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Aufruf an EU
CSD-Verbot: 17 EU-Länder fordern von Kommission härteres Vorgehen gegen Ungarn
Mehr als die Hälfte der EU-Länder rufen die Von-der-Leyen-Kommission dazu auf, mehr gegen die Queerfeindlichkeit Ungarns zu unternehmen. Auch Deutschland ist dabei.

Die EU-Fahne beim CSD Budapest 2021 (Bild: IMAGO / EST&OST)
- 27. Mai 2025, 10:06h 4 Min.
- Zu Update springen: Drei weitere EU-Länder schließen sich der Erklärung an (16:45h)
Deutschland, Österreich und Frankreich haben an der Seite von 16 EU-Mitgliedstaaten die EU-Kommission zu schnellem Handeln gegen die ungarische Regierung wegen deren Vorgehen gegen die Rechte von queeren Menschen aufgefordert. Die Unterzeichnerländer riefen die Kommission dazu auf, die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente "rasch voll auszuschöpfen", sollte Ungarn seine Maßnahmen nicht zurücknehmen, heiß es in dem am Dienstag von der niederländischen Vertretung in Brüssel veröffentlichten Brief.
Die Unterzeichnerländer zeigten sich "zutiefst besorgt" über die jüngste Gesetzgebung in Ungarn, die "Grundrechte von LGBTQ-Menschen verletzt". Die Gesetze "verstoßen gegen die Grundwerte der Europäischen Union", hieß es weiter in dem Brief. "Wir fordern Ungarn daher auf, diese Maßnahmen zu korrigieren."
/ NLatEUStatement by 17 EU Member States on Hungarys infringement of LGBTIQ+ rights during today's #GAC.
Netherlands at the EU (@NLatEU) May 27, 2025
pic.twitter.com/kGZWtOyZnv
Zehn EU-Länder haben sich nicht an dieser Erklärung beteiligt: Dazu gehören neben Ungarn die großen Länder Italien und Polen. Auch Bulgarien, Griechenland, Malta, Kroatien, Rumänien und Zypern haben offenbar kein Problem mit der queerfeindlichen Haltung des Orbán-Regimes.
CSD-Verbot im März beschlossen
Hintergrund ist ein Mitte März vom ungarischen Parlament verabschiedetes Gesetz, mit dem CSDs im Land verboten werden (queer.de berichtete). Das Gesetz verbietet Versammlungen, die angeblich gegen ein "Homo-Propaganda"-Gesetz aus dem Jahr 2021 verstoßen würden, welches queere Sichtbarkeit stark einschränkt. Gegen dieses Gesetz hatte die Europäische Kommission bereits vor rund vier Jahren Klage vor dem Europäischen Gerichtshof eingelegt (queer.de berichtete). Durch das neue Gesetz drohen Organisator*innen und Teilnehmenden jeglicher Demonstrationen für LGBTI-Rechte jetzt auch Geldstrafen von jeweils bis zu 500 Euro.
Der CSD Budapest bezeichnete die Erklärung der EU-Länder in einer ersten Reaktion auf Facebook als "historisch". "Jetzt sind die Augen Europas auf uns gerichtet: Der Schutz der ungarischen CSD wird zeigen, in welcher Art von Union wir leben werden." Man werde sich nun international vernetzen und so lange arbeiten, "bis wir dieselben Grundrechte und denselben Schutz haben wie alle anderen Menschen in der EU".
?TÖRTÉNELMI KIÁLLÁS: Az Európai Unió országainak többsége velünk van!! ?Támogasd a munkánkat:...
Posted by Budapest Pride on Tuesday, May 27, 2025
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Unterdessen berichten ungarische Medien, dass die Budapester Polizei am Montag den CSD in der Hauptstadt offiziell verboten hat. Als Grund nannte sie Kinder- und Jugendschutz. Ungarn ist das einzige Land der Europäischen Union, das queeren Menschen untersagt, für ihre Rechte zu demonstrieren.
Bundesregierung schließt Entzug der EU-Stimmrechte Ungarns nicht aus
Die neue Bundesregierung schließt wegen Ungarns Umgang mit der Rechtsstaatlichkeit auch einen Einsatz für den Entzug der Stimmrechte auf EU-Ebene nicht aus. Jede Geduld habe "irgendwann mal ihr Ende", sagte der deutsche Europastaatsminister Gunther Krichbaum (CDU) bei einem EU-Treffen in Brüssel. Die ungarische Regierung stelle "absolut verbindliche Prinzipien" wie Meinungs- und Pressefreiheit infrage, die in der EU für Zusammenhalt sorgen würden.
Ein Entzug der Stimmrechte wäre nach Artikel 7 des Vertrags über die Europäische Union möglich, sollten die anderen Mitgliedsstaaten einstimmig feststellen, dass eine schwerwiegende und anhaltende Verletzung der Rechtsstaatlichkeit vorliegt. Den Schritt wolle man zwar vermeiden, gleichzeitig aber "nichts unversucht lassen", sagte Krichbaum. "Wir hoffen natürlich, dass auch Ungarn irgendwann mal diesen Ernst der Lage wirklich erkennt."
Ungarns Europaminister Janos Boka wies die Vorwürfe bezüglich des Pride unterdessen zurück. "Es gibt in Ungarn kein Pride-Verbot", sagte er am Rande eines Treffens in Brüssel. Er wolle seinen Kolleg*innen die rechtlichen und verfassungsrechtlichen Grundlagen erläutern. Boka hoffe, dass diese danach ein "nuancierteres Bild" der ungarischen Gesetzgebung hätten.
Andresen: Von der Leyen soll beim CSD mitmarschieren
Der Europaabgeordnete Rasmus Andresen, Mitglied der fraktionsübergreifenden Intergruppe für Rechte im Europaparlament, rief nun Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) auf, Ende Juni nach Budapest zu fahren und beim CSD mitzumarschieren: "Viele von uns Abgeordneten aus dem Europäischen Parlament werden am 28. Juni Seite an Seite mit Ungarns Queer-Community auf die Straße gehen. Ich fordere die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf, sich uns anzuschließen", erklärte der Grünenpolitiker aus Schleswig-Holstein. "Ihre Teilnahme wäre neben weiteren Sanktionen ein wichtiges Zeichen, dass die Europäische Union an der Seite aller queerer Menschen in Europa steht. Queeren Menschen, die Angst haben ihre Grundrechte wahrzunehmen, würde Frau von der Leyen durch ihre Teilnahme die Sicherheit geben, auf die Straße zu gehen." (AFP/dpa/dk)
13:45 Uhr: Um Reaktion von Bundesregierung und Ungarn ergänzt
Update 16:45 Uhr: Drei weitere Länder schließen sich Erklärung an
Im Laufe des Dienstags haben drei weitere Länder das Papier gegen Ungarn unterzeichnet. Dabei handelt es sich um Griechenland, Malta und Zypern. Damit unterstützen jetzt 20 der 27 EU-Mitgliedsstaaten die Erklärung.














