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TV-Star veröffentlicht erstes Buch
Jo Weil, wieviel Jo steckt in deinem queeren Roman?
Der schwule Schauspieler Jo Weil ist es gewohnt, in andere Rollen zu schlüpfen. In seinem Debütroman "Jan und Julian – Volles Risiko" hat er nun ganz eigene Rollen kreiert. Wir sprachen mit ihm über Plot, Coming-out und Zukunftspläne.

Schauspieler Jo Weil ist unter die Schriftsteller*innen gegangen (Bild: Michael Ernst)
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26. Juli 2024, 05:33h 8 Min.
Seit bald 25 Jahren flimmert Jo Weil (46) nun schon regelmäßig über Millionen von TV-Bildschirmen – und konnte sich als Schauspieler in Serien wie "Verbotene Liebe" oder "Unter uns" einen Namen machen. Besonders große Aufmerksamkeit erlangte er zudem durch sein mediales Coming-out im Jahr 2020, das im Rahmen eines Interviews mit der Zeitschrift "Bunte stattgefunden hatte (queer.de berichtete).
Nun hat Jo Weil sein erstes Buch "Jan und Julian – Volles Risiko" (Amazon-Affiliate-Link ) veröffentlicht, in dem Homosexualität ebenfalls eine zentrale Rolle spielt. Allerdings erzählt er darin nicht etwa seine eigene Geschichte, sondern die zweier Schüler.
Wie er auf diesen Plot gekommen ist und wie er heute auf sein öffentliches Coming-out zurückblickt, verrät er im Interview mit queer.de.

"Jan und Julian – Volles Risiko" ist am 26. Juli 2024 im MAIN Verlag erschienen
Jo, herzlichen Glückwunsch zum Release deines Buches "Jan und Julian – Volles Risiko". Wie würdest du den Inhalt in wenigen Sätzen zusammenfassen?
Herzlichen Dank. Im Kern ist es eine berührende Liebesgeschichte. Jan lernt Julian auf einem Musical-Austausch seiner Schule kennen. Sofort verknallt er sich in den attraktiven Briten, weiß aber nicht, ob dieser auch, so wie er, auf Männer steht. Bei den gemeinsamen Proben zu "Romeo und Julia" funkt es dann schließlich zwischen beiden und sie erleben die Magie des ersten Verliebtseins. Alles wäre perfekt, würde sich da nicht Jans Angst vor dem Verletztwerden einschalten. Ab da wird es ziemlich turbulent, und Jan muss volles Risiko gehen, will er doch noch sein Happy End bekommen.
Richtet sich der Roman denn eher an junge Queers oder sind ebenso ältere Mitglieder der LGBTI-Community angesprochen?
Es ist eine Liebesgeschichte, mit der sich hoffentlich jede*r identifizieren kann, auch außerhalb der Community. Die beiden Hauptfiguren sind in diesem Band 18, insofern entsprechen sie vermutlich eher dem Lebensalltag jüngerer Leser*innen. Doch auch die etwas älteren können sich vermutlich noch an dieses besondere Gefühl der ersten Liebe erinnern. Insofern hoffe ich, dass es auch für sie eine schöne Lesereise sein wird. Zumindest ist dies das, was ich immer wieder als Feedback bekomme: dass die Geschichte die melancholischen Erinnerungen an diese gefühlvolle und wichtige Lebensphase noch einmal auf eine schöne Art aufleben lässt.
Wie kamst du überhaupt auf die Idee, ein Buch zu schreiben – und vor allem auf genau diesen Plot, diese Handlung?
Die Idee habe ich mehr als 25 Jahre gedanklich mit mir getragen. Sie wurde inspiriert von Erlebnissen rund um meine erste große Liebe. Damals habe ich mich gefragt, warum ich so schöne Geschichten zwischen zwei Männern eigentlich nicht als Roman kannte. Schon begann ich, mir einen Plot auszudenken, der alle meine Lieblingsthemen enthielt. Über die Jahre ist dieser immer weiter gereift, ich habe sogar mehrfach angefangen zu schreiben. Weiter als über die ersten Sätze kam ich allerdings nie. Vermutlich war es einfach noch nicht die richtige Zeit. Erst als dann eine mir nahestehende Person gestorben ist, dachte ich plötzlich: "Wow, sie wird mein Buch niemals zu lesen bekommen." Das war wie ein Wachrütteln. Kurz darauf habe ich mich hingesetzt und losgeschrieben – ohne wieder aufzuhören. Die Person hat auch eine Widmung im Buch, ich hoffe, dass sie die Geschichte jetzt auf ihrem Regenbogen lesen kann. Genau genommen ist "Jan und Julian – Volles Risiko" genau der Roman, den ich als junger Mann gerne gelesen hätte.
Die Frage liegt nahe, aber lässt du denn auch autobiografische Elemente in dein Buch einfließen? Beziehungsweise wieviel Jo steckt in Jan und Julian?
Die Geschichte entspringt meinem Hirn, insofern ist alles, was es in diesem Buch zu lesen gibt, irgendwie ein Teil von mir. Aber vermutlich geht es darum, wieviel "echten Jo" man im Roman findet. Der Plot ist fiktiv, die Figuren sind es ebenso. Natürlich habe ich sie mit Eigenschaften und Gedanken gefüttert, doch erstaunlicherweise haben sie im Schreibprozess schnell begonnen, ihren "eigenen Kopf" zu haben. Insofern ist ein großer Teil dessen, was sie tun und sagen, mehr entstanden, als dass ich es bewusst geplant hätte. Aber wie schon zuvor erwähnt: Die Inspiration lag im echten Leben, und natürlich verstecke ich an manchen Stellen ein "Easter Egg", das als liebevolle Verneigung vor der Realität zu verstehen ist.
Dein eigenes Coming-out liegt mittlerweile rund vier Jahre zurück. Würdest du sagen, dass du in Anbetracht deiner Karriere damals auch ein "volles Risiko" eingegangen bist?
Vielleicht hat es sich eine Zeitlang tatsächlich so angefühlt. Nicht mehr kurz vor meinem öffentlichen Outing, aber in den Anfängen meiner Karriere. Damals gab es noch nicht so viele offen queer lebende Personen des öffentlichen Lebens. Ich war zwar privat schon längst geoutet, beruflich legte man mir aber nah, es für mich zu behalten. Ich habe das befolgt, es war kein großes Ding. Aber ab und an habe ich mich schon gefragt, ob meine Karriere wirklich enden würde, wenn ich ganz einfach dazu stehe, wen ich liebe und wie ich fühle. Wäre es ein Risiko gewesen, dies zu tun? Wer weiß, das lässt sich rückblickend nur schwer sagen.
Und hat sich dieses "Risiko" aus heutiger Sicht gelohnt – oder hattest du auch Momente, in denen du deine Entscheidung bereut hast?
Zu hundert Prozent war es die richtige Entscheidung. Mit dem öffentlichen Outing wurde mein Leben noch einmal leichter und ich kann mich endlich uneingeschränkt zeigen, wie ich bin. Das fühlte sich wie eine große Befreiung an. Das Feedback war ganz einfach überwältigend. Ich wurde von einer Welle der Liebe und Unterstützung überrollt, tagelang hatte ich das Gefühl zu schweben. Und nun, mit etwas Abstand, kann ich auch sagen, dass es beruflich nichts verändert hat. Wenn überhaupt, bekomme ich heute sogar breiter gefächerte Rollen angeboten. Insofern gab es nicht einen Tag, an dem ich dachte "Hätte ich das mal besser sein lassen". Im Gegenteil, manchmal frage ich mich, warum ich den Schritt nicht doch schon früher gewagt habe. Aber vermutlich war einfach alles für mich genau richtig, so wie es gelaufen ist.

Jo Weil als Star-Architekt Dominic Adams in "Unter uns" (Bild: RTL / Stefan Behrens)
Erst kürzlich hat Ralf Schumacher seine Homosexualität öffentlich gemacht. Warum benötigen wir insbesondere im Sport noch mehr offen queer lebende Promis?
Jede Person, die den Schritt für sich wagt, ebnet auf eine Art den Weg für die folgenden. Mir persönlich hat es Mut gemacht, dass andere das Outing vor mir gewagt hatten. Aus Zuschriften weiß ich, dass mein öffentliches Darübersprechen dann wieder anderen dabei geholfen hat. Doch jede*r muss hier in seinem persönlichen Tempo schauen, was sich für sie oder ihn richtig anfühlt. Das Outing ist eine sehr persönliche Sache, und niemand sollte hier zu irgendetwas gedrängt werden. Ich denke, man spürt einfach, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Egal ob im Sport, im TV, in der Politik – in jedem Bereich, in dem eine weitere Person sich zu sich selbst bekennt, sorgt sie für Sichtbarkeit und damit hoffentlich eine immer weiter steigende Akzeptanz, Toleranz und dann im Endeffekt Normalität.
Und warum haben sich bei dem geplanten Massen-Coming-out im Fußball trotzdem keine aktiven Profis zu ihrer Homosexualität bekannt?
Ich lebe nach dem Motto: Wenn du von etwas keine Ahnung hast, dann solltest du darüber auch nicht reden. Im Fall des angekündigten Gruppen-Coming-outs halte ich mich daran, denn hier könnte ich nur mutmaßen; und davon hätte niemand etwas. Zu diesem Thema sollen sich lieber Personen äußern, die wirklich etwas dazu sagen können.
Zurück zum Buch: Könntest du dir vorstellen, in Zukunft noch weitere Bücher zu schreiben? Dann vielleicht auch eine Autobiografie?
Ich möchte nicht zu viel spoilern, aber "Jan und Julian – Volles Risiko" ist Band 1 einer Reihe. Insofern wird da sicherlich noch etwas folgen… (grinst) Mit dem Schreiben habe ich eine große neue Leidenschaft entdeckt und genieße die endlosen Stunden, die ich an meinem Computer sitze und literarische Welten schaffe. Neben der Schauspielerei habe ich damit einen weiteren Weg gefunden, meine Kreativität auszuleben – und das fühlt sich ganz einfach großartig an. Damit könnte ich gar nicht mehr aufhören. Deshalb ja, es werden auf jeden Fall weitere Romane folgen. Was die Autobiografie angeht, warte ich gerne noch ein bisschen. Mit 46 fühle ich mich dafür definitiv noch zu jung. Darüber können wir dann gerne in weiteren vierzig Jahren nochmal sprechen. Den Titel hätte ich schon: "JOdyguard – Nicht ohne meinen Föhn".
Und welche weiteren Projekte hast du für die Zukunft geplant?
Aktuell stehe ich für ein tolles neues Projekt vor der Kamera. Die Dreharbeiten machen mir unglaublich viel Spaß und ich kann es kaum erwarten, endlich mehr darüber erzählen zu dürfen. Allerdings wird dies noch eine Weile dauern, bis dahin ist das Ganze noch streng vertraulich. Daneben schreibe ich bereits an meinem nächsten Projekt, auch da wird es also bald News geben. Dazwischen versuche ich genug Zeit für meine Beziehung zu finden, denn in diesem Jahr feiern Tom und ich unser 15. Jubiläum. Im Idealfall verbringen wir das mit unserem Hund Sky gemütlich in Cornwall am Meer.
Jo Weil: Jan und Julian – Volles Risiko. Roman. 308 Seiten. MAIN Verlag. Frankfurt 2024. Taschenbuch: 16 € (ISBN 978-3-95949-682-7). E-Book: 6,99 €
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