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"Besorgniserregend"
DGfS: Bayern verschlimmert psychisches Leid von trans Menschen
Mit scharfer Kritik reagiert die Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung auf einen Beschluss von CSU, Freien Wählern und AfD gegen trans Menschen.

Der blau-weiße Himmel über Bayern ist offenbar nach Ansicht von CSU, Freien Wählern und AfD nicht für trans Menschen da (Bild: Andreas Haldorsen / wikipedia)
- 19. Dezember 2024, 14:39h 3 Min.
Der bayerische Landtag hat am 5. November für den Regierungsantrag "Transitionstherapien nur in Ausnahmefällen" gestimmt. Dabei votierten neben CSU und Freien Wählern auch die AfD für den Entwurf. Nun übt die hoch angesehene Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung (DGfS) scharfe Kritik an dem Beschluss, da damit trans Menschen das Leben erschwert werden solle, nur um sich Wählerstimmen von transfeindlichen Menschen zu sichern.
In dem Landtagsbeschluss wird die Staatsregierung aufgefordert, "sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass sogenannte transaffirmative Behandlungen von Minderjährigen mit Pubertätsblockern, Hormontherapien oder geschlechtsverändernden Operationen nur in Ausnahmefällen möglich sind". Das Papier war mit einer Reihe anderer Anträge ohne Debatte im Plenum beschlossen worden, wodurch es wenig öffentliche Aufmerksamkeit gab.
Auch Deutscher Ärztetag in der Kritik
Die DGfS hatte bereits eine entsprechende Forderung des Deutschen Ärztetages als "politisch motiviert" und unwissenschaftlich kritisiert (queer.de berichtete). "Beide Ereignisse, auch wenn sie in ihrer Singularität zunächst wenig faktische Wirkung haben und eher Symbolpolitik darstellen dürften, sind besorgniserregend", erklärten Prof. Dr. Johannes Fuß aus Essen Prof. Dr. Richard Lemke aus Merseburg im Namen der Gesellschaft. "Sie sind zwei Beispiele für einer politischen Instrumentalisierung der geschlechtsbezogenen Gesundheitsversorgung, deren Negativbeispiele wir in anderen Staaten nur zu drastisch vor Augen geführt bekommen."
Sowohl der Bayerische Landtag als auch der Deutsche Ärztetag ignorierten laut DGfS in ihren Beschlüssen, dass medizinische Fachgesellschaften gerade an einer medizinischen Leitlinie zur Behandlung von transgeschlechtlichen Minderjährigen arbeiteten. "Diese fundierte Expertise einschlägiger medizinischer Fachgesellschaften soll entweder ignoriert werden oder sie ist den Beteiligten noch nicht einmal bekannt", beklagte die DGfS. "Es ist aber in Deutschland üblich, dass die medizinischen Fachgesellschaften sich anhand der wissenschaftlichen Literatur darauf verständigen, wie – nach dem aktuellen Kenntnistand – die beste Therapie erfolgen sollte." Es sei nicht die Aufgabe des Deutschen Ärztetages, "populistische Befindlichkeiten höher zu gewichten als etablierte, langjährige Verfahren der Entwicklung medizinischer Leitlinien".
Die DGfS mutmaßte, dass das politisch angeordnete Verbot anderer medizinischer Behandlungen – zum Beispiel depressiver Erkrankungen – große Empörung auslösen würde. "Auf Kosten von geschlechtlichen und sexuellen Minderheiten scheint dies jedoch für einige Personen opportun zu sein", so die Gesellschaft.
"Tabuisierung und Diskriminierung"
Restriktive Forderungen lenkten jedoch von der notwendigen Unterstützung transgeschlechtlicher Jugendlicher ab "und verschlimmern damit deren psychisches Leid durch Tabuisierung und Diskriminierung". Damit solle praktisch das Recht von trans Menschen auf Selbstbestimmung wieder eingeschränkt werden. "Wir verurteilen diese Tendenzen vehement und appellieren, sich dieser rückschrittlichen politischen Agenda zu widersetzen."
Bereits im Wahlkampf in den USA hatte Transfeindlichkeit eine große Rolle gespielt. Die Republikaner investierten in den acht Wochen vor der Wahl 35 Millionen Dollar, um transfeindliche Werbespots auszustrahlen (queer.de berichtete). Am Ende gewann er die Wahl, obwohl er im Gegenzug massiv queere Wählerstimmen verlor (queer.de berichtete). (cw)














