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Katholisches LSBT+ Komitee
Queere Gläubige über Papst Franziskus: Positive Impulse, aber...
Franziskus habe als erster Papst positive Akzente für queere Menschen gesetzt, diese aber auch oft mit widersprüchlichen bis ausgrenzenden Aussagen und nicht weiterverfolgten Reformen enttäuscht.
- 22. April 2025, 11:10h 4 Min.
Einen Tag nach dem Tod von Papst Franziskus hat das Katholische LSBT+ Komitee, ein Zusammenschluss queerer Gläubiger, dessen Wirken bezüglich queerer Menschen in einem Pressemitteilungs-Nachruf als "hoch ambivalent" eingestuft.
"Franziskus hat positive Akzente für queere Menschen gesetzt – als erster Mensch in diesem Amt überhaupt", betont etwa Markus Gutfleisch, Co-Sprecher der Vereinigung, unter Verweis auf das 2013 kurz nach seiner Amtseinführung von Franziskus geäußerte Zitat "Wenn jemand homosexuell ist und den Herrn sucht, wer bin ich, über ihn zu urteilen". Seine Appelle an die weltweit politisch Verantwortlichen, die Strafbarkeit queeren Lebens zu beenden, seien allerdings spät gekommen – "und viele seiner Bischöfe trugen diesen Kurs noch nicht mal mit".
Gerade mit Blick auf seine Amtsvorgänger müsse man den Argentinier "wohl als den besten Papst bezeichnen, den queere Gläubige jemals hatten", meint Co-Sprecher Hendrik Johannemann. "Er hat direkt mit queeren Menschen telefoniert, ihnen persönliche Briefe geschrieben und einzelne queere Gruppen und queerfreundliche Seelsorger*innen im Vatikan empfangen." Letztlich habe er "einen atmosphärischen Wandel" in der Kirche angestoßen, "der kaum hoch genug gewertet werden kann", und sei ein "zugewandter Seelsorger für die Schwächsten und Ausgegrenzten" gewesen.
Aber ein pastoraler Ansatz allein reiche nicht aus: "Die vielen widersprüchlichen Verlautbarungen und Richtungsentscheidungen dieses Pontifikats lassen queere Gläubige ratlos und enttäuscht zurück", so Johannemann.
Reformen ausgebremst
Franziskus habe seiner vorsichtigen Öffnung keine greifbaren Veränderungen folgen lassen, resümiert das Komitee. "Bis heute bremst der Vatikan Anliegen des Synodalen Wegs in Deutschland aus, etwa die notwendige Veränderung des Katechismus der Katholischen Kirche, um die dort enthaltenen verletzenden Passagen zu Homosexualität abzuändern, oder die Forderung nach einem menschenfreundlicheren Umgang mit trans- und intergeschlechtlichen Gläubigen". Auch die unter Papst Franziskus erfolgte Erlaubnis von Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare durch die Erklärung "Fiducia supplicans" aus dem Jahr 2023 sei "eher enttäuschend" ausgefallen, "da es sich nur um einen spontanen Segen im Vorbeigehen handelt, der zudem das Paar an seine angebliche Sündigkeit erinnern solle".
Sein Hin und Her habe "keine wahre Anerkenntnis der unverletzlichen und gottgegebenen Würde queerer Menschen" gezeigt, so das Komitee weiter. "Besonders sein Festhalten am Heraufbeschwören einer angeblichen 'Gender-Ideologie' in der Erklärung 'Dignitas Infinita' aus dem Jahr 2024 zeigt, dass der Vatikan weiter ohne Blick nach außen einer Ideologie anhängt, die die Würde und die Menschenrechte von trans* und inter*geschlechtlichen, nicht-binären sowie homo- und bisexuellen Menschen verletzt und Futter für Anfeindungen in Kirche, Politik und Gesellschaft liefert".
Durch die "absurde Verteufelung auch nur der Nutzung des Begriffs 'Gender'" habe der Papst zudem der Gleichberechtigung von Frauen einen Bärendienst erwiesen, "trotz seiner Bemühungen, vermehrt verantwortungsvolle Posten mit Frauen zu besetzen". Komitee-Co-Sprecherin Sera Renée Zentik nennt die Bilanz des Papstes im Bereich Frauen "durchwachsen": "Zwar berief er vereinzelt Frauen in Beratungs- und Entscheidungsgremien, doch insgesamt blieb auch unter seinem Pontifikat die Gleichberechtigung unzureichend. Zur Debatte um die Weihe von Diakoninnen oder Priesterinnen kam von ihm kein Impuls."
Hoffnung auf Verstetigung des Reformen
Er persönlich sei Franziskus aller Ambivalenz zum Trotz dankbar "für seine wichtigen, wenn auch behutsamen Impulse zur Erneuerung der Kirche", so Johannemann. "Ich habe die große Hoffnung, dass sein Nachfolger auf dem Stuhl Petri die dringend notwendigen Reformen der römisch-katholischen Kirche mit Mut weiter vorantreibt, damit die Kirche endlich zu einem Ort wird, an dem queere Menschen ihren Glauben in Fülle und ohne Angst leben können."
Das Komitee sprach allen um den Papst Trauernden sein Mitgefühl aus. Er werde in Erinnerung bleiben als "ein wichtiger Fürsprecher für arme Menschen, für Frieden und Klima- und Umweltschutz". Er habe oftmals die Doppelmoral und Heuchelei der Kurie und insgesamt der römisch-katholischen Kirche angeprangert und "durch seine menschliche Zugewandtheit, sein unkonventionelles Vorgehen und seine Bescheidenheit im Auftreten neue Wege aufgezeigt, die die verknöcherten und von der Lebensrealität vieler Gläubiger entrückten Kirchenstrukturen in Frage stellten und Impulse zu behutsamer Erneuerung setzten".
Das Katholische LSBT+ Komitee ist ein kirchenpolitisches Arbeitsbündnis von Katholik*innen aus verschiedenen christlichen Queer-Gruppen. Dazu zählen die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK), das Netzwerk katholischer Lesben (NkaL), die AG Schwule Theologie, die Katholischen Schwulen Priestergruppen Deutschlands (KSPD), die KjGay der KjG (Katholische junge Gemeinde), LesBiSchwule Gottesdienstgemeinschaften (LSGG) und die Initiative Homo Cusanus. Andere Gruppen wie Out in Church haben bislang noch nicht reagiert. (cw/pm)
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