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"Unholy"-Countdown, Folge 1
Die Heiligen der Woche: Bakchos, Sergios und Vissaríon
Am 15. April kommt mit dem Coffee-Table-Book "Unholy" die erste "fast vollständige Hagiographie der schwulen Heiligen" heraus. Bis zum Erscheinungstermin gibt's bei uns ab sofort jeden Sonntag einen exklusiven Preview.

Bild: F.G. Borghi
- Von Björn Koll
23. Februar 2025, 17:33h 3 Min.
"Unholy" heißt die erste "fast vollständige Hagiographie der schwulen Heiligen", die am 15. April bei Salzgeber erscheint. Bis zum Erscheinungstermin des Coffee-Table-Books gibt's bei uns ab sofort jeden Sonntag einen exklusiven Preview der ikonischen Bilder von F. G. Borghi und göttlichen Texte von Björn Koll.
Wir beginnen mit dem Dreigestirn vom Buchcover: Bakchos, Sergios und Vissarión.
Sergios und Bakchos, auch Sergius und Bacchus (alt-griechisch Σέργιος και Βάκχος, angeblich † um 303 in Resafa, Syrien) waren erastai (altgriechisch Liebende) und durch den Ritus der Adelphopoiesis (Bruderschaft) miteinander verbunden. Sie sind als frühchristliche Märtyrer bestens bekannt. Aber wir kennen auch Vissaríon, und damit die ganze Wahrheit. Vissaríon war der Dritte im Bunde, auf den Sergios und Bakchos einfach nicht verzichten wollten, weil er ihre Beziehung aufpeppte. Eine ganz moderne Ehe zu dritt sozusagen.
Die drei schoben langweilige Wachdienste in Resafa, das an der Strata Diocletiana (Diokletianische Straße) im Norden Syriens in der Wüste lag. Es standen die in der römischen Armee üblichen Versetzungen an: Sergios sollte nach Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Köln), Bakchos nach Lutetia Parisiorum (Paris) und Vissaríon sogar nach Londinium (London), also an den Arsch der Welt, versetzt werden. Weil darauf keiner von ihnen Lust hatte, beschlossen sie – angestiftet von Vissaríon, der ein kleiner Rebell war – zu desertieren. In Frauenkleidern marschierten sie die Strata Diocletiana über Damaskus bis nach Bostra hinunter, dann weiter nach Petra, wo ihnen Beduinen zur Flucht nach Ägypten verhalfen. Dort tauchten sie unter und gründete unter falschem Namen in Assuan ein sehr schönes Hotel mit breiten Betten, weicher Bettwäsche, einem Spa, freundlichen Mitarbeitenden, einem tollen Blick auf die Katarakte im Nil und allem, was sonst noch so dazugehört.
Die römische Armeeführung war sauer, und damit das Beispiel nicht Schule machte, wurde eine wilde Geschichte erfunden. Darin ging es um Auspeitschen bis zum Tode, Enthauptung, Frauenkleider als Strafe, eine goldene Hellebarde, die irgendwo in Italien vom Himmel fiel, und Leichen, die in den Euphrat geworfen und nun von Adler und Löwe bewacht würden… Nun ja. Vissaríon, als der vermeintliche Hauptschuldige, wurde in diesen Geschichten einfach gecancelt. Sergios und Bakchos machten derweil in den ostorthodoxen und orientalisch-orthodoxen Zweigen der katholischen Kirchen Karriere, wurden aber dann ausgerechnet 1969, parallel zu Stonewall, aus dem Martyrologium gestrichen.
Bakchos, Sergios und Vissaríon kümmern sich um kluge Soldaten, vertreiben Langeweile und helfen Hoteliers, ganz besonders an ihrem Gedenktag, dem 8. Januar.
Der Text ist ein Vorabdruck aus dem neuen Buch "Unholy" von F.G. Borghi (Illustrationen) und Björn Koll (Text), das am 15. April 2025 bei Salzgeber erscheint. In der Vorbemerkung heißt es: "Was Sie in diesem Buch lesen, gehört in die Kategorie Historische Fiktion, einige würden vielleicht auch von Historischem Blödsinn sprechen. Will sagen: Keiner der hier beschriebenen Heiligen hat je gelebt und nichts von dem, was über sie behauptet wird, stimmt." Jetzt vorbestellen im Salzgeber.Shop.
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