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Nemo als Hassobjekt
"Emma": "Nichtbinär ist reaktionär!"
Die "Emma"-Redaktion hat den Sieg Nemos beim ESC wohl nicht gefeiert: Eine führende Redakteurin erklärt den Schweizer Popstar nun praktisch zu einer schlechteren Version von Conchita Wurst.

Nemos Sieg bringt offensichtlich nicht nur Rechtsextreme auf die Palme, sondern auch die "Emma"-Redaktion (Bild: IMAGO / Pixsell)
- 14. Mai 2024, 10:37h 2 Min.
Die feministische Zeitschrift "Emma" hat am Montag einen Artikel des langjährigen Redaktionsmitglieds Chantal Louis veröffentlicht, in dem nichtbinäre Identität als "reaktionäres Konzept" kritisiert wird. "Reaktionär" bedeutet, alte politische Verhältnisse wiederherzustellen, die als nicht mehr zeitgemäß gelten. Der Duden definiert das Wort so: "an nicht mehr zeitgemäßen [politischen] Verhältnissen festhaltend". Als Synonyme gelten "fortschrittsfeindlich" und "konservativ" – zwei Worte, die bislang selten mit queeren Menschen in Verbindung gebracht werden.

(Bild: Facebook)
Louis argumentiert in dem Artikel im Kölner Frauenmagazin schlicht, dass nichtbinäre Menschen nicht existierten. Anlass ist der Sieg des nichtbinären Musikstars Nemo am Sonntagmorgen beim Eurovision Song Contest in Malmö (queer.de berichtete). Vielmehr verglich sie den schweizerischen Act mit Dragqueen Conchita Wurst, die sie dafür lobte, nie behauptet zu haben, "etwas anderes zu sein als ein Mann". Zu Nemo schrieb sie schlicht: "Dass er sich als 'nichtbinär' identifiziert, ist sein persönliches Empfinden." Dabei solle Nemo doch nach dem Willen von Feministinnen ein "richtiger Mann" sein: "Wir haben dafür gekämpft, dass ein zarter, weicher Mann nicht als 'Weichei' heruntergemacht wird, sondern auch ein 'richtiger Mann' ist."
"Emma" kämpft gegen drittes Geschlecht und Selbstbestimmungsgesetz
Zudem kritisierte die Autorin, dass sich Nemo in der Schweiz für einen dritten Geschlechtseintrag einsetzt (queer.de berichtete). Dieser Eintrag ist in Deutschland seit 2019 möglich. Dies war übrigens nicht durch eine politische Initiative eingeführt worden, sondern durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wenngleich auch nur für inter Menschen (queer.de berichtete).
In dem Artikel kritisierte Louis auch das Selbstbestimmungsgesetz der Ampel-Regierung. Auch dies sei "reaktionär". Wegen ihrer Abneigung gegen geschlechtliche Minderheiten hatte Louis bereits letztes Jahr den Lesben- und Schwulenverband (LSVD) verlassen (queer.de berichtete).
Auf Facebook nutzen Kommentierende den Artikel dazu, massenhaft gegen trans Menschen, aber auch gegen Schwule und Lesben Stimmung zu machen. Dabei wird etwa auch die Existenz von Homosexualität geleugnet ("ob jemand nonbinär, schwul, lesbisch oder sonstiges ist, ist nur eine Lebenseinstellung"). Nemo wird zudem als psychisch krank diffamiert ("Einfach nur ein peinlicher Typ, der vor 10 Jahren noch ein Fall für den Psychologen gewesen wäre"). Außerdem packen einige Vorurteile aus, die schon bei der Debatte um die Ehe für alle herumgeisterten – beispielsweise, dass bei einer Anerkennung queerer Menschen bald Sex mit Tieren Standard sein werde ("Wenn die Absurdität so weiter geht fühlen sich bald Weiße als Schwarze, Deutsche als Chinesen und Peter heiratet sein Schaf"). (dk)














