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Berlin

Queere Diskussion vor der Wahl: "Lieber Sekt statt Nazis"

Im "taz Queer Talk" diskutierte Jan Feddersen mit Schwester Daphne von den Schwestern der perpetuellen Indulgenz, Jackie-Oh Weinhaus von Travestie für Deutschland und Folsom-Vorstand Denis Watson über die Wahl am Sonntag.


Diskutierten am Mittwochabend in der "taz"-Kantine (v.l.n.r.): Folsom-Europe-Vorstand Denis Watson, Jackie-Oh Weinhaus von Travestie für Deutschland, Schwester Daphne von den Schwestern der perpetuellen Indulgenz und "taz"-Redakteur Jan Feddersen

Am Mittwochabend zur besten Sendezeit traf sich in der "taz"-Kantine in Berlin-Kreuzberg Lokalprominenz aus der queeren Community, um unter Anleitung (Moderation) von Jan Feddersen das Statement "Lieber Sekt statt Nazis" zu bekräftigen. Es diskutierten Denis Watson (Vorstand bei Folsom Europe Berlin), Jackie-Oh Weinhaus (Travestie für Deutschland) und Schwester Daphne von dem wunderbaren Orden der Schwestern der perpetuellen Indulgenz. Ob es allerdings wirklich Sekt war oder doch Wein, ließ sich nicht eindeutig bestimmen. Auf jeden Fall floss es recht rosé in die Gläser – und so ungefähr rosé blieb auch die Diskussion für anderthalb Stunden.

Denn eigentlich ist doch zur Wahl am Sonntag, auch zum Rechtsruck in der Politik und in der Gesellschaft, zur Frage, ob die Dämonisierung der CDU hilfreich ist, ob der CSD wirklich Politik macht oder doch nur Party liebt, eigentlich ist doch zu all diesen Fragen schon alles gesagt. Und deshalb gilt am Ende, das Wahlergebnis abzuwarten, um zu wissen, was wir uns Wähler*innen selber bescheren. Ob Berlin am Abend des 23. brennen wird, wie Jackie-Oh meinte, und der Bär sozusagen den Aufstand probt, ist unwichtig. Viel wichtiger dürfte sein, dass wir nüchtern werden und unsere Wut in kühlen Verstand verwandeln. Denn die nächsten Jahre werden mit Sicherheit so oder so magere Jahre werden.

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Bekenntnis zur Solidarität

Denn dass wir uns nicht wegducken wollen, worauf Jackie-Oh ebenfalls bestand, und es in unseren queeren Angelegenheiten nicht darum geht, eine Extra-Wurst zu bekommen oder irgendjemandem etwas wegzunehmen, sondern wir einfach nur die gleichen Rechte wollen wie alle anderen, das haben wir zwar schon oft gesagt, aber wir werden es noch öfter sagen müssen, bis es in der hintersten Ecke angekommen ist. Daphne schloss sich dem an und sprach hier für den ganzen Orden: Der Kampfgeist sei wacher denn je. Genau das werden wir brauchen – wach sein und kämpferisch sein.

Dazu gehört für Daphne ganz selbstverständlich das Bekenntnis zur Solidarität mit den trans, inter und nichtbinären Geschwistern aus der großen queeren Community. Danke, Daphne – und ihr nehme ich das sofort ab. Es gehe nicht darum, so Denis, dass es nur den Schwulen gut gehe. Also auch hier eine klare Positionierung für solidarisches Handeln. Das ist nur zu begrüßen, und sicherlich nicht überall selbstverständlich.

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Griff in Wespennester

Bei allem Einverständnis, so gab es an zwei Stellen des Abends dann doch den Griff in Wespennester. Das erste war die Frage, wieviel Geschlechter es gebe, die die Emotionen kurz aufschäumen ließen. Es haben uns ja schon viele erklärt, dass es nur zwei davon gebe – zuletzt der amerikanische Präsident Trump und anschließend ganz gehorsam der Unions-Kanzlerkandidat Merz. Worüber streiten wir eigentlich? Dass es unterscheidbar Frauen und Männer gibt? Natürlich gibt es die, aber eben nicht auf Kosten von trans, inter und nichtbinären Menschen. Vielleicht schaffen wir es ja eines Tages, dass die große cis Welt kapiert, dass es uns nicht um deren Biologie geht, sondern um unsere Geschlechtsidentität. Vielleicht haben sie dann auch kapiert, dass niemand cis sein muss.

Sei's drum, die Diskussion schwappte hier für einen Moment über, und zwar so wie wenig später bei der Frage, von wem eine größere Bedrohung ausgehe – von den Rechten oder von den Islamisten. Wahrscheinlich macht es am Ende keinen Unterschied, ob mir ein Nazi oder ein Islamist die Nase blutig schlägt, wenn er mich nicht ohnehin gleich umbringt. Aber hilfreich wäre es, wenn wir genau benennen, von wem Gewalt ausgeht. Und dass wir dabei zu unterscheiden lernen zwischen Islam und Islamismus, um nicht in Rassismus zu verfallen oder um die einen gegen die anderen auszuspielen, so wie wir dringend zwischen konservativ und rechts unterscheiden sollten.

Direktlink | Der komplette "taz Queer Talk: Sekt statt Nazis" auf YouTube
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Der Abend hat gezeigt, dass wir keineswegs einer Meinung sein müssen, von ein paar Basics wie etwa dem solidarischen Handeln einmal abgesehen, um mit einander reden zu können. Wir werden nach dem 23. Februar unsere Sprechfähigkeit auch beweisen müssen, wenn wir bei der Union anklopfen. Denn das wird sich nicht vermeiden lassen. Diejenigen, die sich aufs Brückenbauen verstehen, werden wohl klar im Vorteil sein. Bleiben wir also kämpferisch – und hoffentlich wird es dann 2025 einen extragroßen CSD und einen extragroßen Folsom geben. Also, tu was!

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