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Interview

Arnaud Valois über YSL: "Sex befeuerte seine Kreativität"

In der Disney-Serie "Becoming Karl Lagerfeld" spielt Arnaud Valois den legendären Modedesigner Yves Saint Laurent. Wir sprachen mit dem schwulen Schauspieler ("120 BPM") über die intensivste Rolle seines Lebens.


Yves Saint Laurent (Arnaud Valois, r.) mit dem noch vollbärtigen Karl Lagerfeld (Daniel Brühl) in der ersten Folge von "Becoming Karl Lagerfeld" (Bild: The Walt Disney Company)

Nach ersten Achtungserfolgen mit Anfang 20 kehrte Arnaud Valois der Schauspielerei zunächst den Rücken und wurde Massagetherapeut. Doch seit ihn Robin Campillo für das Aids-Drama "120 BPM" 2017 auf die Leinwand zurückholte, startet der Franzose nun doch noch richtig durch.

Nach Nebenrollen in "Die Rolle meines Lebens", "Frühling in Paris" oder jüngst Dan Levys Tragikomödie "Good Grief" spielt der 40-jährige in der Serie "Becoming Karl Lagerfeld" (zu sehen bei Disney+) den legendären Modedesigner Yves Saint Laurent. Wir unterhielten uns mit dem schwulen Schauspieler in einem Videotelefonat.

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Poster zur Serie: "Becoming Karl Lagerfeld" kann exklusiv auf Disney+ gestreamt werden

Monsieur Valois, wie war Ihre erste Reaktion, als das Angebot im Raum stand, in einer Serie über Karl Lagerfeld den großen Yves Saint Laurent zu spielen?

Ich fand das erst einmal sehr aufregend, allerdings war ich auch ein wenig skeptisch. Wenn es in Film und Fernsehen um Mode geht, finde ich das nämlich oft nicht allzu überzeugend. Was mir hier am Skript besonders gefiel, war die Tatsache, dass es um die Männer hinter den Ikonen ging. Was bewegte sie, welche Begierden und Wünsche hatten Karl Lagerfeld und Yves Saint Laurent. Das interessierte mich.

Die beiden waren vor allem, wie "Becoming Karl Lagerfeld" zeigt, sehr unterschiedlich, nicht zuletzt was Sex und Rausch angeht. Würden Sie sagen, dass sich das auch in der Mode der beiden niederschlug?

Das würde ich schon sagen. Der Verzicht auf Sex und der unbedingte Wille, immer die Kontrolle zu haben, trieben Karl in seinem Schaffen an. Für Yves gilt das Gegenteil: Da waren es der Sex und die Leidenschaft, die seine Kreativität befeuerten. Der musste an allen Enden brennen. Was für ihn natürlich auch zur Gefahr wurde, denn so viel Energie floss in das Befriedigen seiner Bedürfnisse, dass für die Kunst kaum mehr welche übrig blieb. Das konnte Karl nicht passieren, denn für den war nie etwas wichtiger als die Mode. Sie waren beide Genies, aber auf sehr verschiedene Weise.

Wussten Sie viel über Saint Laurent, bevor Sie ihn nun verkörperten?

Durchaus nicht wenig, aber es gibt natürlich sehr viele verschiedene Versionen von Yves. Die öffentliche Person, den Künstler, den Mann, der nachts auf die Pirsch geht. Deswegen habe ich in meiner Recherche auch ziemlich viele Facetten und Seiten an diesem Mann entdeckt, mit denen ich nicht vertraut war. Überhaupt liebe ich ja immer diese erste Recherche-Phase in Vorbereitung auf einen Film, und dieses Mal war das das besonders spannend. Ich habe enorm viele Bücher über Saint Laurent gelesen, stundenlang Videomaterial gesichtet und etliche Archive durchforstet. Er ist zwar in der Serie nur eine Nebenfigur, aber ich wollte jedes Detail über ihn wissen. Welche Filme er in der 1970er Jahren mochte, welche Musik er hörte, welche Künstler er bewunderte.

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Sie sehen ihm eigentlich nicht besonders ähnlich. Wie wichtig war die körperliche Veränderung, um in die Rolle zu finden?

Das war natürlich ein wichtiger Aspekt der Arbeit. Vielleicht sogar der wichtigste. Ich habe 15 Kilo abgenommen für die Rolle. Das hat auch mein Gesicht und damit meine Mimik verändert, was wichtig war, weil wir nicht mit prothetischem Make-up gearbeitet haben. Ich war so hungrig und so besessen von all den Büchern, die ich über Saint Laurent und seine Zeit verschlungen habe, dass meine Nächte oft nicht länger als drei Stunden waren. Insgesamt dauerte die Arbeit an der Serie sieben Monate, und irgendwann meinte mein Partner zu mir, es fühle sich an, als seien wir in unserer Beziehung gerade zu dritt. Wir beide und Yves. Das war schon ziemlich intensiv.

Konnten Sie denn danach wenigstens sofort zurück in den Normalzustand schalten?

Zum ersten Mal in meinen Jahren als Schauspieler fiel mir das echt schwer. Normalerweise finde ich nach Dreharbeiten nichts besser, als von einem Tag auf den nächsten wieder zurück in meinem normalen, langweiligen Alltag zu sein. Aber dieses Mal wurde ich Yves für ein paar Monate einfach nicht los. Ich konnte nicht mal neue Drehbücher lesen, weil sich meine Gedanken nur um ihn kreisten.

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Den echten Saint Laurent haben Sie nie getroffen. Aber Lagerfeld sicherlich, oder?

Ja, mehrmals. Einmal hat er mich sogar fotografiert, für ein Magazin. Ich habe ihn als sehr, sehr witzig in Erinnerung. Und voller Energie. Die vielen Ringe an seinen Fingern haben sich mir sehr eingeprägt Aber auch wie er wirklich permanent seine Cola light trank.

Letzte Frage noch mit Blick auf Ihre Karriere allgemein, denn seit Sie damals im Zuge von "120 BPM" öffentlich über Ihre eigene Homosexualität gesprochen haben, werden Sie zwar nicht ausschließlich, aber häufig in queeren Rollen besetzt. Hatten Sie je die Sorge, als Schauspieler womöglich in einer bestimmten Schublade festzustecken?

Als ich anfing als Schauspieler zu arbeiten, mit Anfang 20, hatte ich tatsächlich Angst, öffentlich und in der Branche dazu zu stehen, wer ich wirklich bin. Vielleicht trug ich auch deswegen immer eine gewisse Unzufriedenheit mit mir herum und kehrte dem Beruf schließlich für sieben Jahre den Rücken. Als ich dann wieder einstieg, hatte ich keine Lust mehr, irgendetwas zu verstecken. Dass man es als offen schwuler Schauspieler manchmal etwas schwerer hat, für wirklich alle Rollen in Betracht gezogen zu werden, ist vermutlich immer noch so. Aber ich zerbreche mir darüber keinen Kopf. Wer mich gut findet und mit mir arbeiten will, wird das auch tun. Wenn mir jemand eine Rolle anbietet, kann ich davon ausgehen, dass er offen und vorurteilsfrei ist. Das ist doch auch ein gutes Gefühl.

Galerie:
Becoming Karl Lagerfeld
11 Bilder
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