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Trotz rechter und antisemitischer Störungsversuche: Berliner CSD weitgehend friedlich

Rund 250.000 Menschen feiern beim Christopher Street Day in Berlin. Es bleibt weitgehend friedlich. Deutlich kleiner ist die Demo queerer Menschen für Palästina – dort gibt es Ärger mit der Polizei.


Beim CSD Berlin demonstrierenden Hunderttausende unter anderem dafür, dass queere Menschen endlich im Grundgesetz geschützt werden – die Union im Bundestag hat aber nach dem CSD bereits angekündigt, daran kein Interesse zu haben (Bild: Berliner CSD e.V.)
  • 29. Juli 2024, 10:24h 4 Min.

Hunderttausende haben beim Berliner Christopher Street Day unter dem Motto "Nur gemeinsam stark – für Demokratie und Vielfalt" demonstriert. "Die Abschlusskundgebung war eine friedliche große Party", teilten die CSD-Veranstalter*innen mit. Highlight am Samstagabend war der Auftritt von Herbert Grönemeyer. Laut Schätzungen der Polizei vom späten Samstagabend nahmen mindestens 250.000 Menschen am CSD teil.

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Obwohl es zeitweise stark regnete, harrten viele aus, um Grönemeyer zu sehen. Rechte Kräfte arbeiteten gegen andere Lebensmodelle, sagte der Sänger auf der Bühne zum Abschluss der Veranstaltung. Er warb auch dafür, den Schutz queerer Menschen in Artikel 3 Grundgesetz aufzunehmen (queer.de berichtete). Um Mitternacht wurde die Demo offiziell beendet.

Appell an die Politik

Auch der CSD-Verein forderte, die Änderung von Artikel 3 des Grundgesetzes müsse noch in dieser Wahlperiode kommen, wie die Aktivistin Sophie Koch von der Landesarbeitsgemeinschaft Queeres Netzwerk Sachsen in der Eröffnungsrede erklärte. Unterstützung erhielten die Aktivist*innen von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne). Die schwarz-rote Regierung hatte es trotz Versprechungen bislang abgelehnt, eine Bundesratsinitiative umzusetzen (queer.de berichtete). Zudem stellte der Unionsfraktionsgeschäftsführer im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), nach dem Berliner CSD klar, dass seine Fraktion nicht am Schutz queerer Menschen im Grundgesetz interessiert sei (queer.de berichtete).

Der Berliner Queerbeauftragte Alfonso Pantisano, der wegen seiner Arbeit Morddrohungen bekommen hat, war mit Personenschützer*innen auf dem CSD unterwegs. Der Sozialdemokrat hatte am Donnerstag über ständige Bedrohungen berichtet und erklärt, er könne sein Haus teilweise nicht mehr alleine verlassen (queer.de berichtete).

Rechte planten offenbar queerfeindliche Aktionen

Beim größtenteils friedlichen Christopher Street Day selbst mit rund 250.000 Besuchenden gab es 58 vorübergehende Festnahmen. Gleich zu Beginn des CSD hatte die Polizei eine Gruppe Rechter ausgebremst, die versucht hatte, zum Aufzug zu kommen. Die rund 30 Menschen hatten sich am späten Vormittag nahe des Potsdamer Platzes getroffen und seien am Weiterlaufen gehindert und überprüft worden. Da es nicht habe ausgeschlossen werden können, dass die Gruppe homophobe oder transfeindliche Aktionen plante, seien die Menschen einem Bereitschaftsrichter vorgeführt worden und zunächst in Polizeigewahrsam gekommen. Wie die Polizei am Sonntag mitteilte, seien 14 Minderjährige rasch wieder entlassen worden, die volljährigen Mitglieder der homophoben Gruppe seien hingegen bis gegen Mitternacht in Gewahrsam geblieben.

Zudem meldete die Polizei einen offenbar queerfeindlichen Übergriff im Anschluss an die CSD-Demo: Gegen 0:30 Uhr wurden demnach zwei 24-Jährige auf dem Bahnsteig des U-Bahnhofs Brandenburger Tor von zwei Unbekannten homophob beleidigt. Im Anschluss hätten beide auf die 24-Jährigen eingeschlagen. Eines der Opfer sei zu Boden gegangen und habe Schmerzen im Gesicht erlitten. Die mutmaßlichen Täter flüchteten.

/ SDoughtyMP | Auch der britische Staatssekretär Stephen Doughty hat den Berliner CSD besucht

Für Youtube ist der Berliner CSD ab 18 Jahre

Für Empörung sorgte die US-Videoplattform Youtube, weil sie den Livestream des Senders "Alex Berlin" mit einer Altersbeschränkung ab 18 Jahren versehen hatte. "Melde dich an, um dein Alter zu bestätigen. Dieses Video ist eventuell für einige Nutzer unangemessen", verlangte der das zum Google-Konzern gehörende Portal laut "Morgenpost". Unklar blieb, was beim CSD nicht jugendfrei sein soll. Youtube habe lediglich auf seine Community-Richtlinien verwiesen, in denen es heißt: "Auf YouTube sind keine Inhalte zulässig, die das emotionale und körperliche Wohlbefinden von Minderjährigen gefährden." Eine andere Live-Übertragung vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk Berlin-Brandenburg war dagegen für alle verfügbar.

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Antisemitismus bei kleineren CSD-Demos

Insgesamt sei die CSD-Demo friedlich verlaufen, anders als die zeitgleich stattfindende, aber deutlich kleinere Kundgebung "Internationalist Queer Pride" in Berlin-Neukölln. Die nicht vom CSD-Verein organisierte Veranstaltung stand in einigen Blöcken unter dem Motto "Queers for Palestine" – hier ging es weniger um LGBTI-Rechte und mehr um den Krieg zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas. Dort kam es zu etlichen Auseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und Einsatzkräften, hieß es von der Polizei.

In der Spitze habe es bei dem Aufzug, bei dem unter anderem Solidarität mit Palästina und Sanktionen gegen Israel gefordert wurden, am Samstag 5.600 Teilnehmende gegeben. Einige von ihnen hätten Glasflaschen und Farbbeutel auf Polizeikräfte und Pressevertreter*innen geworfen. Außerdem seien strafbare antisemitische Sprechchöre skandiert und Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gezeigt worden. 31 Personen seien vorübergehend festgenommen worden, darüber hinaus seien 37 Strafermittlungsverfahren eingeleitet worden.


Auf dem "Internationalist Queer Pride" wurde Israel als "Apartheids-Staat" bezeichnet, während die Terrororganisation Hamas verharmlost wurde (Bild: IMAGO / Funke Foto Services)

Bereits am Freitag war es beim Dyke* March in Neukölln zu antisemitischen Zwischenfällen gekommen. Die Polizei sprach von 28 Freiheitsbeschränkungen und ebenso vielen Strafanzeigen, unter anderem wegen Beleidigung, tätlichen Angriffs, Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen, Gefangenenbefreiung und Volksverhetzung (queer.de berichtete). Im Anschluss an die Demo war auch ein Journalist laut B.Z. von einem "pro-palästinensischen Extremisten" mit einem Messer bedroht worden.

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Gruppen wie der "East Pride" hatten bei beiden Kundgebungen in Neukölln mit pro-israelischen Botschaften dagegengehalten und am Samstag in einem größeren Block unter dem Motto "Homos sagen Ja zu Israel" am Haupt-CSD teilgenommen. Die Gruppe "Lesben gegen Rechts" hatte am Freitagnachmittag eine eigene Lesbendemo in Schöneberg unter dem Motto "Solidarität mit jüdischen Lesben!" abgehalten. (dpa/cw)

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