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Österreich
Pridefahne in Müll geworfen: Zwei Jahre Haft für FPÖ-Politiker?
Nach einem queerfeindlichen Wahlkampfvideo ermittelt die Staatsanwaltschaft Linz gegen den oberösterreichischen FPÖ-Landtagsabgeordneten Michael Gruber wegen des Verdachts der Verhetzung.

Der FPÖ-Politiker Michael Gruber ist seit 2015 Mitglied des Landtags von Oberösterreich und seit 2019 zweiter Vizebürgermeister von Pettenbach (Bild: PhotoService / wikipedia)
- 17. September 2024, 03:12h 3 Min.
Das queerfeindliche Wahlkampfvideo des oberösterreichischen FPÖ-Landtagsabgeordneten Michael Gruber hat ein juristisches Nachspiel. Wie mehrere österreichische Medien am Montag berichteten, hat die Staatsanwaltschaft Linz Ermittlungen wegen des Verdachts der Verhetzung eingeleitet.
In dem knapp einmütigen Clip zur Nationalratswahl am 29. September steht Gruber, der als FPÖ-Kandidat ins Bundesparlament wechseln möchte, an einer Bushaltestelle, zerknüllt mit seinen Händen eine Regenbogenfahne und wirft diese in einen Mülleimer. Im Hintergrund ist das gesprayte Akronym "LGBTQ" zu sehen, das durchgestrichen ist (queer.de berichtete).

Screenshot aus dem Wahlkampfvideo von Michael Gruber
Während der Aktion lästert Gruber im Stakkato-Ton über "linke degenerierte Politik" und erklärt: "Regenbogen dort, Regenbogen da. Frühsexualisierung unser Kinder. Alles ein Wahnsinn. Alles für den Mistkübel. Für unsere Gesellschaft keine Zukunftsansage. Wir können das am 29. September ändern." Gruber erklärt in dem Video auch, welche Lebensweise die einzig Ideale für ihn sei: "Wir wollen ein Manderl, ein Weiberl – und dann gibt's Kinder." Die FPÖ trete an, um "Normalität für unsere zukünftige Gesellschaft herbeizuführen".
"Gezielte Herabsetzung der LGBTIQ*-Community"
Kritik an dem Video kam aus der sozialdemokratischen SPÖ, den liberalen Neos und den Grünen. Mehrere Nationalratsabgeordnete und Privatpersonen erstatteten Anzeige, darunter David Stögmüller, der Chef der queeren Parteiorganisation "Grüne andersrum". Grubers Video zeige "die gezielte Herabsetzung der LGBTIQ*-Community durch das Zerknüllen einer Regenbogenflagge und entsprechende diskriminierende Aussagen", heißt es in Stögmüllers Anzeige. "Es ist offensichtlich, dass die Absicht besteht, die Menschenwürde dieser Gruppe zu verletzen und sie in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen."
Der österreichische Straftatbestand der Verhetzung schützt explizit auch Menschen aufgrund ihrer "sexuellen Ausrichtung" vor Herabsetzung und Verächtlichmachung. Im Falle einer Verurteilung drohen Gruber bis zu zwei Jahre Haft.
"Nehmt ihm doch bitte einfach das Handy weg"
Gruber selbst verteidigte sein Wahlkampfvideo gegen Kritik: "Die Regenbogenfahne ist kein offizielles Symbol, sondern ein ideologisches Statement für linke Gesellschaftspolitik. Die Kritik an dieser Politik ist legitim und auch notwendig", sagte er gegenüber der Nachrichtenagentur APA. "Es gibt eine Fahne für alle Österreicher und die ist rot-weiß-rot."
Die "Kronen Zeitung" berichtete allerdings am Wochenende, dass die FPÖ-Führung in Oberösterreich von dem Clip nicht begeistert gewesen sein soll. Es wurde ein "Parteiinsider" zitiert, der gesagt haben soll: "Nehmt ihm doch bitte einfach das Handy weg". Michael Gruber ist seit 2015 Mitglied des Landtags von Oberösterreich und seit 2019 zweiter Vizebürgermeister von Pettenbach.
FPÖ nach Umfragen stärkste Kraft in Österreich
Die FPÖ gilt als österreichisches Pendant der AfD – und hat immer wieder die Gleichwertigkeit queerer Menschen infrage gestellt. Erst kürzlich bezeichnete etwa der Abgeordnete Martin Antauer CSDs als "Zeichen der Dekadenz" (queer.de berichtete). Oberösterreichs Vize-Regierungschef Manfred Haimbuchner warf queeren Menschen vor, nichts zu leisten (queer.de berichtete). Letztes Jahr forderte die FPÖ in Wien sogar ein Dragqueen-Verbot in der Öffentlichkeit (queer.de berichtete).
Mit ihrer queerfeindlichen Rhetorik findet die FPÖ in Österreich offenbar viele Fans: Laut Umfragen könnte sie bei den Wahlen Ende des Monats mit 28 Prozent stärkste Kraft im neuen Nationalrat werden (plus 12 Prozent gegenüber 2019). Die Regierungsparteien ÖVP und Grüne würden demnach auf 25 Prozent (minus 12 Prozent) bzw. 7 Prozent (minus 7 Prozent) abstürzen. Die SPÖ käme auf 20 Prozent (minus 1 Prozent), die Neos auf 10 Prozent (+2 Prozent). Chancen auf einen Einzug ins Parlament hat erstmals die satirische Bierpartei – Umfragen sehen sie um die Vier-Prozent-Hürde. (cw)















