Hauptmenü Accesskey 1 Hauptinhalt 2 Footer 3 Suche 4 Impressum 8 Kontakt 9 Startseite 0
Neu Presse TV-Tipps Termine
© Queer Communications GmbH
https://queer.de/?53802

Roman

Ein schwules Leben auf den Philippinen

Poetisch, realitätsnah und ohne Kitsch und Klischee: Im Albino Verlag ist der teils autobiografische Debütroman "Der Junge aus Ilocos" von Blaise Campo Gacoscos jetzt auf Deutsch erschienen.


Blaise Campo Gacoscos wurde 1968 in Candon, Ilocos Sur, geboren. Er erwarb seinen Bachelor of Arts in Vergleichender Literaturwissenschaft an der Diliman-Universität in Quezon City, wo er auch seinen Master in Kreativem Schreiben abschloss (Bild: Rene Mejia)
  • Von Christopher Filipecki
    1. Juni 2025, 09:33h 3 Min.

In 40 Jahren verändert sich so viel, dass es eigentlich unmöglich erscheint, alles Erwähnenswerte in ein Buch zu packen. Doch diesen Anspruch hat Blaise Campo Gacoscos in seinem teils autobiografischen Debütroman auch gar nicht. Stattdessen sucht er für "Der Junge aus Ilocos" (Amazon-Affiliate-Link ) acht prägnante Erlebnisse heraus und stellt sie detailliert vor.

Gacoscos wird 1968 auf den Philippinen geboren. Dort spielt auch sein Erstlingswerk. Genauer im Nordosten der Hauptinsel, in der Region Ilocos, in der auf rund 13.000 Quadratkilometern über fünf Millionen Menschen leben. "Der Junge aus Ilocos" handelt von Victor und seinem Leben. Der Filipino wächst zwischen christlichen Einstellungen, Einflüssen der Hauptstadt Manila und ärmlichen Verhältnissen auf. Dass es ihm und seinem älteren Bruder später gut geht, ist der Mutter besonders wichtig. Das bemerkt Victor schon im frühen Kindesalter, zum Beispiel bei einem Wettbewerb für musikalische Nachwuchstalente, in dem er leider scheitert.

- w -

Die Hürden des Erwachsenwerdens


"Der Junge aus Ilocos" ist im März 2025 im Albino Verlag erschienen

"Der Junge aus Ilocos" umfasst acht Kapitel. Das erste stellt eine erste prägnante Situation zwischen Victor und einem Spielgefährten dar, in dem Victor das erste Mal eine seltsame Anziehung zu einem anderen Jungen verspürt. Trotzdem dreht sich der Roman nicht um das innere oder äußere Coming-out, einen ganz klaren roten Faden gibt es nämlich gar nicht. Stattdessen springt Autor Gacoscos immer gute fünf bis zehn Jahre voran. Man kann nur erahnen, was dazwischen alles passierte. Einige Figuren wie Victors Bruder und Mutter tauchen immer mal wieder auf und reifen mit dem Protagonisten mit. Im Nachwort erklärt der Schriftsteller, dass ursprünglich ein Roman nicht geplant war, sondern er während seines Studiums mehrere Essays schrieb, die er nun zu einem großen Ganzen zusammenfügte.

Ist in den ersten Kapiteln noch deutlich erkennbar, dass keine modernen gesellschaftlichen Strukturen vorherrschen, so kommt man gen Ende gefühlt in der Gegenwart an. Natürlich funktioniert der Staat Philippinen gänzlich anders als Deutschland, trotzdem könnten einige Situationen auch hier so passieren. "Der Junge aus Ilocos" rückt dabei die Sexualität des Protagonisten nicht in den Mittelpunkt, manche Kapitel kommen nahezu gänzlich ohne queeren Bezug aus. Das Schwulsein ist eher subtil das Thema, vielmehr geht es um Hürden des Erwachsenwerdens. Job, Liebeskummer, der Konkurrenzkampf mit dem älteren Bruder, das Älterwerden und damit einhergehende Krankheiten der Eltern. Quasi eine Sammlung von retrospektiven Kurzgeschichten, die immer denselben Handelnden im Fokus behalten.

In jedem Kapitel lernen wir Victor neu kennen

Der Schreibstil ist angenehm und wenig verschachtelt, allerdings werden auch in der deutschen Übersetzung sämtliche regionstypischen Slang-Ausdrücke wie Lolo für Opa und Lola für Oma belassen, die im Anhang erklärt werden. Wer Bücher lieber im Original liest, kann übrigens auch hier danach Ausschau halten, da das Buch auf Englisch und nicht in Tagalog geschrieben wurde. Jedes Kapitel und somit jeder Lebensabschnitt von Victor umfasst rund 15 Seiten.

Wer auf zusammenhängende, abgeschlossene Geschichten steht wird wahrscheinlich mit "Der Junge aus Ilocos" nicht glücklich. Immer wieder wird man ins kalte Wasser geworfen, lernt Victor neu kennen und muss sich zunächst zurechtfinden, in welchem Stadium sich der Protagonist befindet. Wer hingegen eher poetische, realitätsnahe Werke ohne Kitsch und Klischee sucht, die leichtfüßig die Seele streicheln, ist hier richtig. So wirkt selbst das konsequente und einschneidende Ende der Geschichte gar nicht mehr so tragisch.

Infos zum Buch

Blaise Campo Gacoscos: Der Junge aus Ilocos. Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Andreas Diesel. 152 Seiten. Albino Verlag. Berlin 2025. Gebundene Ausgabe: 22 € (ISBN 978-3-86300-389-0). E-Book: 15,99 €

Informationen zu Amazon-Affiliate-Links:
Dieser Artikel enthält Links zu amazon. Mit diesen sogenannten Affiliate-Links kannst du queer.de unterstützen: Kommt über einen Klick auf den Link ein Einkauf zustande, erhalten wir eine Provision. Der Kaufpreis erhöht sich dadurch nicht.

-w-