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Hohe Queer-Repräsentanz in Malmö
Eurovision 2024: Das sind die Songs
Nur noch knapp zwei Monate dauert es, bis die Herzen von Millionen von ESC-Fans wieder höher schlagen. Ein Überblick mit einer Einschätzung der Favoriten und einer Video-Galerie aller Beiträge.

Nur einige der queeren Teilnehmenden (von oben links im Uhrzeigersinn): Bambie Thug (Irland), Nemo (Schweiz), Mustii (Belgien) und Olly Alexander (UK) vor einer Simulation der geplanten Bühne
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15. März 2024, 16:30h 6 Min.
Kaum zu glauben, aber der Eurovision Song Contest (ESC) feiert in diesem Jahr bereits seine 68. Ausgabe – und löst trotzdem immer wieder aufs Neue einen regelrechten Hype aus! Schließlich geht es längst nicht mehr nur um die Musik, sondern auch um schrille Outfits oder spektakuläre Inszenierungen der Kandidat*innen sowie politische und gesellschaftliche Messages.
Kein Wunder also, dass der ESC auch 2024 wieder für eine Menge Gesprächsstoff sorgt – und das mit dem Ende der Vorentscheidsaison bereits rund zwei Monate vor der eigentlichen Ausstrahlung. Seit diesem Freitag liegen endlich alle 37 Beiträge vor – am Ende des Artikels ist eine Galerie der Videos verlinkt. Vor allem die queere Community darf sich in diesem Jahr auf eine hohe Repräsentanz bei den beiden Halbfinalen am 7. und 9. Mai sowie beim Finale am 11. Mai in Malmö in Schweden freuen.
Malmö wird "queer as f*ck"
Um es mit einem Buchtitel des schwulen Moderators Jochen Schropp zu sagen: Die schwedische Großstadt Malmö wird über den gesamten ESC-Zeitraum hinweg "queer as f*ck" werden, denn selten gab es vermutlich so viele Kandidat*innen, die der LGBTI-Community angehören.
Wie queer.de bereits berichtete, steigen u.a. der nicht-binäre Popstar Nemo für die Schweiz, die nicht-binäre Hexenperson Bambie Thug für Irland sowie der schwule "Years & Years"-Frontmann Olly Alexander für das Vereinigte Königreich in den Ring um die ESC-Trophäe.

V.l.o. im Uhrzeigersinn: Electric Fields, Megara, Silvester Belt und Saba
Am Start sind aber auch die lesbische Sängerin Kenzy Loevett der spanischen Band Megara, mit "11:11" für San Marino, und mit "Sand" die dänische Sängerin Saba, die zuletzt mit einer Frau zusammenlebte. Recht gut bei den Wettbüros ab schließen der bisexuelle Litauer Silvester Belt und der Belgier Mustii, ein Judge bei Drag Race Belgium, der seine sexuelle Orientierung früher als bi bezeichnete und heute "keine Labels" bevorzugt. Das australische schwule Duo Electric Fields besteht aus dem Keyboarder Michael Ross und dem Künstler und Sänger Zaachariaha Fielding, der Kultur und Sprachen der Aborigines aufgreift.
Olly Alexander gilt für viele als Favorit
Insbesondere Olly Alexander rechnen einige ESC-Fans hohe Chancen ein, schließlich landete er mit seinen Songs wie "King" oder "Shine" bereits Nummer-eins- und Nummer-zwei-Hits in der Heimat und einigen weiteren Ländern, zählt allein auf Instagram über 750.000 Abonnent*innen und wurde auch durch die Serie "It's a Sin" bekannt. Auch Superstars wie Elton John gratulierten ihm bereits öffentlich zu seiner ESC-Teilnahme und lenken damit weitere mediale Aufmerksamkeit auf ihn.
Sein Beitragslied "Dizzy" knüpft an die Stilrichtung seiner Charterfolge an und dürfte sicherlich auch in der kommenden Pride-Saison auf vielen CSD-Trucks rauf und runter laufen – eignet es sich doch sehr für (queere) Dance-Moves!
Dass eine vorherige Bekanntheit jedoch nicht immer ein Erfolgsgarant ist, ist auch eine Binsenweisheit. Das stellte etwa 2013 Cascada-Frontfrau Natalie Horler unter Beweis, die mit ihrem Song "Glorious" trotz früherer Charterfolge lediglich auf Platz 21 landete. Und das Königreich landete im Vorjahr mit Engelbert nur auf dem vorletzten Platz.
Wettbüros sehen Kroatien vorne
Bei den Buchmachern, deren Prognosen sich in der Vergangenheit bereits häufig als wegweisend herausgestellt haben, zeichnen sich andere Favorit*innen als Olly Alexander ab. Auf Platz eins sehen sie den kroatischen Sänger Baby Lasagna, der mit seinem eingängigen Song "Rim Tim Tagi Dim" an den Start gehen wird – welcher vom Sound und der Craziness ein wenig an den finnischen Zweitplatzierten Käärijä aus dem Vorjahr erinnert.
Unter dem offiziellen Musikvideo kommentieren bereits einige Fans: "Dieser Kerl hat die Mission, den Eurovision Song Contest zu gewinnen, um Rache für Käärijä und alle anderen Popkünstler zu nehmen, die von den Jurys beraubt wurden. Volle Unterstützung." Besonders begeistert sind sie von den Pianoklängen am Ende, die den sonst eher rockigen Hit abrunden und seine eigentlich deepe Message, die Emotionen des Abschieds und des Neubeginns, unterstreichen.
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Auf Platz zwei könnten laut den Buchmachern die ukrainischen Teilnehmenden Alyona Alyona und Jerry Heil mit ihrem Titel "Teresa & Maria" landen. Auch dieser zeichnet sich durch unterschiedliche Stilrichtungen aus, die einen auf der einen Seite fast schon an Kirchenmusik erinnern, auf der anderen Seite dann aber doch eher wieder an Cardi B oder Nicki Minaj.
Über ihren Song, der Hoffnung vermitteln soll, sagen die beiden Stars selbst: "Wir bringen unterschiedliche Dynamiken, nicht nur monotone Klänge, sondern abwechslungsreiche Flows und Melodien."
Joost Klein und Isaak sollten nicht unterschätzt werden
Nemo aus der Schweiz und Angelina Mango aus Italien hätten laut den Buchmachern auch noch gute Chancen, weit vorne zu landen. Unterschätzt werden sollte aber sicherlich auch nicht der niederländische Rapper Joost Klein, schließlich ist dieser spätestens seit seinem Hit "Friesenjung" mit Ski Aggu und Otto Waalkes auch im deutschsprachigen Raum ein gefeierter Star. Und auch sein möglicher ESC-Siegersong "Europapa" hat die notwendige Eingängigkeit und Verrücktheit, um zwischen all den Kandidat*innen hervorzustechen.
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Allerdings sind die Prognosen der Wettbüros noch mit Vorsicht zu genießen – vor allem bis zu den ersten Proben, wenn sich zu den Songs der jeweilige Bühnenauftritt gesellt und noch manches in Bewegung kommen kann. Dennoch haben schon viele Deutsche die Hoffnung aufgegeben, dass Isaak mit "Always On The Run" auf einem der vorderen Plätze landen könnte. Dabei bekommt er aus vielen anderen Ländern Zuspruch und wird schon mit dem Rag 'n' Bone Man ("Human") verglichen. Ein wenig Optimismus darf deshalb auf jeden Fall bewahrt werden.
Ungehörte Boykottaufrufe und Textänderung
In den letzten Wochen sorgte der ESC noch aufgrund eines ganz anderen Themas für Schlagzeilen – und zwar hinsichtlich der Teilnahme von Israel. Die EBU widersetze sich diversen Aufrufen nach einem Ausschluss des Landes, forderte zugleich aber Textänderungen am eingereichten Beitrag ein (queer.de berichtete). Nach langem Hin und Her tritt nun Eden Golan mit dem veränderten Song "Hurricane" (ehemals "October Rain") an – und liegt bei den Wettbüros sogar in den Top Ten. Mit der Bestätigung Islands, Vorentscheidsgewinnerin Hera Björk (ESC 2010) nach Malmö zu schicken, statt Aufrufen nach einem Boykott oder zur Auswahl des Vorentscheidszweiten Bashar Murad, eines schwulen Palästinensers, zu folgen, treten alle 37 Länder wie ursprünglich geplant an – darunter Luxemburg zum ersten Mal seit 1993.
Bis zum Finale am 11. Mai wird so hoffentlich noch etwas Ruhe einkehren – und der Fokus wieder vermehrt auf die Musik gelenkt. Moderiert wird die Show von der schwedischen Komikerin Petra Mede (wie 2013 und 2016) und der schwedisch-amerikanischen Schauspielerin Malin Åkerman. Damit dürfte eines klar sein: Der ESC 2024 wird eine Mischung aus großartigen Inszenierungen und einer ordentlichen Portion Humor!















