine Anwältin, die für trans Rechte kämpft.
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Der diesjährige Special Teddy Award für herausragende Leistungen und nachhaltige Verdienste um den queeren Film ging an den Berliner Regisseur Lothar Lambert. "Lothar Lambert, das ist auch LoLa: von den 1970ern bis heute heißt das Untergrund, in seiner ursprünglichsten Bedeutung", würdigte die Jury den 79-Jährigen. "Näher an Menschen, die in keine gesellschaftlichen Schablonen passen, kam kaum ein*e Filmemacher*in. Mit seinen dem Leben entlehnten Figuren trieb er die Lebbarkeit des Berliner Alltags in filmischer Übersetzung auf die Spitze."

Lothar Lambert bekam den Ehren-Teddy (Bild: Jan Gympel)
Zu Beginn der Teddy-Gala in der Berliner Volksbühne kam es zu einem Eklat, als die Jury ein Statement in Solidarität mit Palästina verlas. Mitglieder der Jury waren in diesem Jahr die Filmfestival-Organisator*innen Cerise Howard (Australien), Diego Armando Aparicio (Zypern), Kami Sid (Pakistan) und Luís Fernando Moura (Brasilien) sowie die Autorin Vic Carmen Sonne (Dänemark). Als Reaktion gab es aus dem Publikum sowohl Standing Ovations als auch Buh-Rufe. Einige Gäste verließen aus Protest den Saal.
Der Teddy Award wird seit 38 Jahren im Rahmen der Berlinale verliehen. Er gilt als ältester Filmpreis für Filme und Personen, "die Themen zur gesellschaftlichen Vielfalt kommunizieren und einen Beitrag für mehr Toleranz, Akzeptanz, Solidarität und Gleichstellung in der Gesellschaft leisten". (cw)
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