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Ein Jahr vor Bundestagswahl

Merz wird Kanzlerkandidat: Ist der CDU-Chef eine gute Wahl für queere Menschen?

Ein Jahr vor der Bundestagswahl steht fest: Die Union wird mit Friedrich Merz in den Wahlkampf ziehen. Wie steht der CDU-Chef zu LGBTI-Rechten?


Friedrich Merz (li.) und Markus Söder teilen pünktlich zur Mittagspause mit, dass sie sich geeinigt hätten (Bild: Screenshot Phoenix)

  • 17. September 2024, 10:12h 4 Min.

Überraschend haben CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder am Dienstagmittag in einer Pressekonferenz in Berlin bekanntgegeben, dass Merz für die Bundestagswahl am 28. September 2025 gemeinsamer Kanzlerkandidat der Union werden soll. Am Montag hatte bereits der NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) bekanntgegeben, für eine derartige Kandidatur nicht zur Verfügung zu stehen.

"Die K-Frage ist entschieden. Friedrich Merz macht's", teilte Söder zu Beginn der live im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz in der Vertretung des Landes Bayern in Berlin-Mitte mit. Merz erklärte, CDU und CSU hätten zu neuer Geschlossenheit gefunden. Inhaltlich ging Merz in der weniger als 15 Minuten langen Pressekonferenz lediglich auf die Themen Wirtschaft und Migration ein. Die beiden ließen keine Nachfragen der Journalist*innen zu.

Der 68-jährige Merz kann auf eine lange politische Karriere zurückblicken: 1989 zog er erstmals ins Europaparlament ein, 1994 wurde er in den Bundestag gewählt. Nach einem verlorenen Duell mit Kanzlerin Angela Merkel schied er 2009 wieder aus dem Bundestag aus und machte Karriere als Lobbyist für die amerikanische Investmentfirma Blackrock. Nach Merkels Rückzug als CDU-Chefin 2018 kehrte er zurück und versuchte zwei Mal, CDU-Bundesvorsitzender zu werden, unterlag dabei jedoch zunächst Annegret Kramp-Karrenbauer und dann Armin Laschet. Nach dessen Niederlage bei der Bundestagswahl 2021 wurde der frisch in den Bundestag gewählte Merz dann doch noch zum CDU-Vorsitzenden gewählt.

Merz spielte Jahrzehnte lang mit Queerfeindlichkeit

Merz hatte sich während seiner Karriere immer wieder mit Queerfeindlichkeit profiliert. So stilisierte er 2000 die von der rot-grünen Bundesregierung geplanten eingetragenen Partnerschaften für gleichgeschlechtliche Paare zu einem Angriff auf die heterosexuelle Familie hoch: "Rot-Grün beabsichtigt mit dieser Neuregelung ganz offensichtlich eine grundlegende Umwälzung gesellschaftlicher Strukturen", warnte er damals.

In einer Rede sagte er außerdem im Jahr 2000: "Die faktische und rechtliche Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften [...] mit Ehe und Familie, meine Damen und Herren, die ist mit der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag nicht zu machen. Die werden wir nicht akzeptieren!" Ein Jahr später fiel er auch mit einer abwertenden Aussage über Klaus Wowereit nach dessen Coming-out auf. Merz deutete damals an, dass Wowereit wegen seiner Homosexualität eine Gefahr für heterosexuelle Männer darstelle. Darüber sprach Wowereit 2018 in einer Talkshow: "Als ich gewählt wurde hat Merz als erstes gesagt: Solange der Wowereit sich mir nicht nähert, ist mir das egal. Das war die Einstellung von Merz! Kann man nachlesen, in der 'Bunten'" (queer.de berichtete).



Nachdem Merz nach dem Abgang von Angela Merkel als CDU-Chefin in die Bundespolitik zurückkehrte, legte er noch eine Schippe Homophobie drauf: So stellte er 2020 in einem Interview einen Zusammenhang zwischen Homosexualität und sexuellem Missbrauch von Kindern her. Konkret wurde er bei "Bild Live" darauf angesprochen, ob ein Schwuler Kanzler werden kann. Darauf antwortete Merz: "Die Frage der sexuellen Orientierung geht die Öffentlichkeit nichts an. Solange sich das im Rahmen der Gesetze bewegt und solange es nicht Kinder betrifft – an der Stelle ist für mich allerdings eine absolute Grenze erreicht -, ist das kein Thema für die öffentliche Diskussion" (queer.de berichtete). Nach Kritik behauptete er, bewusst von politischen Gegner*innen "missverstanden" worden zu sein (queer.de berichtete).

Danach gab Merz einige queerfreundlichere Aussagen von sich: So erklärte er, er habe nichts gegen die (ohnehin schon Jahre zuvor durchgesetzte) Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare und forderte von Migrant*innen, tolerant gegenüber Homosexuellen zu sein. Außerdem suchte er die Nähe zu den Lesben und Schwulen in der Union. Gleichzeitig sagte er nichts, wenn es um queere Forderungen wie die Aufnahme eines Diskriminierungsschutzes für LGBTI in Artikel 3 des Grundgesetzes geht. Er sprach sich außerdem gegen das Selbstbestimmungsgesetz aus und forderte, trans Menschen mehr Restriktionen beim Ändern des Geschlechtseintrags aufzuerlegen.

Die Union liegt laut Umfragen derzeit weit vor allen anderen Parteien. Laut einer aktuellen INSA-Befragung kommen CDU und CSU zusammengerechnet auf 33 Prozent, die SPD nur auf 14 Prozent. 2020 war dies ganz ähnlich: Laut einer INSA-Umfrage vom 21. September 2020 lag die Union bei 35 Prozent und die SPD bei nur 15,5 Prozent. Ein Jahr später wurde – nach einem katastrophalen Wahlkampf des damaligen Unionsspitzenkandidaten Armin Laschet – die SPD von Olaf Scholz stärkste Kraft. Der Wahlkampf war dabei geprägt von Seitenhieben auf Laschet durch den CSU-Chef Söder – mit der jetzigen Entscheidung wollten das Duo Merz/Söder jedoch klarstellen, dass diese Wahl weniger von der Konkurrenz von CDU und CSU geprägt sein wird: "Ich habe ein Versprechen gegeben, dass sich 2021 nicht wiederholen wird", so Söder während der Pressekonferenz. (dk)

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