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Baden-Württemberg
Kretschmann: Gleichbehandlungsgesetz wird neu ausgehandelt
Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Gleichbehandlungsgesetz für Baden-Württemberg ist eines der letzten zentralen Projekte der grün-schwarzen Landesregierung. Doch jetzt geht selbst der Ministerpräsident auf Distanz.

Will das Gesetz neu verhandeln: Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bild: Staatsministerium Baden-Württemberg)
- 9. Oktober 2024, 02:27h 2 Min.
Nach dem Streit innerhalb der Grünen um das geplante Gleichbehandlungsgesetz soll über den Entwurf erneut verhandelt werden. "Wir handeln das neu aus", sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in Stuttgart. An dem Gesetzentwurf habe es "gravierende Einwände" etwa der Kommunen oder des Normenkontrollrats gegeben. "Diese Einwände nehmen wir ernst. Deshalb sind wir in weiteren Aushandlungsprozessen zu diesem Gesetz", sagte Kretschmann. Die Verhandlungen würden etwa mit der Grünen-Fraktion geführt, aber auch mit dem Koalitionspartner CDU. Details, wie der Gesetzentwurf abgespeckt werden könnte, nannte Kretschmann keine.
Das geplante Gesetz, das Grüne und CDU im Koalitionsvertrag versprochen hatten, war im vergangenen Dezember vom Kabinett auf den Weg gebracht worden. Dadurch bekämen Betroffene erstmals einen gesetzlich verankerten Schadens- und Schmerzensgeldanspruch, wenn sie durch eine Behörde oder öffentliche Stelle diskriminiert werden. Neben weiteren Gründen sieht der Entwurf (PDF) vor, dass Menschen nicht aus Gründen des Geschlechts oder der sexuellen Identität benachteiligt werden dürfen.
Heftiger Streit bei den Grünen
In der vergangenen Woche kam es jedoch zu einem heftigen Streit bei den Grünen: In einem Brief an Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz hatte der Amtschef im Staatsministerium, Florian Stegmann (Grüne), gefordert, auf die "Umsetzung des Koalitionsvertrags in diesem Punkt" zu verzichten. Als Grund nannte Stegmann die mit dem Gesetz verbundene Bürokratie (queer.de berichtete). Zuvor hatten mehrere Organisationen in Baden-Württemberg den Diskriminierungsschutz abgelehnt, darunter etwa Gemeindetag, Städtetag, Landkreistag sowie der Normenkontrollrat (queer.de berichtete).
In der Grünen-Fraktion hatte Stegmanns Vorstoß massive Kritik ausgelöst. Dort war von "friendly fire" (Eigenbeschuss) die Rede, und von einem "beispiellosen In-den-Rücken-Fallen". Der Chef der Staatskanzlei habe sich damit absolut disqualifiziert, man könne sich nicht vorstellen, wie eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit aussehen solle.
Kretschmann stärkte seinem Amtschef dagegen den Rücken. Stegmann mache einen hervorragenden Job und sei ihm eine große Stütze. Den Brief an Schwarz habe Stegmann selbstständig geschrieben, aber "im Wissen, dass ich den Inhalt des Briefes teile", so der Ministerpräsident.
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Nur Berlin hat bislang ein eigenes Antidiskrimierungsgesetz
Bislang hat nur das Land Berlin im Jahr 2020 einen Diskriminierungsschutz auf Landesebene eingeführt (queer.de berichtete). Das Gesetz war vor vier Jahren sehr kontrovers – und wurde von der damaligen rot-rot-grünen Regierung gegen den erbitterten Widerstand aus CDU, AfD und FDP durchgesetzt. Auch dort wurde vor zu viel Bürokratie und einer Klagewelle gewarnt, die allerdings ausgeblieben ist (queer.de berichtete). (mize/dpa)















