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Sport

Corny Littmann rät Fußballern vom Coming-out ab

Im Podcast "Millerntalk" zeigte der ehemalige St.-Pauli-Präsident Gründe auf, warum es kein Coming-out eines aktiven Profispielers geben werde.


Theaterchef, Schauspieler, Regisseur, Präsident eines Fußballvereins und Aktivist – Corny Littmann prägte Hamburg über Jahrzehnte (Bild: Stefan Malzkorn)

  • 10. März 2025, 14:31h 4 Min.

Corny Littmann, der queere Aktivist, Miteigentümer der Schmidts Tivoli GmbH und ehemalige Präsident des FC St. Pauli, hat in einem neuen Gespräch in der Podcast-Reihe "Millerntalk" vom "Hamburger Abendblatt" unter anderem über Homophobie im Fußball gesprochen.

Homophobie gebe es "noch in erschreckend hoher Anzahl in Deutschland" und das spiegele sich natürlich bei den Vereinen, Mannschaften und Spielern wieder, betonte der 72-Jährige. Alle sie seien ein Spiegel der Gesellschaft.

Littmann war für den fast einstündigen Podcast aus Salvador in Brasilien zugeschaltet, wo er seit den letzten Jahren immer gut die Hälfte des Jahres verbringe. Dort betreibt er zusammen mit Brasilianern das schwule Gästehaus Villa Encantada. In dem Gespräch ging es unter anderem über seine Zeit als Präsident, die damals schwierige Lage und Entlassungen, den Aufstieg in die Bundesliga. Auch Littmanns Sorgen um die "Zukunft in der Welt" kamen zur Sprache, Sorgen um die Präsidentschaft Trumps und deren Auswirkungen auf die Ukraine und Europa: "Das sind schon Entwicklungen, die sind furchterregend, beängstigend."

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Coming-out von Profi-Spieler "wird nicht passieren"

Näher ging Littmann auf ein Dauerthema ein: "Wann oder wird es passieren, dass sich ein aktiver Spieler der ersten Bundesliga oder der zweiten Bundesliga outet? Dann sage ich, nein, das wird nicht passieren. (…) Es wird nicht passieren und ich kann es auch keinem empfehlen."

Der Grund: "Ein Spieler, der sich outet, wenn er es alleine tut – anders wäre es, wenn das zehn, 15 Spieler gemeinsam tun würden – dem wird im Laufe seiner Karriere und wahrscheinlich sogar darüber hinaus immer das Etikett [anhaften], das ist der schwule Spieler, der ist kein Verteidiger, der ist kein Stürmer, das ist der schwule Spieler." Den Stempel bekomme er aufgedrückt, "im Positiven wie im Negativen" bis hin zu Beleidigungen wie "Iih, das schwule Schwein".

Damit zu leben sei "für einen relativ jungen, lebensunerfahrenen Menschen" eine solche Belastung, die er niemandem empfehlen könne. Dazu komme, dass die Karriere vielleicht um das 35. Lebensjahr herum vorbei sei, ähnlich wie bei einem Balletttänzer. Es gebe also nur einen begrenzen Zeitrahmen, in dem der Spieler Geld verdienen könne.

Was passiert beim üblichen Vereinswechsel nach einigen Jahren?

Littman sponn das Beispiel weiter, wenn sich ein Spieler bei St. Pauli outen würde: "Dann schreien alle: Hurra, endlich einer. Der hat die Sympathien aller St.-Pauli-Fans und wahrscheinlich auch großer Teile der Öffentlichkeit." Eine gute Leistung könnte das Interesse anderer Vereine wecken. Aber der Spieler wisse nicht, in welche Umgebung er später wechsele, welche Einstellungen zu einem schwulen Spieler Präsidium, Sportvorstand oder Trainer hätten.

Dazu käme, dass Mannschaften Fußballer aus verschiedenen Ländern zusammenbringen. "Die Spieler aus Japan, aus Kroatien, Serbien, Russland, wer auch immer, sind kulturell anders geprägt." Es bestehe die Gefahr, dass ein "schwuler deutscher Spieler von seinen Mitspielern, die ja mit völlig anderem kulturellen Hintergrund oft in den Mannschaften spielen oder im Verein spielen, nicht akzeptiert wird", und für den Verein die Gefahr von Problemen in der Mannschaft. Die von den Podcastern in Spiel gebrachten Weigerungen von Kapitänen, Regenbogenbingen zu tragen, seien wie das Verhalten des Spielers Kevin Behrens kürzlich ein Indiz, dass Akzeptanz fehlen könnte.

Littmann: Schwule Profis gibt es

Auf die Frage, ob er von aktiven schwulen Spielern im Profifußball wisse, sagte Littmann: "Also, erstens, es gibt sie zu Hause. Zweitens weiß ich auch, wer dazugehört. Und drittens würde ich niemals einen Namen erwähnen." Dass es sie gebe, sei auch ein Spiegel der Gesellschaft mit ihrem Prozentsatz von schwulen Männern.

Das Coming-out Hitzlspergers, mit dem dieser "hervorragend umgegangen" sei, war damals eine "wochenlange Debatte und permanentes Thema", so Littmann. Eigentlich sei das "eine Banalität" und "im Optimalfall eben eine Nachricht wie morgen werden es 15 Grad". Andererseits sei es aber gerade auch für den Spieler keine Banalität.

Die Kehrseite sei ja auch: "Wie viel Energie kostet es einen Spieler, seine wahre Leidenschaft sexuell jetzt dauerhaft zu verbergen?" Dieser versuche, "sich in jedem Detail seines Lebens heterosexueller zu verhalten als alle anderen". Zugleich könner er die Homosexualität nicht ausleben: "Der kann doch nicht in irgendeine schwule Kneipe reingehen. Der kann doch nicht mit Foto in irgendwelche Dating-Apps gehen. Der kann doch keinen anderen normal treffen." Und dieses "Versteckspielen über Jahrzehnte hinweg" beginne "ja nicht erst mit 18", "das fängt ja schon mit 13, 14, 15 an". (cw)

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