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Berlin
Senatorin äußert sich nicht zu schwulenfeindlichem Mobbingfall an Schule
Ein schwuler Pädagoge berichtet von Mobbing durch muslimische Schüler*innen. Der Fall macht Schlagzeilen, die zuständige Senatorin hält sich aber zurück.

Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch will nichts zu einem Mobbingfall gegen einen schwulen Lehrer sagen (Bild: Sandro Halank, Wikimedia Commons / wikipedia)
- 22. Mai 2025, 11:41h 3 Min.
Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch hält sich mit Informationen und Bewertungen zu einem mutmaßlichen Mobbingfall an einer Grundschule in Moabit zurück. "Wie Sie wissen, geben wir zu Personaleinzelangelegenheiten grundsätzlich keine Auskunft", sagte die CDU-Politikerin im Abgeordnetenhaus auf die Frage eines Parlamentariers.
"Grundsätzlich möchte ich aber auch betonen, dass wir selbstverständlich mit allen Fällen, die bekanntwerden, höchst sensibel umgehen und diesen umgehend nachgehen." Ziel sei dabei, Betroffenen entsprechende Unterstützungsangebote machen zu können.
"Du Schwuler, geh weg von hier"
Ein schwuler Lehrer soll nach eigenen Angaben an der Carl-Bolle-Grundschule in Moabit von Schülern aus muslimischen Familien monatelang beschimpft, beleidigt und gemobbt worden sein. Er schilderte seinen Fall in der "Süddeutschen Zeitung", die ihn Anfang der Woche veröffentlicht hatte (Bezahlartikel). Demnach hätten muslimische Schüler*innen über ihn gesagt, er werde "in der Hölle landen. Dabei zitierte die Münchner Zeitung etwa einen Fünftklässler, der dem Lehrer die Worte an den Kopf geworfen haben soll: "Du Schwuler, geh weg von hier. Der Islam ist hier der Chef."
Dieser Vorfall habe wie andere trotz Meldungen des Lehrers keine Konsequenzen gehabt; vielmehr ging die Schulleitung sogar rechtlich gegen den Schwulen vor, nachdem offensichtlich queerfeindliche Eltern sich über ihn beschwert hatten. Über den Fall hatte im Februar bereits die "Märkische Oderzeitung" berichtet, die erneute Berichterstattung schlug jetzt aber höhere Wellen.
Günther-Wünsch verwies im Abgeordnetenhaus auf Hilfsstrukturen. In dieser Legislaturperiode sei es gelungen, erstmalig nach vielen Jahren die Stellen der Antidiskriminierungsbeauftragten und der Antimobbing-Beauftragten zu besetzen und hier auch weiteres Personal anzustellen. Damit gebe es nun eine Anlaufstellen in der Senatsbildungsverwaltung. Erst vor wenigen Monaten wurde die Senatorin jedoch noch kritisiert, weil sie bei queeren Hilfsprojekte den Rotstift ansetzte (queer.de berichtete).
Krisenteams und Notfallpläne
"Selbstverständlich haben betroffene Lehrkräfte, ebenso aber auch Schüler immer die Möglichkeit, zu Krisenteams oder Vertrauenslehrkräften vor Ort an ihren Schulstandort zu gehen." Sie könnten auch das "Qualitäts- und Beschwerdemanagement" der Senatsbildungsverwaltung nutzen und das Berliner Netzwerk gegen sexuelle Gewalt.
Überarbeitete Notfallpläne und Notfallordner setzten Lehrkräfte in die Lage, Diskriminierung an ihrer Schule zu erkennen und festzustellen, um welche Art von Diskriminierung es gehe. Dort sei auch festgehalten, wie damit umzugehen sei und an wen man sich wenden könne. Eine Statistik, wie oft homosexuelle Lehrkräfte Opfer von Mobbing werden, gibt es nach Angaben der Senatorin nicht.
Bundesverband Queere Bildung: Kein Einzelfall
Nach Einschätzung des Bundesverbands Queere Bildung handelt es sich bei dieser Mobbingattacke um keinen Ausnahmefall. "Queerfeindliche Haltungen zeigen sich auch im Kontext Schule mittlerweile vehementer als noch vor einigen Jahren", sagte Vorstandsmitglied Rebecca Knecht auf dpa-Anfrage.
Das Phänomen religiös motivierter Abwertung queerer Menschen sei dabei schon länger bekannt. Dabei seien aber nicht nur muslimische Argumentationsmuster zu beobachten, sondern auch christliche. "Wir sehen außerdem einen großen Zuwachs rechtsmotivierter Queerfeindlichkeit."
Ob Lehrkräfte offen mit ihrer Homosexualität umgehen sollten, lässt sich nach Knechts Überzeugung nicht pauschal beantworten: "Es muss immer eine individuelle Entscheidung über ein Coming-out sein." Ganz viele Lehrkräfte berichteten, dass es einen befreienden Effekt haben könne. "Aber natürlich kann niemand von außen vorhersagen, wie sich das an einer bestimmten Schule abspielen wird."
Insgesamt gebe es dort beim Umgang mit Vielfalt große Unterschiede: "Es gibt Schulen, da gibt es ganz viel Engagement und präventive Überlegungen, wie wir mit Diskriminierungsfällen umgehen können", sagte Knecht.
"Es gibt andere Schulen, an denen das nicht der Fall ist und sich Schulleitungen wenig für das Thema interessieren oder selbst vorurteilsbehaftet sind." Insgesamt hätten viele Schulen in dieser Hinsicht noch Luft nach oben. (dpa/cw)














