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Gastkommentar

Die tödliche Ignoranz des Donald Trump

Das wissenschaftsfeindliche Dekret von US-Präsident Donald Trump gegen geschlechtsanpassende Behandlungen bei Minderjährigen verlängert und erhöht die Qualen von trans Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen.


Protest gegen Trumps transfeindliche Politik am 17. Januar 2025 in New York City (Bild: IMAGO / ZUMA Press Wire)
  • Von Petra Weitzel
    31. Januar 2025, 13:33h 5 Min.

Stellen Sie sich vor, Ihr Kind kommt in die Pubertät und hat ein gesundheitliches Problem, das unter Umständen lebensbedrohende Formen annehmen kann. Eine politische Mehrheit hat jedoch beschlossen, dass es sich das alles in jedem Fall nur einbilden kann und sich durch soziale Kontakte "infiziert" haben muss.

Wissenschaftlich belegt ist das natürlich nicht, aber man kann wissenschaftlich aussehende Meinungen als Wissenschaft verkaufen. Man muss nur Leute befragen, von denen man im vornherein weiß, wie ihre Antwort lauten wird. Die Diagnose "infiziert" steht fest, bevor das Kind die Klinik betritt. Per Dekret von oben darf man ihrem Kind nur Psychotherapie anbieten, obwohl es wahrscheinlicher ist, dass es Medikamente braucht, die nichts mit psychischen Krankheiten zu tun haben. Das wäre aber strafbar. So soll es die nächsten vier bis fünf Jahre bei Psychotherapie bleiben, bis das Kind 18 ist. Bis dahin hätte dieser junge Mensch nichts über sich zu entscheiden.

Die UN-Kinderrechtskonvention sagt dazu etwas ganz Anderes, 95 Prozent der Verbände der sexualmedizinischen Fachleute in Deutschland und die WHO auch. Aus der WHO kann man als Staat austreten, die Gesundheitsbehörden im Land sind dann nur noch der Regierung Rechenschaft schuldig und nicht mehr weltweiten Standards. Also macht Ihr Staat dies mit der politischen Mehrheit, mit Auswirkungen auf alle.

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Die Auslöschung von trans Kindern und Jugendlichen


Unsere Gastkommentatorin Petra Weitzel ist 1. Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Trans- und Intergeschlechtlichkeit e.V. (Bild: dgti)

Donald Trump, Commander of Mischief, der gleiche, der Desinfektionsmittel gegen Coronaviren vorschlug, hat das alles gerade befohlen, die AfD will es auch. CDU/CSU drohen noch mit solchen Folterwerkzeugen. Sie wollen schon mal einen für sehr wenige der Betroffenen aber dafür extrem wichtigen Teil der Behandlungsmöglichkeiten verbieten. Es geht um geschlechts­angleichende Maßnahmen bei trans Jugendlichen.

In den USA gibt es diese Jugendlichen offiziell schon nicht mehr. Per Dekret wurden sie aus dem Regierungsapparat von langer Hand über Nacht gelöscht und das gründlich. Aus dem Weißen Haus heißt es: Man will nicht, dass Eltern ihre Kinder verstümmeln und unfruchtbar machen. Man stellt die Sache auf den Kopf: Jugendliche können angeblich überhaupt nichts selbstbestimmt brauchen und wollen, also sind das wohl die Eltern. Schuldig! Die kann man auch leichter bestrafen. In Texas wurde 2022 eine Familie vom Jugendamt verfolgt, weil die Behörde behauptete, der Suizidversuch ihres Kindes würde von der Einnahme von Hormonen herrühren. Tatsächlich wurde in diesem Fall die Verschreibung wegen des dortigen gesetzlichen Verbotes verweigert, das war der eigentliche Grund. Wie pervers ist das?

Mit der Bibel gegen Menschenrechte

Wir erinnern uns an Leelah Alcorn: Ein trans Mädchen aus Ohio, USA, dass 2014 sein Leben beendete, weil es keine medizinische Hilfe, also keine hormonelle Therapie, bekommen hat. Ihre Eltern hatten über vier Jahre lang ihre religiös-politische Linie befolgt und Ärzt*­innen genutzt, die genauso denken. Warum? Why the bible tells me so. Da steht zwar nichts dazu drin, aber es gibt ja genug radikal-evangelikale Vereinigungen, die alles passend auslegen. Aus diesem psychosozialen Schraubstock gibt es kein Entrinnen. Hätte Leelahs Tod nicht viele Menschen wachgerüttelt, würden wir in Deutschland noch auf ein Gesetz gegen "Konversions­therapien" warten.

Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, männlich und weiblich, so heißt es in der Bibel. Adam ist hebräisch für Mensch und nicht Mann. Eine sehr von ihrer Art zu glauben überzeugte junge Frau meinte anlässlich eines kirchlichen Gedenkens zum Transgender Day of Remembrance zu mir, man dürfe an der Bibel kein Wort und kein Jota ändern. Ich antwortete: Das ist schon passiert, oder wurde die Bibel in Deutsch oder Englisch verfasst? Sie ging weg, um sich beim Kirchenpersonal erfolglos über die Anwesenheit von trans Personen zu beschweren. Kritisches Hinterfragen ist in manchen Kreisen eben nur in einer Richtung en vogue.

Denken wir an Jayden Lowe aus Cambridge, Großbritannien. Als er sich dort 2017 mit 16 an die einzige Klinik für trans Jugendliche wandte, sagte man ihm, er müsse zwei Jahre warten. Das Warten war eine der Ursachen, warum die Statistik der Klinik eine exponentielle Steigerungsrate der Anfragen hatte. Man hat wohl die Menschen, die man nicht behandeln konnte, in die Statistik der Folgejahre verschoben. Das macht man gerne, wenn man vom Dienstherrn nicht genug Geld für mehr Personal bekommt. Überlastung einer Klinik ist aber schlecht für die Qualität. Als klar wurde, dass er während der Wartezeit 18 Jahre alt würde, sagt man ihm, er müsse sich neu bei einer Klinik für Erwachsene anmelden, Wartezeit weitere zweieinhalb Jahre. Am 22. September 2018 nahm er sich das Leben.

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Unnötige Quälerei aufgrund von Moralvorstellungen

Sicher gibt es trans Menschen, die die Zeit, bis sie 18 Jahre alt werden, irgendwie überstehen. Aber muss diese unnötige Quälerei für Menschen, die eine zu 99 Prozent sichere Diagnose von erfahrenen Fachleuten haben, wirklich sein? Wer will einen Staat, der sich derart in die intimsten Belange seiner Bürger*innen einmischt, und Moralvorstellungen aus Zeiten mit legalem Rassismus, verpesteter Luft und ohne wirksame Frauenrechte zu Gesetzen machen will? Was in den Mailings von Hassgruppen über trans Frauen und trans Jugendliche an Abgeordnete steht, verfängt offensichtlich.

Das sind die gleichen Leute, die für die gesundheitsschädliche Ignoranz gegenüber Menschen wie Leelah Alcorn verantwortlich sind und "Umpolung" oder Aussitzen unter Qualen statt einer von den sexualmedizinischen Fachgesellschaften empfohlenen Vorgehensweise propagieren.

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