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Hamburg
Mit ihm konnte die CDU Großstadt: Ole von Beust wird 70
Neun Jahre regierte der liberale CDU-Politiker Ole von Beust die Hansestadt Hamburg. Während seiner Amtszeit wurde er vom eigenen Vater geoutet. Am kommenden Sonntag feiert er seinen 70. Geburtstag.

Ole von Beust, hier im Februar 2025 als Gast beim "Hamburger Hafen Talk" im Blockbräu, war von 2001 2010 Erster Bürgermeister von Hamburg (Bild: IMAGO / Stephan Wallocha)
- 7. April 2025, 04:40h 4 Min.
Ole von Beust führte die CDU in Hamburg zeitweise zur absoluten Mehrheit und schmiedete die erste schwarz-grüne Koalition auf Landesebene. Am Ende aber kam der heimatverbundene Hanseat und Vertreter einer liberaleren CDU, die auch "Großstadt kann", doch an seine politischen Grenzen: Nach neun Jahren als Erster Bürgermeister von Hamburg verkündete ein zunehmend amtsmüder von Beust 2010 seinen Rückzug. Am kommenden Sonntag wird er 70 Jahre alt.
Mit der aktiven Politik hat der Spross einer alteingesessenen Familie mit Adelshintergrund seit seinem Rückzug nichts mehr zu tun. Seit 2013 betreibt der gelernte Jurist ein Beratungsunternehmen. Er lebt gemeinsam mit seinem 36 Jahre jüngeren Ehemann laut Berichten in Hamburg und auf Sylt. Auf die Frage, was ihn glücklich mache, äußerte er in einem Interview: "Mein Mann, ein skandinavischer Kriminalroman und mein Balkon bei Sonne."
Eher sporadisch beantwortet von Beust Fragen zu politischen Themen, wobei er sich seiner eigenen Partei gegenüber durchaus kritisch gibt. Es sei "doch nicht der Markenkern der Union, gegen schwule Ehen oder für Atomkraft zu sein", sagt er bereits 2013 in einem Interview, das sich auch auf heutige Debatten in der CDU beziehen könnte. Konservativ dürfte kein "diffuses Bauchgefühl" bleiben, sondern müsse eben "einer Begründung standhalten".
Schon als Schüler trat er in die CDU ein
Geboren wurde von Beust, der bei Geburt eigentlich Carl-Friedrich Arp Freiherr von Beust hieß und sich den Namen Ole erst später aufgrund eines von einer Großmutter genutzten Kosenamens eintragen ließ, am 13. April 1955 in Hamburg. Er wuchs in wohlgeordneten Verhältnissen auf. Sein Vater war Bezirksamtschef und Gründungsmitglied der Hamburger CDU.
Bereits als Gymnasiast trat von Beust der CDU bei, wurde Landeschef der Nachwuchsorganisation Junge Union. Als 23-Jähriger zog er 1978 erstmals als Abgeordneter in die Bürgerschaft ein, machte sich einen Namen. Nach der Bürgerschaftswahl 1993 wurde der eloquente von Beust im Alter von 38 Jahren Fraktionschef und damit Oppositionsführer.
Der Rausschmiss von Ronald Schill
In seinem zweiten Anlauf als Spitzenkandidat bei einer Bürgerschaftswahl gelang von Beust mit den Christdemokraten 2001 der Machtwechsel in der seit Jahrzehnten von der SPD regierten Hansestadt. Er schmiedete eine Koalition mit der rechtspopulistischen Partei Rechtsstaatlicher Offensive des früheren Amtsrichters Ronald Schill. Diese endete nach zwei Jahren in Schlammschlachten, im Sommer 2003 warf von Beust Schill aus dem Senat.
In einer bis heute denkwürdigen Pressekonferenz unterstellte Schill von Beust daraufhin eine Liebesaffäre mit dem damaligen Justizsenator. Die politische Konsequenz war eine Neuwahl, für von Beust persönlich aber änderten die Vorgänge ebenfalls manches. Zwar versteckte er seine Homosexualität nie, thematisierte sie aber in der Öffentlichkeit auch nicht.
Vom eigenen Vater geoutet
Das übernahm kurz nach den Ereignissen um Schill kurzerhand von Beusts Vater in einem Zeitungsinterview voller privater Einblicke. Er berichtete darin etwa von dessen erstem Freund. "Ein reizender Junge", sagte der Senior.
Das Outing vor großem Publikum war laut von Beust nicht abgesprochen. Er reagierte nach eigenen Angaben zunächst "perplex", war seinem Vater aber später dennoch dankbar. "Im Nachhinein hatte er Recht", sagte von Beust 2013. Ansonsten kehrte von Beust zu seinem hanseatisch-zurückhaltenden Umgang mit dem Thema zurück. Es sei eben "Privatsache". Ausnahmen machte er selten, so als er 2013 die Heirat mit seinem Lebensgefährten bestätigte.
Erste schwarz-grüne Koalition auf Länderebene
Nach dem Bruch mit Schill befand sich von Beust auf dem Zenit seiner Popularität, die Wahl 2004 gewann die CDU mit absoluter Mehrheit. Vier Jahre später wurde sie erneut stärkste Kraft, brauchte aber einen Partner. Von Beust wählte die Grünen – damals ein ungewöhnlicheres Experiment, als es heute erscheint. Es war die erste schwarz-grüne Koalition auf Länderebene.
Das Bündnis funktionierte, aber der Regierungschef entfremdete sich dadurch von der CDU und deren Basis. In den Augen vieler Beobachter*innen erschien der sonst so smarte und mediengewandte von Beust zwei Jahre später zunehmend amtsmüde und gereizt. Den Endpunkt setzt das Scheitern einer Schulreform zur Verlängerung der Grundschulzeit. Von Beust setzte sich mit den Grünen vehement für die Idee ein, die in Teilen des CDU-Umfelds verhasst war.
Eine Bürgerinitiative erzwang einen Volksentscheid, der die Schulreform im Februar 2010 zum Scheitern brachte. Kurz vor der Bekanntgabe des Ergebnisses verkündete von Beust seinen Rückzug zum August. "Es gibt für alles eine Zeit", sagt er damals. Seinen Entschluss bereute er nach eigenen Angaben nie. (cw/AFP)













