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Gen Z am Siam Square

"Gelboys" – eine queere Serie am Puls der Jugend

Der neueste Serienhit aus Thailand wirft einen Blick auf das Liebesleben der Generation Z zwischen Schule und TikTok.


Chian (Mitte, Pide Sumonvarangkul) und seine gestylten Nägel haben Fou4Mod (l., New Tunprayoon) und möglicherweise auch Bua (r., Leon Zech) fest im Griff

Wer kein Problem mit englischen Untertiteln und Werken aus vergleichsweise weniger vertrauten Ländern hat, kann mit "Gelboys" derzeit kostenlos eine neue beeindruckende queere Serie aus Thailand verfolgen. Zu sehen ist sie in den TV- und Phone-Apps und auf der Webseite von iQiyi – die insgesamt sieben Folgen erscheinen jeweils samstags, ohne Abo eine Woche nach der Erstveröffentlichung.


Worum geht es? Schüler Fou4Mod hat gerade die Trennung von seiner Freundin hinter sich, die sich auch mit einem anderen Jungen traf und sich nicht auf einen Beziehungsstatus festlegen wollte. Dann wird er auf seinen Mitschüler Chian aufmerksam, auf seine gestylten Nägel, bemerkt Gefühle für ihn – doch der durchaus mit ihm flirtende Chian erscheint als Player, der sich auch nicht auf jemanden festlegen will. Fou4Mod setzt seinen besten Freund Baabin ein, um Chian eifersüchtig zu machen. Doch der hat mit Bua auch einen Jungen an seiner Seite (gespielt von Leon Zech, einem Model und TikToker mit deutschem Migrationshintergrund).

Direktlink | Der Trailer bei Youtube, engl. Untertitel sind einblendbar
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Da ahnt man nach wenigen Folgen noch nicht, wer mit wem als Paar enden könnte, wenn überhaupt, aber spürt ein großes aufziehendes Gefühlschaos – das hier sehr genau und mit viel Zeit unter die Lupe genommen wird, ohne dabei zu langweilen. Obwohl auch die Langeweile des Alltags und das Rumhängen im Einkaufs- und Kulturviertel rund um den Siam Square ebenso eingefangen wird wie Einsamkeit oder die bisweilen peinlich wirkende, weil an einen selbst erinnernde Ratlosigkeit und Unbeholfenheit der Protagonisten. Faszinierend, wie die Jugend Smartphone und soziale Netzwerke ganz selbstverständlich ins Flirten einbaut – und sich über lange Blicke bis hin zum bewussten Ignorieren doch so schüchtern, chaotisch wie liebevoll anstellt wie die Generationen zuvor. Eifersuchtsdramen rund um Spotify-Playlists hat man freilich so noch nicht im Fernsehen gesehen.

Was passt zu einer Jugend, die bereits damit aufgewachsen ist, Tablets im Unterricht zu nutzen, für TikTok-Videos zu tanzen oder all die Snacks und Getränke nach der Schule mit QR-Code zu bezahlen. Letzteres ist wie vieles in der Serie thai-spezifisch, und man wird ohne Landeskenntnis manches nicht verstehen oder übersehen – etwa das mutmaßliche trans Mädchen in Jungenschule und -uniform, die im Original teilweise verwendete Jugendsprache, die koreanischen Einflüsse samt des Übergangs von BTS-Musik zum Verkehrsmittel namens BTS oder die Spitznamenbenennung des Hauptrolle nach einem Girl-Pop-Duo der Nullerjahre.

/ ANTHRNX13 | Ein kurzer Hintergrund zur häufig im Hintergrund zu sehenden Faifa-Rolle, bei der nach drei veröffentlichen Folgen noch unklar ist, ob sie noch eine größere Rolle spielen könnte. Man würde sich einen näheren Blick auf sie ebenso wünschen wie auf die junge Elterngeneration, deren Musikgeschmack hier vom Nachwuchs bereits als "alt" abgekanzelt wird

Wobei das Thai-Spezifische ebensowenig schadet wie das Gen-Z-Spezifische, denn Kamera und Handlung werfen oft einen beobachtenden, fast dokumentarischen Blick auf das Geschehen, der frisch und kreativ wirkt und Neugierde weckt – auch auf eine Generation mit offeneren Geschlechterrollen und weniger gesellschaftlichen Erwartungen zur sexuellen Orientierung. Überwiegend mit einem Iphone gedreht entstand ein sehr real wirkendes Drama, das nebenbei den Alltag Bangkoks einfängt. Lediglich die bisweilen unzulänglich wirkenden Untertitel stören etwas. Der catchige Titelsong stammt derweil von der Boyband Bus und handelt sehr passend von einem Kein-Status-Beziehungsstatus.

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Serien-Lieferant Thailand

Regisseur Boss Kuno und sein Team von Buch über Kamera bis Musik hatten bereits vor wenigen Jahren mit dem einfühlsamen und schon fast schmerzhaft real wirkenden Coming-out-Drama "I told sunset about you" ein Meisterwerk hingelegt. Die Miniserie mit Kinooptik und tollem Score ist derzeit kostenlos bei Viki (5 Folgen, dt./engl. Untertitel) zu sehen.

Direktlink | Trailer zu "I told sunset about you", engl. Untertitel sind einblendbar
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Im letzten Jahr legten Kuno & Co. den Kinofilm "The Paradise of Thorns" vor, mit Superstar Jeff Satur in der Hauptrolle eines schwulen Durian-Farmers (in Deutschland ist das Drama noch nicht, in manchen Ländern bereits bei Netflix zu sehen). Was romantisch beginnt entwickelt sich zu einer kraftvollen Anklage über Diskriminierung und soziale Ungerechtigkeit, die Menschen unmenschlich werden lassen.

Direktlink | Trailer zu "The Paradise of Thorns"
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All diese Werke sind einige der besten Beispiele des Trends in Südost- und Ostasien zu Stoffen mit Jungs-Romanzen, den sogenannten BL-Serien, und der durch die Erfolge möglich gemachten Professionalisierung und Diversifizierung des Genres, dessen vermeintliche Grenzen zu queeren Stoffen fließend sind. Zugleich werden, vom "Westen" noch viel zu unbemerkt, noch immer so viele BL-Reihen produziert, dass man ein ganzes Portal dazu machen könnte. Aktuell populär, um nur eine Serie zu nennen, ist etwa die 13-teilige Reihe "ThamePo" (kostenlos mit engl. Untertiteln bei Youtube), in der sich der Sänger einer Idol-Band (besetzt mit der echten Gruppe LYKN) und ein Produktionsangestellter näher kommen. Während die Romanze vergleichsweise langsam – und manchen zu langsam – inszeniert ist, bietet das hochwertige Drama spannende Einblicke in die guten und schlechten Seiten von Idol- und BL-Industrie und ihres Fandoms.

Direktlink | Vor-Produktions-Trailer zu "ThamePo", engl. Untertitel sind einblendbar
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Als früher Wegbereiter von queeren und BL-Stoffen in Thailand gilt übrigens der erfolgreiche Kinofilm "Love of Siam" aus dem Jahr 2007, derzeit zu sehen bei OutTV bei Prime Video (Amazon-Affiliate-Link ). Auch der Film spielt in der Gegend um den Siam Square – und soll demnächst als Musical wiederbelebt werden.

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