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Kinostart
Lesbische Liebesgondel
Zwei Seilbahn-Schaffnerinnen in den georgischen Bergen begegnen sich immer nur wenige Sekunden: wenn ihre Gondeln sich in der Mitte treffen. Der poetische Film "Gondola" erzählt ihre Liebesgeschichte. Leicht, vergnügt – und ganz ohne Worte.

Die beiden Seilbahn-Schaffnerinnen Nino (Nino Soselia, li.) und Iva (Mathilde Irrmann) verlieben sich ineinander (Bild: jip film & verleih)
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5. März 2024, 01:35h 3 Min.
Hühner im Käfig, eine Kuh, ein Sarg – der aber nur quer, sodass er links und rechts hinausragt: Es gibt fast nichts, was nicht in der Seilbahn transportiert wird. Hier hat niemand ein Auto, in diesem georgischen Fantasie-Ort, der von der Bergbaustadt Tschiatura inspiriert wurde. Dort verbanden einst 26 Personen-Seilbahnen die Berghänge mit dem Tal.
Doch von pleite gegangenen Bergwerken oder mangelnder Trinkwasser-Versorgung ist in "Gondola" nichts zu spüren. Der Ort ist idyllisch, die Landschaft atemberaubend, die Leute leben ein einfaches, aber glückliches Leben. Nur der Seilbahn-Betreiber ist schlecht gelaunt.
Heftiger Flirt im Vorbeifahren

Poster zum Film: "Gondola" startet am 7. März 2024 im Kino
Seine beiden Schaffnerinnen jedoch sind das Gegenteil davon. Iva ist neu in dem Job, sie übernimmt ihn von ihrem verstorbenen Vater. Nino weist sie ein, dann ist sie auf sich allein gestellt in der kleinen ratternden Seilbahn.
Iva und Nino sehen sich immer nur wenige Sekunden lang – genau dann, wenn ihre Gondeln auf dem halben Weg aneinander vorbeifahren. Anfangs grüßen sie sich freundlich, schnell flirten sie miteinander, und das immer heftiger.
Am Ende einer Station spielen sie Schach gegeneinander, ein Zug je Stop. Einmal beobachtet die eine die andere beim Umziehen vor der Schicht. Und was sie sieht, gefällt ihr ganz offenbar. Doch genau wie die Seilbahn auch durchs Tal fährt, so hat die Beziehung zueinander Höhe und Tiefen, sie ist nicht konfliktfrei. Doch sie lösen ihn ganz auf ihre Art – im Vorbeifahren.
Die zwei Schaffnerinnen sprechen nicht miteinander
"Gondola", der neueste Film des deutschen Regisseurs Veit Helmer, kommt dabei ganz ohne Dialoge aus. Doch es ist kein Stummfilm, in dem das Gesprochene nicht zu hören ist – die Figuren sprechen einfach nicht miteinander. Das macht den Film interessant, aber auch herausfordernd, denn er erfordert viel mehr Aufmerksamkeit. Jeder Blick, jede Geste trägt eine Bedeutung.
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Das geht nur mit zwei talentierten Schauspielerinnen. Mathilde Irrmann und Nino Soselia harmonieren wunderbar miteinander. Doch auch die Musik (Malcolm Arison, Sóley Stefánsdóttir) und Sounddesign (Matz Müller) erhalten einen anderen Stellenwert, wenn der Fokus nicht auf dem Wort liegen kann. Das Geratter der alten Gondeln, die vielfältige Musik, die im Verlauf von "Gondola" auch für die zwei Figuren bedeutungstragend wird, verleihen dem Film eine sanfte Poetik.
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Alle im Dorf freuen sich für die zwei Frauen
"Gondola" ist ein kleiner Film, der fast ausschließlich in den beiden klapprigen Gondeln und den Stationen spielt. Doch es wird nicht langweilig, die Seilbahnen von oben, unten, näher und in der Supertotale zu sehen. Denn Iva und Nino lassen sich immer mehr einfallen, um einander zu beeindrucken: Sie tanzen füreinander, montieren einen Propeller an die Kabine und spielen Stewardess, irgendwann kommt sogar ein Schweißgerät zum Einsatz. Ein herrlich vergnügter Film.
Die zarte Geschichte ihres Kennenlernens, ihres Verliebtseins, bedarf keiner Worte. Einmal pflückt die geschickte Nino aus der Seilbahn heraus einen Granatapfel und wirft ihn zu Iva – das ist Botschaft genug. Das Schöne: Die wenigen anderen Leute im Dorf freuen sich für sie, feiern ihr Candlelight-Date. Ein Film, so schwebend leicht wie die Seilbahnen, in denen er spielt.
Gondola. Spielfilm, Drama. Deutschland, Georgien 2023. Regie: Veit Helmer. Cast: Mathilde Irrmann, Nino Soselia, Zuka Papuashvili, Niara Chichinadze, Vachagan Papovian, Luka Tsetskladze, Elene Shavadze, Darejan Geperidze, Nina Pachkoria, Peride Kalandia. Laufzeit: 83 Minute. Sprache: ohne Dialoge. FSK 6. Verleih: jip film & verleih. Kinostart: 7. März 2024
Links zum Thema:
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