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Russland
Moskau: Razzien in mehreren queeren Clubs
Zum Jahrestag der Einstufung der "internationalen LGBT-Bewegung" als extremistisch kam es bei Razzien zu Festnahmen und Vorladungen zum Militärdienst. Der Leiter eines Gay-Reisebüros wurde verhaftet.

Club-Besucher*innen wurden teilweise über Stunden festgehalten, in einigen Fällen ihre Smartphones durchsucht (Bild: Screenshots Telegram)
- 30. November 2024, 15:02h 3 Min.
In Moskau haben Polizei und FSB in der Nacht zum Samstag mehrere Razzien in Szene-Clubs durgeführt. Mindestens drei Bars und Clubs seien durch russische Sicherheitsbeamte "als Maßnahme zur Bekämpfung von LGBT-Propaganda" durchsucht worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass.
In Onlinediensten veröffentlichte Videos aus dem Club "Arma" zeigten auf der Tanzfläche sitzende Besucher*innen sowie Polizeibeamte, die durch den Saal laufen und Befehle erteilen. Auf einem anderen Video ist zu sehen, wie Menschen mit erhobenen Händen aus dem beliebten queeren Club "Mono" im Zentrum Moskaus geführt wurden, vor dem ein Polizeifahrzeug parkte.
Dem Innenministerium zufolge durchsuchte die Polizei auch einen Club in der Skladotschnaja-Straße, der die "Ideologie der verbotenen LGBT-Bewegung propagiert" haben soll. Laut dem Portal Parniplus sei jener Club "Inferno" Hauptziel der Razzien gewesen. Ein weiterer Club dementierte Gerüchte über eine Razzia.
Festnahmen, Vorladungen zum Militärdienst und eine Verhaftung
Berichten in sozialen Netzwerken zufolge wurden Club-Besucher*innen teilweise über Stunden festgehalten. Einige Club-Besucher sollen Vorladungen zum Militärdienst erhalten haben. Es soll etliche Festnahmen gegeben haben, zu den Vorwürfen Widerstand gegen Polizeibeamte, "Hooliganismus" oder Visumüberschreitung. Ein rechtsextremer Telegram-Kanal veröffentlichte Videos von einigen Festgenommenen und private Handybilder eines mutmaßlichen schwulen Paares zu queerfeindlichen und rassistischen Kommentaren.
/ novayagazeta_enPolice in Moscow raided a number of queer party venues in the early hours of Saturday morning, exactly a year after Russias Supreme Court ruled the International LGBT movement to be an extremist organisation.
Novaya Gazeta Europe (@novayagazeta_en) November 30, 2024
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In einer seperaten Razzia seiner Räume hat die Polizei zudem den Leiter eines Reisebüros verhaftet, dem sie vorwirft, Reisen für schwule Männer organisiert zu haben. Der 48-Jährige Leiter von "Men Travel" soll "eine Reise für Anhänger nicht-traditioneller sexueller Werte über die Neujahrsfeiertage nach Ägypten" vorbereitet haben, berichtete Tass am Samstag unter Berufung auf die Strafverfolgungsbehörden. Konkret wird dem in Medien teilweise vorgeführten Mann das "Organisieren von Aktivitäten einer als extremistisch eingestuften Vereinigung" gemäß Artikel 282 des russischen Strafgesetzbuches vorgeworfen – was mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden kann.
Verfolgung nach Extremismus-Paragrafen
Die Razzien erfolgten genau ein Jahr nachdem das Oberste Gericht Russlands auf Antrag des Innenministeriums "die internationale LGBT-Bewegung" als extremistisch eingestuft und ihre Aktivitäten auf russischem Territorium verboten hatte (queer.de berichtete). Die unspezifische Formulierung macht es dem Staat möglich, queere Personen unter anderem strafrechtlich zu verfolgen. Bereits zuvor war gegen sie mit dem Gesetz gegen "Homo-Propaganda" vorgegangen worden, das zuletzt allgemein auf Erwachsene und um den Bereich Geschlechtsidenttät erweitert wurde und Bußgelder vorsieht, aber auch zum Verbot von Demonstrationen genutzt wurde. Gegen queere Organisationen wurde auch mit dem Gesetz gegen "internationale Agenten" vorgegangen.
Bereits kurz nach der Extremismus-Einstufung hatte es erste Razzien in queeren Clubs gegeben (queer.de berichtete), auch Mitte Oktober wurden zwei Clubs in Moskau durchsucht und über 50 Personen festgenommen. Nach einem Bericht von "Parniplus" führten innerhalb der letzten zwölf Monate mindestens sechs anti-queere Razzien in diveren Teilen Russlands zu strafrechtlichen Ermittlungen nach dem Extremismus-Paragrafen; mehrere Club-Besitzer sowie -Mitarbeitende befinden sich demnach derzeit in Untersuchungshaft oder in Hausarrest. (afp/nb)














