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Pforzheim
Volksverhetzung: Hass-Prediger will Urteil nicht akzeptieren
Wegen eines Aufrufs zum Töten Homosexueller hat ein Gericht einen Prediger einer selbsternannten Baptistenkirche in Pforzheim verurteilt. Doch das Verfahren geht in die nächste Runde.

Laienprediger Andy Shamoon bei seiner Hetzpredigt zum Pride Month 2023 (Bild: Screenshot Youtube)
- 12. Dezember 2024, 02:54h 3 Min.
Der Volksverhetzungs-Prozess gegen einen Prediger der vom Verfassungsschutz beobachteten "Baptistenkirche Zuverlässiges Wort Pforzheim" (BKZW) geht am Landgericht in die nächste Runde. Das Urteil des Amtsgerichts Pforzheim werde angefochten, teilte der Anwalt des Mannes mit.
In einem vor Gericht gezeigten Video einer Predigt unter der Überschrift "Gott hasst Menschen" spricht Redner Andy Shamoon alias "Bruder Andy" unter anderem davon, dass Homosexuelle eigentlich vom Staat vernichtet werden sollten (queer.de berichtete). Diese Menschen seien gefährlich. Auch sprach er von einer verwirrten, verdorbenen Gesinnung. Die Rede wurde im Juni 2023 live gestreamt und ein Video davon auf mehreren Internetplattformen veröffentlicht.
Richterin verhängte Geldstrafe über 6.000 Euro
Solche Aussagen griffen die Menschenwürde an, sagte die Vorsitzende Richterin bei der Urteilsverkündung vergangenen Donnerstag. Diese wiege schwerer als die Religionsfreiheit. Sie verhängte eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu 40 Euro. Damit wäre der 32 Jahre alte Mann vorbestraft (queer.de berichtete).
Sein Verteidiger hatte einen Freispruch beantragt. Er argumentierte unter anderem, das vor Gericht gezeigte Video der Predigt sei als Beweismittel ungeeignet, da seine Authentizität nicht gesichert sei. Einen Antrag, dies von einem Sachverständigen prüfen zu lassen, lehnte die Richterin aber ab. Vorausgegangen war ein Strafbefehl. Den hatte der Prediger nicht akzeptiert. Ferner hatte der Verteidiger erklärt, die Aussagen seines Mandanten seien Zitate von Bibeltexten oder deren Auslegung. Dies sei von der im Grundgesetz verankerten Freiheit zu Religionsausübung gedeckt. Die politische Forderung nach einer Todesstrafe wiederum sei per se straflos.
Abwertung von Homosexuellen und Demokratiefeindlichkeit
Seit Mai 2023 führt das Landesamt für Verfassungsschutz die BKZW als Beobachtungsobjekt im Phänomenbereich "Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates". Ihr ideologischer Fokus liegt laut Verfassungsschutzbericht auf der massiven Abwertung von Homosexuellen, die unverhohlen in öffentlich frei zugänglichen Reden gepredigt wird.
Nach diversen Anzeigen ermittelten auch die Strafverfolgungsbehörden gegen die Kirche. Aktuell werde noch gegen einen weiteren Beschuldigten wegen Volksverhetzung in mehreren Fällen sowie der Billigung von Straftaten ermittelt, so die Staatsanwaltschaft gegenüber der dpa. In diesem Zusammenhang hätten Einsatzkräfte im Januar die Kirchenräumlichkeiten in Pforzheim und eine Privatwohnung in Leipzig durchsucht.
Weiterer Hass-Prediger auf der Flucht
Bereits seit Ende 2021 berichtet queer.de in einem eigenen Schwerpunkt über die radikale Sekte und ihre wiederholten Mordphantasien gegen LGBTI. Als ihr Wortführer gilt der selbsternannte Prediger Anselm Urban, der bereits vor zwei Jahren in der Video-Botschaft "Queer-Beauftragter Sven Lehmann – Repräsentant des Abschaums der Gesellschaft" die Tötung des Grünen-Politikers und aller queeren Menschen im Land forderte. Der Strafverfolgung entzog sich Urban durch Flucht in die USA, wo er Unterschlupf bei seinen Glaubensgeschwistern der Faithful Word Baptist Church in Arizona fand. Sein Exil hinderte ihn nicht daran, im März 2023 den Ableger der Sekte in Pforzheim zu eröffnen.
Dort kam es auch durch andere Prediger immer wieder zu extrem queerfeindlichen Äußerungen, während die von Urban in den Auftritten der Kirche im Internet weiter verbreitet werden. Die BKZW nutzt nach Kenntnissen des Verfassungsschutz im Südwesten ausschließlich die Räumlichkeiten in Pforzheim als Anlaufstelle der aktiven Anhänger*innen, derzeit eine niedrige zweistellige Zahl. "Über ihre Onlineauftritte erreicht die 'Baptistenkirche' allerdings eine weitaus größere Zahl an Personen und verbreitet ihre extremistischen Inhalte somit auch über den genannten Kreis der Mitglieder hinaus", so ein Sprecher der Behörde. (dpa/cw)











