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- 27. Juni 2006 3 Min.
Wer mehr leibliche große Brüder hat, wird eher schwul. Es liegt an biologischen Einflüssen, nicht an der Umwelt, fanden kanadische Forscher heraus.
Von Dennis Klein
Meist ist der ältere Bruder dafür verantwortlich, wenn die Lego-Steine mal wieder verschwunden sind oder das Badezimmer einfach nicht frei wird. Aber nicht nur das: Einer neuen kanadischen Studie zufolge erhöht die Anzahl der älteren Brüder die Wahrscheinlichkeit, selbst schwul zu werden. Besonders wichtig: Dieser Effekt tritt nur bei leiblichen Brüdern auf, bei denen die Mütter identisch sind. Bei adoptierten Brüdern oder leiblichen Schwestern erhöht sich die Wahrscheinlichkeit der Homosexualität nicht.
Herausgefunden hat das Anthony Bogaert von der Brock University in St. Catharines (Provinz Ontario). Der Psychologe hatte bereits vor einem Jahrzehnt nachgewiesen, dass die Anzahl von älteren Brüdern Auswirkungen auf die sexuelle Orientierung hat. Forscher haben daraufhin debattiert, ob die Gene für diese Abweichung verantwortlich sind - oder ob die andersartige Umwelt den kleinen Jungen "verschwult", beispielsweise weil er oft vom großen Bruder getriezt oder weil er immer von ihm beschützt wird. In seiner neuen Untersuchung wollte es Bogaert genau wissen: Dazu wertete er die Daten von 944 homo- und heterosexuellen Männern aus. Er untersuchte, wie viele Geschwister sie hatten, ob sie leiblich, angeheiratet oder adoptiert sind und wie lange sie zusammengelebt haben. Nach der Auswertung wusste er: Nur leibliche Brüder beeinflussten die sexuelle Orientierung - selbst dann, wenn sie nicht miteinander aufwachsen. Biologische Einflüsse sind also dafür verantwortlich, nicht das Umfeld, in dem das Kind aufwächst.
Bogaert vermutet, dass "vorgeburtliche Mechanismen" Homosexualität begünstigen, falls die genetischen Voraussetzungen gegeben sind. Welche Mechanismen das sind, darüber könne nur spekuliert werden. Forscher, die bei der Studie geholfen haben, mutmaßen in einem Kommentar, dass Antikörper gegen Einweiße dazu beitragen könnten. Denn es gibt bestimmten Antikörper, die nur bei männlichen Föten im Mutterleib vorkommen. Diese würden erst nach der Geburt des ersten Jungen in höherer Konzentration vorliegen - und somit bei der nächsten Schwangerschaft Einfluss auf das Gehirn des Fötus haben, so die Theorie.
Die kanadische Studie dürfte ein Schlag für die "Ex-Gay"-Bewegung sein, die gerade in den USA Zuläufe verzeichnet (queer.de berichtete). Die meist christlich motivierten Gruppen argumentieren, dass Homosexualität eine "Lifestyle Choice" ist. Jeder kann sich demnach aussuchen, ob er der Lust freien Lauf lässt und ein sündiges Leben führt oder ob er ein braver Familienvater wird. Letzteres wird angestrebt. Im Jahr 2000 wurde allerdings der Anführer der "Ex-Gay"-Bewegung in einer Schwulenbar gesichtet. Er wollte Sex. Immerhin kann er jetzt sagen, dass die sprichwörtlichen Gene schuld waren.
Die Studie ist am Montag im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences" veröffentlicht worden.
27. Juni 2006















Was hat Homosexualität bitte mit "Schuld" zu tun? Wenn überhaupt, dann sind die Gene nicht "schuld" (so als handele es sich um eine negative Eigenschaft oder einen Defekt, der einer Ent-Schuldigung bedürfe), sondern sie sind die biologische Ursache.
Es existieren übrigens genügend andere Studien, welche die genetische Prädisposition von Homosexualität belegen.