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Musikgeschichte

Die ersten offen schwulen Rocker

Vor 50 Jahren – im Januar 1975 – brachte die US-Band Mickey's 7 um Leadsänger Mickey Brewster ihr Album "Rocket to Stardom" heraus. Man sagt, es sei die erste schwule Rock-LP – Porno inklusive.


Ausschnitt aus dem Cover der LP "Rocket to Stardom" von Mickey's 7
  • Von Caspar Shaller
    1. Februar 2025, 10:44h 4 Min.

Die 1970er Jahre waren eine wilde Zeit. Das Jahrzehnt nach den Studentenunruhen von 68 standen ganz im Zeichen der sexuellen Revolution. Dazu gehörte auch die Befreiung der LGBTI-Community von der Unterdrückung. In den USA formierte sich zu der Zeit die Gay Liberation Movement. Doch wo Hippies, Linke und später Punks einen reichen Kosmos an Popkultur schufen, bleibt uns von den Queers nicht ganz so viel. Gerade in der Musik der Zeit sind Spuren der Gay Liberation manchmal schwer zu finden.

Darum lohnt es sich, an das 50. Jubiläum der Rock-LP "Rocket to Stardom" der Band Mickey's 7 zu erinnern. Im Januar 1975 erschien die als erstes schwules Rockalbum beworbene Platte. Und das Marketing meinte es ernst: Leadsänger Mickey Brewster war zuvor in Erotikmagazinen aufgetaucht, und das Album wurde mit pornografischen Bildern der Band vermarket.

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Ein Ritt auf Mickeys Rakete

Der Plattentext raunt: "Wer schon Fan von Mickey ist, weiß, dass die 7 sich nicht auf die Anzahl Mitglieder der Band bezieht." Sondern auf seinen Schwanz, der 7 Inch (knapp 18 Zentimeter) lang sein soll. Einen guten Ritt auf Mickeys Rakete wünscht der Text…


Jugendfreier Ausschnitt aus dem Pornoheft "Coq"

Und es ist tatsächlich ein Ritt in aller Zweideutigkeit. Die Lieder haben Namen wie "Stroke my Spoke" (Streichel meine Speiche) oder "I got my right Hand" (ich hab meine rechte Hand). Die Platzierung als letzter Track lässt etwas Mitleid mit dem armen Mickey aufkommen, der nach so viel Balzgesang nun doch einsam ist.

Direktlink | Der Song "Stroke my Spoke" von Mickeys' 7
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Doch es schwingt auch etwas Politik mit, nicht zuletzt im Track "Maybe I need Him, Mabye I need Medi-care" (vielleicht brauche ich ihn, vielleicht brauche ich Medi-Care) in Anspielung an die staatliche Krankenversicherung für Bedürftige in den USA: Die Songs, so weit man sie im Internet findet, sind feinster 70er-Jahre-Rock mit einem guten Zusatz an Funk, der an Bands wie The Animals erinnern.

Lyrics zum Track "Uranus (Space Butthole)"

Sitting on a planet in a corner of the sky
gazing at the heavens and the meteors passing by
Sputnik cannot see me cause I'm past the mikly way
living in a crater, yeah I'm happy here to stay
Uraaaaanus, Space butt hole
will you come and see me when you get away from home
we can float up past the place, at night we'll be alone
and mommy and your daddy cant tell you what to day
we can lay in bed and screw and screw and screw
Uraaaaanus, Space butt hole
(interlude)
if its very lonely in the corner of the sky, waiting here all by myself
sometimes I almost cry
sitting on your uranus cold and bare is not much fun
when you got a meet its just no good with no fun
Uraaaaanus, Space butt hole
wawaa wawaa wawaa

Genauere Informationen über die Band sind schwer zu finden. Wenn man sich durch YouTube-Kommentare und Musikforen wühlt, findet man ein bisschen mehr raus. Oft haben die Aussagen eher Charakter von Gerüchten oder Hörensagen, die man so schnell nicht bestätigen oder entkräften kann, etwa dass hinter den Songs eigentlich heterosexuelle Musiker aus San Antonio, Texas steckten.

Der Produzent wanderte 1975 in den Knast

Auf der (leider) seit 2015 nicht mehr aktualisierten Seite queermusicheritage.com findet sich etwas mehr Substanzielles. So soll der Produzent der Platte Roy C. Ames gewesen sein, ein für sein ausbeuterisches Geschäftsgebaren bekannter Musikmanager. Dazu soll er noch eine dicke Akte an Anklagen wegen sexueller Übergriffe und sogar Kinderpornografie gehabt haben, für die er elf Jahre in den Knast wanderte – genau ab 1975, als "Rocket to Stardom" erschien.


Werbung für "Rocket to Stardom" im Gay-Magazin "Advocate"

Aus seiner Zelle konnte Produzent Ames dann wenig Marketing für seine sonst doch genau richtig für den Höhepunkt der Gay Liberation getimte schwule Rockband machen. Vielleicht deshalb verschwand die Band um Mickey Brewster schnell aus dem Rampenlicht. Ein zweites Album folgte leider nie.

Vielen Dank an Erwin In het Panhuis, der uns auf das Jubiläum aufmerksam machte.

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