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Donnerstagskrimi im Ersten
Eine Kommissarin wie Elena Barin hat im deutschen TV gefehlt
"Seeland" zeigt, dass es durchaus möglich ist, auch in einem sehr etablierten Genre einem trans Charakter Raum zu geben, ohne dass die trans Identität im Zentrum steht oder als erklärendes Element für ein vermeintlich unwissendes Publikum genutzt wird.

Hayal Kaya als Kommissarin Elena Barin im Einsatz. Das Erste zeigt "Seeland – Ein Krimi vom Bodensee: Dämonen" am Donnerstag, den 14. November 2024 um 20:15 Uhr (Bild: SWR / Polyphon Film / Rudolf Wernicke)
- Von Lina Heimann
14. November 2024, 05:23h 4 Min.
Ein versenktes Boot im Bodensee, in dem sich eine Leiche befindet und ein verletzter Mann, der sich an nichts erinnern kann: Der Ursprung für den zweiten Teil der Seeland-Krimi-Reihe ist ein vertracktes Netz aus Geschehnissen der Vergangenheit sowie der Gegenwart, dass es den Ermittler*innen um Kommissarin Elena Barin (Hayal Kaya) erschwert, den Fall aufzulösen. Nach dem Erfolg des ersten Teils der Seeland-Reihe, der von 6,6 Millionen Zuschauer*innen verfolgt wurde, strahlt die ARD nun am Donnerstag um 20.15 Uhr die Fortsetzung des Krimis aus, in dem Hayal Kaya wieder die Rolle der Elena Barin und damit die erste trans Kommissarin im deutschen Fernsehen spielt.
Im Gegensatz zur Situation im ersten Teil der Krimi-Reihe, ist Elena Barin nun in ihrem neuen Job als Chefin in Konstanz angekommen, muss sich die Akzeptanz und Anerkennung einiger Kolleg*innen allerdings erst erarbeiten. Insbesondere der etwas mürrische Achim (Julian Bayer) hat Probleme anzuerkennen, dass Elena jetzt auf der Position ist, die er selbst gerne gehabt hätte — dabei schwingt sicherlich auch eine gute Portion Sexismus mit. Im Gegensatz dazu, scheint die etwas jüngere Kollegin Britta (Aliki Hirsch) keine Probleme mit Elena zu haben, sondern ist angetan von Elenas Art und Expertise als Chefin.
Ein besonders komplexer Fall
Aber nicht nur das neue Kollegium gestaltet sich für Elena als Herausforderung, sondern der neue Fall ist direkt besonders komplex: Die Leiche von Henry Budde (Andreas Jentzsch) wird in einem kleinen Boot auf dem Bodensee gefunden und der Hauptverdächtige, sein Sohn Stefan Eisel (Lasse Myhr) ist nicht auffindbar. Das ändert sich, als es einen anonymen Hinweis auf einen in einer Kiste gefangenen Menschen gibt, der sich als Stefan herausstellt. So tun sich den Ermittler*innen immer mehr Fragen auf, während der Druck schnell Ergebnisse zu erzielen wächst.
Parallel dazu, gibt es einen weiteren rätselhaften Vorfall: Ein am Kopf verletzter und als Moritz Muhl (Tilman Strauß) identifizierter Mann, wird in einem Hotel aufgefunden und kann sich weder erinnern, wer er ist, noch was ihm zugestoßen ist. Nach und nach stellt sich heraus, dass es einen Zusammenhang zwischen der Leiche von Henry Budde, dem gefangenen Stefan Eisel und Moritz Muhl gibt und es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit: Es bleiben der Polizei weniger als 24 Stunden, um den Gefangenen zu finden, dann wird dieser in der unterirdischen Kiste nicht mehr mit Sauerstoff versorgt.

Elena Barin (Hayal Kaya) und Hanno Kienle (Florian Kleine) untersuchen die Leiche, die mitsamt dem Boot aus dem Bodensee geborgen wurde (Bild: SWR / Polyphon Film / Rudolf Wernicke)
Was "Seeland" von anderen Krimiproduktionen auf öffentlich-rechtlichen Sendern abhebt, sind außergewöhnlich schöne und ansprechende Bilder und mit Elena Barin eine Kommissarin, die deutlich sympathischer und interessanter ist als viele der weißen cis hetero Männer, die das Genre oft dominieren – zumal wenige dieser Kommissare ähnlich coole Outfits tragen oder die Fähigkeit haben, mit einer so treffenden Mischung aus Witz und Gelassenheit mit schwierigen Kolleg*innen umzugehen.
Wenngleich es im Krimi nur am Rande um Elenas Privatleben geht, gibt es immer wieder kleine Momente, die Einblicke hinter ihre ansonsten sehr gefasste und professionelle Fassade geben. Dabei geht es um ihre Identität als trans Frau, beispielsweise, als sie Kontakt zu einem ehemaligen Kollegen aufnimmt und sichtlich emotional wird. Darüber hinaus wird deutlich, dass sie ein Verständnis dafür hat, was es heißen kann, eine herausfordernde Vergangenheit hinter sich zu lassen. Im Vergleich zum Opfer und den Verdächtigen, wird Elena Barin aber nicht von den Dämonen der Vergangenheit eingeholt, sondern ist in einer Gegenwart angekommen, in der sie sich wohlzufühlen scheint und optimistisch in die Zukunft blicken kann.
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Eine gleichzeitig toughe und verletzliche Frau
Hayal Kayas feinfühliges und sympathisches Schauspiel, hat einen großen Anteil daran, dass Elena sich wie ein greifbarer Charakter anfühlt. Kaya schafft es wunderbar, die kurzen Szenen zu nutzen, um ihrem Charakter Tiefe zu verleihen, sodass mit Elena Barin eine gleichzeitig toughe und verletzliche Frau zu sehen ist, der man gerne beim Ankommen und Ermitteln am Bodensee zusieht. "Seeland" zeigt, dass es durchaus möglich ist, auch in einem sehr etablierten Genre einem trans Charakter Raum zu geben, ohne dass die trans Identität im Zentrum steht oder als erklärendes Element für ein vermeintlich unwissendes Publikum genutzt wird.
"Seeland" ist ein Polizei-Krimi mit einer klassischen Struktur, in dem wenig Unerwartetes geschieht. Es gibt aber einige stilistische und erzählerische Elemente, die neben den Charakteren dazu beitragen, dass es dennoch ein sehenswerter und unterhaltsamer Beitrag zum Genre ist.
Links zum Thema:
» "Seeland – Ein Krimi vom Bodensee: Dämonen" in der ARD-Mediathek
Mehr zum Thema:
» Interview mit Hayal Kaya: Wie fühlt man sich als erste trans Kommissarin im deutschen TV? (11.11.2024)
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