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Karol Nawrocki erhält Mehrheit

Polen: Queer­feindlicher Kandidat gewinnt Präsidentschaftswahl

Mit Karol Nawrocki ist weiterhin ein Rechtsaußen-Politiker, der wenig von queeren Menschen hält, Präsident in Polen.


Karol Nawrocki ist bis 2030 zum polnischen Staatspräsidenten gewählt (Bild: IMAGO / ZUMA Press Wire)
  • 2. Juni 2025, 10:41h 5 Min.

Der rechtspopulistische Kandidat Karol Nawrocki hat die Präsidentenwahl in Polen knapp für sich entschieden. Große polnische Medien riefen ihn am frühen Morgen zum Sieger aus, die Wahlleitung in Warschau bestätigte das Ergebnis nach Abschluss der Stimmauszählung. Der Sieg des 42-jährigen queerfeindlichen EU-Skeptikers lässt Veränderungen am außen- und innenpolitischen Kurs des Nachbarlandes erwarten, das in der Europäischen Union und der Nato eine wichtige Rolle spielt. 

Auf den politisch unerfahrenen Historiker Nawrocki entfielen nach vorläufigen Angaben der staatlichen Wahlkommission 50,89 Prozent der Stimmen in der Stichwahl. Sein Gegenkandidat, der proeuropäisch und LGBTI-freundlich eingestellte Warschauer Oberbürgermeister Rafał Trzaskowski, kam auf 49,11 Prozent. Beide Kandidaten bekamen mehr als zehn Millionen Stimmen, Nawrockis Vorsprung betrug etwa 370.000 Stimmen. 

Erfolgreiche Revanche der PiS

Nawrocki ist offiziell parteilos, trat aber als Kandidat der rechtspopulistischen PiS an, Polens größter Oppositionspartei. Die PiS regierte das Land von 2015 bis 2023. Sie legte die Justiz an die Kandare der Politik und lag wegen dieses Eingriffs in die Gewaltenteilung im Dauerclinch mit Brüssel. Zudem ging die EU-Kommission gegen Polen wegen Queerfeindlichkeit vor (queer.de berichtete).

Zwar kam 2023 wieder ein bürgerliches Bündnis an die Regierung (queer.de berichtete). Das führte auch zu einem Auftatmen in der LGBTI-Community. Der frühere EU-Ratspräsident Donald Tusk kehrte als Ministerpräsident zurück. Doch es blieb bei einem Dauerstreit mit Präsident Andrzej Duda, der ebenfalls aus der PiS stammt und nach zehn Jahren im Amt kein weiteres Mal antreten durfte. Duda bremste Tusks Reformpläne mit seinem starken Vetorecht. Der Ministerpräsident hoffte, mit dem liberal eingestellten Trzaskowski an der Staatsspitze diese Blockade aufzulösen.

Polen ist ein wichtiger Unterstützer der von Russland angegriffenen Ukraine. Das Land mit knapp 38 Millionen Einwohner*innen sieht sich auch selbst von Moskau bedroht und rüstet massiv auf. Anders als in der Slowakei, Ungarn oder Rumänien gibt es in Polen keinen ernstzunehmenden Politiker, der prorussische Positionen vertritt. In der wichtigsten außenpolitischen Frage, der Unterstützung für die Ukraine, zogen Duda und Tusk denn auch an einem Strang. Dies könnte sich mit Nawrocki ändern, der zum Beispiel gegen einen möglichen Nato-Beitritt der Ukraine ist.

Während sich mit Tusk als Regierungschef das Verhältnis zwischen Warschau und Berlin entspannte, vertritt Nawrocki eher die Deutschland-feindliche Linie der PiS und suchte im Wahlkampf die Nähe zu US-Präsident Donald Trump. Er erneuerte die Forderung nach Reparationen für die Schäden, die Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg in Polen angerichtet hat.

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Nawrocki im Wahlkampf mit queerfeindlicher Stimmungsmache

Von der EU will sich Nawrocki, das hat er betont, für Polen nichts vorschreiben lassen. Das dürfte sich wohl auch auf LGBTI-Rechte beziehen, die der neue Präsident ablehnt. So bekräftigte er kürzlich, dass es mit ihm das Adoptionsrecht für gleich­geschlechtliche Paare nicht geben werde. Zudem denunzierte er im Wahlkampf LGBTI-Aufklärung an Schulen als "Sexualisierung" von Kindern. In der Präsidentschaftsdebatte sagte er deutlich: "Die LGBT-Community kann nicht erwarten, dass ich mich um ihre Angelegenheiten kümmere."

Am Wahlabend sah eine erste Prognose zunächst Trzaskowski vorn, und der 53-jährige Sozialwissenschaftler gab sich auch schon als Wahlsieger. Er gilt allerdings selbst in seinem politischen Lager als sehr weit links und war für viele Wähler*innen in katholisch geprägten ländlichen Regionen des Landes ein rotes Tuch.

Die über Nacht eingehenden Einzelergebnisse belegten die tiefe politische Spaltung Polens, das in den vergangenen Jahren große wirtschaftliche Erfolge erzielt hat. Trzaskowski siegte demnach in den großen Städten wie Warschau, Krakau und Lodz, die vom Aufschwung besonders profitiert haben. In kleineren Städten und den ländlichen Regionen Polens lag Nawrocki vorn.

Ein Grund für die Niederlage Trzaskowskis könnte sein, dass das liberale und linke Lager sein Wählerpotenzial nicht ausgeschöpft hat. Die Wahlbeteiligung lag mit offiziell 71,63 Prozent zwar gut drei Prozentpunkte höher als bei der vorherigen Präsidentenwahl vor fünf Jahren. Doch beim Sieg über die PiS bei der Parlamentswahl 2023 hatte eine Rekordzahl von 74,4 Prozent der Wählerinnen und Wähler ihre Stimme abgegeben.

Amateurboxer und Historiker an der Staatsspitze

"Wir werden siegen und Polen retten. Wir werden nicht zulassen, dass Donald Tusks Macht sich festigt", sagte Nawrocki nach Bekanntgabe erster Prognosen. Er war bislang Direktor des Instituts für Nationales Gedenken (IPN), eine Art polnisches Pendant zur mittlerweile aufgelösten Stasi-Unterlagen-Behörde in Deutschland. 

Für Aufsehen – und Sympathien bei manchen Wähler*innen – sorgte immer wieder seine Vergangenheit als Amateurboxer in jungen Jahren und als Türsteher während des Studiums in einem Luxushotel mit möglichen Kontakten ins Rotlichtmilieu. Doch schon im ersten Wahlgang vor zwei Wochen hatten Nawrocki und noch weiter rechts stehende Kandidaten zusammen eine deutliche Mehrheit erhalten.

In Polen amtiert der Präsident fünf Jahre. Das Staatsoberhaupt hat mehr Befugnisse als der Bundespräsident in Deutschland und repräsentiert das Land nicht nur nach außen. Der Präsident hat auch Einfluss auf die Außenpolitik, er ernennt den Regierungschef sowie das Kabinett und ist im Kriegsfall Oberkommandierender der polnischen Streitkräfte. Vor allem aber kann er der Regierung mit seinem Vetorecht das Leben schwer machen. (dpa/cw)

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