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Neues Album "Goodbye Small Head"
Sie verwandelt Schmerz in Energie: Ezra Furman
Spätestens mit ihrer Beteiligung am Soundtrack von "Sex Education" wurde die queere US-Musikerin Ezra Furman einem größeren Publikum bekannt. Nun veröffentlicht sie mit "Goodbye Small Head" ihr elftes Album.

Ezra Furman beteiligte sich am Soundtrack von "Sex Education", ihre Band hatte in der Netflix-Serie einen Gastauftritt (Bild: ANTI-)
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16. Mai 2025, 05:17h 3 Min.
Die Frage, ob Abgründigkeit und Schmerzerfahrung Bedingung gelingender Kunst ist, ist vermutlich so alt wie die Kunst selbst. Im Falle der US-amerikanischen Sängerin Ezra Furman scheint die Sache ziemlich klar zu sein: Denn seit der Veröffentlichung ihres Debütalbums "Banging Down The Doors" im Jahr 2007 drehen sich ihre Songs um existenzielle Themen wie Außenseitertum, Trauma und psychische Grenzerfahrung.
Auf ihrem bis dato letzten, 2022 erschienen Album "All Of Us Flames" etwa thematisierte sie ihre jüdische Identität und zog dabei eine symbolische Linie zwischen der jüdischen Diaspora und der erfahrenen Anfeindung queerer Menschen. Das Besondere im Falle Furmans Musik ist, dass es ihr dabei stets gelingt, nicht in der Position der Schwäche zu verharren, sondern Schmerz in Energie umzuwandeln. Nicht umsonst bezeichnete die Sängerin, die vor vier Jahren ihr Coming-out als bisexuelle trans Frau hatte, ihren Sound einst als "Revolutionsmusik" – was insofern stimmig ist, als dass jede Revolution auf die Aufhebung bestehender Leiderfahrung abzielt.
Neuer Komplexitätsgrad

Das Album "Goodbye Small Head" ist am 16. Mai 2025 erschienen
Daran knüpft auch Furmans neues Album "Goodbye Small Head" (Amazon-Affiliate-Link ) an. Darauf präsentiert sie insgesamt zwölf neue Stücke, die es in sich haben. Dass Furman bereits in der Vergangenheit verschiedene, durchaus gegensätzliche stilistische Spektren von Folk bis Punk miteinander vereinte, ist bekannt. Doch so vielseitig und musikalisch komplex wie in ihren neuen Songs hat man die US-Amerikanerin bis dato zweifellos noch nicht erlebt.
Dessen ist sich wohl auch Furman selbst bewusst. Augenzwinkernd lässt sie sich in der beiliegenden Albuminfo zitieren, den Stil des Albums könne man als "orchestralen Emo-Prog-Rock mit Samples" bezeichnen – eine passende, aber zugegebenermaßen wenig eingängige Begrifflichkeit. Doch unterhalb dieses Komplexitätsgrades ist in diesem Falle nichts zu holen.
Munteres Genre-Ping-Pong
Das unterstreicht schon der Opener "Grand Mal", der mit opulent orchestralem Arrangement und dubbigen Beats daherkommt und damit bereits zu Beginn deutlich macht, dass Furman mit ihrem neuen Album den eher Garage-Rock-lastigen Sound ihres Vorgängers hinter sich gelassen hat.
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Das darauffolgende "Sudden Storm" wiederum erklingt deutlich psychedelischer, ohne dabei die poppige Schlagseite zu vernachlässigen, und könnte in ähnlicher Form auch aus der Feder einer Band wie MGMT stammen.
Und so geht das Genre-Ping-Pong im Verlauf des weiteren Albums munter weiter: "Jump Out" etwa ist ein vergleichsweise straighter Song mit Punk-Schlagseite, während "Veil Song" als anrührende, akustische Folk-Ballade daherkommt.
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Kontrollverlust als Initialzündung
Thematisch setzt Furman sich auf "Goodbye Small Head" eigenen Aussagen zufolge mit verschiedenen Schattierungen des Kontrollverlustes auseinander – sei es in Form von Schwäche, Krankheit, Mystik, BDSM oder Drogenkonsum. Die Initialzündung für den Entstehungsprozess sieht sie dabei in einer einschneidenden Erfahrung, die sie vor gut zwei Jahren gemacht hat: Eines Morgens habe sie kurz nach dem Aufstehen das Bewusstsein verloren. Darauffolgende Untersuchungen im Krankenhaus seien ergebnislos verlaufen. Von ärztlicher Seite hieß es damals, sie sei gesund. Trotzdem sei sie danach monatelang mit Schmerzen ans Bett gefesselt gewesen.
Und so wäre es nur allzu nachvollziehbar gewesen, wenn sich in den in dieser Zeit entstandenen Songs ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit widerspiegeln würde. Doch das ist nicht der Fall. Vielmehr wird die Schmerzerfahrung aller immanenten Trauer zum Trotz Ausgangspunkt eines Triumphes der Schönheit, wie ihn nur Ezra Furman zu kreieren vermag.
Links zum Thema:
» Das Album "Goodbye Small Head" bei amazon.de
» Homepage von Ezra Furman
Mehr zum Thema:
» Ezra Furman outet sich als trans (22.04.2021)
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