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- 01. August 2006 2 Min.
Seit fünf Jahren können Schwule und Lesben heiraten - noch ist die Eingetragene Partnerschaft gegenüber der Ehe aber benachteiligt.
Von Dennis Klein
Für den Lesben- und Schwulenverband (LSVD) ist die deutsche Homo-Ehe eine "Erfolgsgeschichte". "In den letzten fünf Jahren ist es gelungen, das Lebenspartnerschaftsrecht so zu verbessern, dass Lebenspartner jetzt zivilrechtlich, in der gesetzlichen Kranken-, Pflege, Unfall- und Rentenversicherung sowie im Ausländerrecht völlig mit Ehegatten gleichgestellt sind", freut sich LSVD-Sprecher Manfred Bruns. Im Januar 2005 traten zudem weitere Verbesserungen wie die umstrittene Stiefkindadoption in Kraft (queer.de berichtete). Benachteiligungen gibt es aber derzeit vor allem noch im Einkommens- und Erbschaftssteuerrecht, beklagt der LSVD. Denn hier werden Lebenspartner immer noch wie Fremde behandelt. Bei den Pflichten sind sie aber schon heute "gleichberechtigt", denn bei wirtschaftlichen Problemen müssen die Homo-Partner füreinander sorgen.
Gegenwärtig gibt es Schätzungen zufolge zwischen 14.000 und 19.000 Verpartnerungen. Damit sind rund ein Prozent der Schwulen und Lesben in Deutschland verpartnert. Die genaue Zahl ist nicht bekannt, da die Homo-Ehe aufgrund des Widerstandes der CDU/CSU nicht in das Personenstandsrecht eingegliedert wurde. Stichproben zufolge haben sich die Verpartnerungen nach dem ersten Run nach der Einführung nun eingependelt. So verpartnerten sich in Köln 282 Homo-Paare im Jahr 2002. Inzwischen sind es jedes Jahr 170 bis 180, berichtet die dpa. In Berlin sind 4.150 Homos verheiratet. Dabei nutzen weit mehr Schwule als Lesben die Homo-Ehe.
Politisch war die Homo-Ehe keine leichte Geburt: So hatte Rot-Grün mit den Eingetragenen Partnerschaften so lange gewartet, bis die Koalition die Mehrheit im Bundesrat bereits verloren hat. Die Union nutzte das aus: Sie blockierte nach der Umsetzung das Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz, das unter anderem die Angleichung im Steuerrecht vorsah. Nur das zustimmungsfreie Rumpfgesetz schaffte den Weg durch die Legislative. Darum heiratet so mancher Schwule statt im Standesamt wie in neun der 16 Bundesländer beim Notar (Bayern) oder der Kfz-Zulassungsstelle (Teile Baden-Württembergs). Die Grünen warnen bereits, dass derzeit sogar Tschechien, Slowenien, sowie Teile der USA in Sachen Homo-Ehe weiter seien als die Bundesrepublik. "Deutschland läuft Gefahr, gesellschaftspolitisch wieder eine Schlusslichtposition zu erhalten", warnt Volker Beck, Parlamentarischer Geschäftsführer der Ökopartei.
Schnelle Änderungen sind hierzulande allerdings nicht in Sicht. Der Koalitionsvertrag sieht keinerlei Angleichung der Rechte vor. Und dass die Union nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine weitere "Kröte" schluckt, scheint so gut wie ausgeschlossen. Dennoch: Selbst unter den Christdemokraten setzt ein Umdenken ein: Bei einer Debatte Anfang des Jahres deutete CDU-Expertin Ute Granold an, dass die Union beim Thema Steuerrecht mit sich reden lasse (queer.de berichtete). Allerdings ist die Große Koalition derzeit anderweitig beschäftigt.
1. August 2006
Links zum Thema:
» LSVD-Aktion 1:1















1. August 2006
aus: Der Tagesspiegel vom 01.08.2006
gruene-bundestag.de/cms/interview/dok/142/142634.htm
Fünf Jahre Homo-Ehe
Volker Becks Kampf für Akzeptanz
www.welt.de/data/2006/08/01/981373.html
Homo-Ehe
Ein Jubiläum mit leicht fadem Beigeschmack
www.fr-aktuell.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_cnt=939
051
PRESSEMITTEILUNG
NR. 0979 der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Datum: 1. August 2006
Homosexuelle Paare endlich gleichstellen. Alles andere als Gleichberechtigung ist Diskriminierung
Volker Beck, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer, erklärt:
Wir fordern: Homosexuelle Paare müssen endlich gleichgestellt werden. Alles andere als Gleichberechtigung ist Diskriminierung.
Wir fordern ein Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz, dass die Gleichstellung bei der Einkommens- und Erbschaftssteuer, der Beamtenversorgung und dem Adoptionsrecht garantiert. Gleiche Rechte und gleich Pflichten - nur das ist fair. Lebenspartner haben alle Pflichten von Ehegatten. Steuerrechtlich und beamtenrechtlich werden sie weiter wie Fremde behandelt. Ein Antrag der Grünen, das zu ändern, schmort seit Monaten im Rechtsausschuss. Dass die große Koalition weiter die Gleichstellung verweigert, ist ein Skandal.
Da von dieser Benachteiligung auch Lebenspartnerschaften mit gemeinschaftlichen Kindern betroffen sind, verstößt dies auch gegen das Grundgesetz: Die lebenspartnerschaftliche Familie ist gegenüber der ehelichen Familie benachteiligt.
Es wird auch endlich Zeit, dass Lebenspartnerschaften bundeseinheitlich beim Standesamt begründet werden. Die bürokratische Kleinstaaterei muss ein Ende haben. Die Bundesregierung ist aber gerade wieder bei der Reform des Personenstandsgesetzes vor dem provinziell agierenden Bundesrat in dieser Frage in die Knie gegangen.
Deutschland gehörte 2001 mit der Einführung der Lebenspartnerschaft zur gesellschaftlichen Avantgarde. Neben den üblichen Verdächtigen in Sachen Fortschrittlichkeit, Skandinavien und Niederlande, war Deutschland das erste große EU-Land mit einem solchen Gesetz. Heute haben die meisten westeuropäischen Staaten, einschließlich Großbritannien, der Schweiz, Tschechien und Slowenien weitergehende rechtliche Regelungen. In Spanien, Belgien, Niederlande, Kanada und im US-Bundesstaat Massachusetts gibt es die Ehe für Homosexuelle. In Südafrika wird sie dieses Jahr voraussichtlich eingeführt. Deutschland läuft Gefahr gesellschaftspolitisch wieder eine Schlusslichtposition zu erhalten.