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Tiflis rückt nach Moskau
Georgien: Queerfeindliches Gesetz ins Parlament eingebracht
Die Regierung will unter anderem "LGBT-Propaganda" in Medien und Kundgebungen, medizinische und rechtliche Geschlechtsanpassungen sowie die Adoption von Kindern durch queere Menschen verbieten.

Kundgebung vor dem Parlament in Tiflis im Jahr 2021 nach massiven Ausschreitungen gegen den CSD, nach denen ein Kameramann starb (queer.de berichtete) (Bild: Tbilisi Pride / twitter)
- 4. Juni 2024, 16:43h 3 Min.
Nach dem an Moskau angelehnten Gesetz gegen "ausländische Agenten" will die georgische Führung ähnlich wie in Russland auch die Rechte queerer Menschen einschränken. Die Regierungspartei Georgischer Traum brachte ein Paket von Gesetzen unter der Überschrift "Familienwerte und der Schutz von Minderjährigen" ins Parlament ein. Das teilte Parlamentspräsident Schalwa Papuaschwili am Dienstag in Tiflis mit. Unter anderem sollten das Zivilrecht, das Arbeitsrecht und Bildungsgesetze in dem Land im Südkaukasus geändert werden.
Zur Begründung sagte Papuaschwili laut Medien, die Verfassung sehe nur eine Ehe zwischen Mann und Frau vor. Deshalb sollten gleichgeschlechtliche Ehen gesetzlich ausgeschlossen werden. Für nicht-heterosexuelle und transgeschlechtliche Personen solle es ein Verbot der Adoption von Kindern geben, hieß es weiter. Außerdem untersagt der Entwurf Geschlechtsanpassungen und deren rechtliche Anerkennung.
Wie in Russland soll auch in Georgien angebliche "LGBT-Propaganda" unterbunden werden. Es dürfe keine Kundgebungen geben, auf denen es um die "Bewerbung" homosexueller Beziehungen oder Transgeschlechtlichkeit gehe, sagte Papuaschwili. In den Schulen werde diese Art von Information verboten. Auch in Medien und Werbung sollten solche Darstellungen nicht zulässig sein. Bereits im März hatte die Regierung entsprechende Pläne vorgestellt (queer.de berichtete).
Kirche, Regierung und Mob gegen queere Menschen
Das kleine Georgien hat eine lange christlich-orthodoxe Tradition; die Gesellschaft in der Ex-Sowjetrepublik ist eher konservativ geprägt. Zugleich gibt es auch einen progressiven Bevölkerungsteil, der eine Annäherung an Europa anstrebt und in den letzten Monaten in Massenprotesten gegen das trotzdem verabschiedete und an diesem Montag in Kraft getretene Agentengesetz auf die Straße ging.
Auch der Umgang mit queeren Menschen spaltet die Bevölkerung: Einem Aufruf von Kirche und Regierung folgend, gingen am 17. Mai tausende Menschen in mehreren Städten in Kundgebungen für die "Reinheit der Familie" auf die Straße (queer.de berichtete), Patriarch Ilia II. hatte den Tag 2014 erstmals als Reaktion auf den Int. Tag gegen Queerfeindlichkeit am 17. Mai ausgerufen. Im Vorjahr hatte es an dem Tag, unter Beteiligung von Kirchenleuten, heftige Ausschreitungen eines Mobs gegen eine kleine Aktion von LGBTI-Aktivist*innen gegeben (queer.de berichtete). Zu entsprechenden heftigen Ausschreitungen etwa gegen Pride-Veranstaltungen kam es auch noch in den letzten Jahren immer wieder (queer.de berichtete).
In Georgien befürchten die Gegner*innen der Regierung, dass Georgischer Traum einen ähnlichen Kurs gegenüber Bürgerrechten und Minderheiten wie Russland einschlägt und damit die Chancen auf den erhofften EU- und Nato-Beitritt untergräbt. Ende Oktober steht in Georgien die nächste Parlamentswahl an. Die erste Lesung des queerfeindlichen Gesetzes soll noch vor der Sommerpause stattfinden, so Parlamentspräsident Papuaschwili. Zur zweiten und dritten Lesung soll es im Herbst kommen. (dpa/cw)















