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Eurovision Song Contest
ESC: Joost Klein von Jury-Finale ausgeschlossen
Dem Sänger des niederländischen Beitrags droht nach einem "Vorfall" die Disqualifikation.

Joost Klein auf der ESC-Bühne in der Malmö Arena (Bild: Corinne Cumming / EBU)
- 10. Mai 2024, 19:09h 5 Min.
- Zu Updates springen: Jost Klein von Finale ausgeschlossen (11.5., 08/12.25h)
Die European Broadcasting Union (EBU) hat am Freitag den niederländischen Sänger Joost Klein von der zweiten Generalprobe zum Finale des diesjährigen Eurovision Song Contests in Malmö ausgeschlossen. Das wurde kurz vor Beginn der Show um 21 Uhr bekannt, zu der bereits die Jurys ihren Teil der Punkte abgeben. Das TV-Publikum stimmt dann am Samstagabend ab.
Am frühen Nachmittag war der 26-Jährige noch bei der ersten Generalprobe der Show zu sehen gewesen, beim Flaggeneinlauf aller Teilnehmenden in die Arena. Zu seiner eigentlichen Probe (Startplatz fünf in der Show) kam es dann nicht mehr. Stattdessen hatte die EBU am Nachmittag mitgeteilt, dass sie einen "Vorfall" prüfe und der Sänger vorläufig keine weiteren Proben abhalten werde.
Während es seitens EBU danach keine weitere Stellungnahme gab, brodelte die Gerüchteküche. Der Ausschluss von dem Jury-Finale wurde dann am frühen Abend zunächst als Entscheidung für einen Ausschluss des Sängers vom Finale gedeutet. Der niederländische Sender AVROTROS ließ allerdings verlautbaren, dass die Untersuchung des Vorfalls noch laufe und die Jurys über den Videoauftritt des Sängers aus dem zweiten Halbfinale abstimmen werden. Später äußerte sich so auch die EBU.
Nach Angaben der Nachrichtenredaktion des schwedischen Senders SVT, der auch den Wettbewerb produziert, und weiteren Medien soll Klein in eine körperliche Auseinandersetzung involviert gewesen sein. Der Sender spricht dabei von einem Fotografen oder einer Fotografin. Laut der Zeitung "Aftonbladet" habe er Gewalt gegenüber einer Mitarbeiterin der TV-Produktion angewendet. Die Angaben müssen sich nicht widersprechen, für den ESC sind mehrere Fotografinnen aktiv. Eine Bestätigung für einen körperlichen Angriff liegt seitens der EBU bislang nicht vor. Der Sänger selbst hat sich bislang nicht zu Wort gemeldet.
Teils gezielt geschürte Gerüchte in sozialen Netzwerken hatten sowohl eine mögliche körperliche Auseinandersetzung als auch andere mögliche Vorfälle mit der Auseinandersetzung um die Teilnahme Israels in Verbindung gebracht, was sich bislang nicht zu bestätigen scheint.
Klein hatte sich am Donnerstag beim zweiten Halbfinale den Einzug ins Finale gesichert – die genauen Ergebnisse des reinen Televotings werden erst nach dem Finale veröffentlicht. Sein Song "Europapa" zelebriert ein Europa ohne innere Grenzen mit einer persönlichen Referenz an seine Eltern und wird von Wettbüros in den Top Ten gesehen. Im letzten Jahr hatte er mit einer neuen Fassung von "Friesenjunge" von Otto Waalkes Platz eins unter anderem in den deutschen Singlecharts erzielt.
In Ausschnitten von der Siegerpressekonferenz nach dem Halbfinale war zu sehen, wie Joost die niederländische Flagge über den Kopf trug, als die israelische Vertreterin Eden Golan befragt wurde – was in sozialen Netzwerken teilweise als Respektlosigkeit und Distanzierung krisisiert wurde, aber auch ein unverdächtiges, von ihm öfter gezeigtes Verhalten darstellen kann. Auf die vorwurfsvolle Frage eines Journalisten, ob Golan durch ihre Teilnahme "ein Risiko und eine Gefahr" für andere Teilnehmende mit sich bringe, hatte der Moderator der Pressekonferenz betont, dass Golan die Frage nicht beantworten müsse. Joost hatte darauf mit "Warum nicht?" reagiert. Vor wenigen Tagen soll der Sänger zudem ein gemeinsames Foto mit der Israelin abgelehnt haben. (cw)
Update 11.5., 08h: Auch Polizei untersucht Vorfall
Auch am frühen Samstagmorgen gibt es kein aktuelles Update der EBU und eine Entscheidung über den Wettbewerbsverbleib von Joost Klein, während es auf der Webseite zum Online-Vote in Drittländern heißt, dass sich die Abstimmung verzögere. Diese hätte gegen Mitternacht mitteleuropäischer Zeit starten sollen.
Nach Angaben der Nachrichtenredaktion des öffentlich-rechtlichen TV-Senders Schwedens hatte die Polizei in Malmö am Freitagabend bestätigt, dass sie den Vorfall untersucht. "Wir sind vor Ort und führen Ermittlungsmaßnahmen durch, um zu sehen, was passiert ist", sagte Rickard Lundqvist, Pressesprecher der Polizei in der Region Süd. Der Zeitung "Aftonbladet" sagte er: "Derzeit besteht kein Verdacht auf eine Straftat, aber das kann sich ändern, nachdem wir mit den Beteiligten gesprochen haben."
Eine Reporterin der Zeitung hatte am Nachmittag oder frühen Abend Klein in seinem Hotel angetroffen, der aber nicht mit ihr sprach.
/ escinsidersThe journalist from Aftonbladet Natalie Demirian managed to capture the moment with Joost Klein at the hotel in Malmö
Eurovision Insider (@escinsiders) May 10, 2024
Joost havent answered to any questions and left#Eurovision #Netherlands pic.twitter.com/tFMCgoVjwq
Update 12.25h: Joost Klein von Finale ausgeschlossen
Der niederländische Sänger Joost Klein wird am Samstagabend nicht beim Finale des ESC auftreten und der Wettbewerb so nur mit 25 teilnehmenden Ländern stattfinden. "Die schwedische Polizei hat eine Beschwerde untersucht, die von einem weiblichen Mitglied des Produktionsteams nach einem Vorfall nach seinem Auftritt im Halbfinale am Donnerstagabend eingereicht wurde", so die EBU am Samstagmittag in einer Mitteilung. "Während das rechtliche Verfahren seinen Lauf nimmt, wäre es für ihn nicht angemessen, den Wettbewerb fortzusetzen."
/ EurovisionStatement on Dutch participation in the Eurovision Song Contest.https://t.co/EKagHwQKCZ
Eurovision Song Contest (@Eurovision) May 11, 2024
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Man wolle klarstellen, dass der Vorfall weder andere Teilnehmende noch Mitglieder ihrer Delegationen umfasst habe. "Wir pflegen eine Null-Toleranz-Politik gegenüber unangemessenem Verhalten bei unserer Veranstaltung und verpflichten uns, allen Mitarbeitenden des Wettbewerbs ein sicheres Arbeitsumfeld zu bieten. Vor diesem Hintergrund gilt das Verhalten von Joost Klein gegenüber einem Teammitglied als Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln."
Medienberichten zufolge hatte es zuvor ein Krisentreffen zwischen der EBU und Vertretern des niederländischen Fernsehens gegeben. Der niederländische Sender AVRORTROS zeigte sich in einer ersten kurzen Stellungnahme "geschockt" von der "unverhältnismäßigen" Entscheidung zum Ausschluss des Sängers. Auch der Dachverbund des öffentlich-rechtlichen Fernsehens der Niederlande NPO sprach von einer "drastischen" Entscheidung.
/ songfestivalWe hebben kennis genomen van de diskwalificatie door de EBU. @AVROTROS vindt de diskwalificatie disproportioneel en is geschokt door de beslissing. We betreuren het enorm en komen er later inhoudelijk op terug. #eurovision2024 #europapa #joostklein pic.twitter.com/OBBLl2mU5x
Songfestival (@songfestival) May 11, 2024
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Die schwedische Polizei gab am Samstagmorgen bekannt, dass man einen Mann befragt habe, der verdächtigt werde, in der Nacht zum Freitag eine Person aus dem EBU-Umfeld rechtswidrig bedroht zu haben. Der Fall sei nun an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden.
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