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Pforzheim

Die neue Normalität: Neonazi-Proteste gegen CSD

In Pforzheim liefen am Samstag 90 Neonazis gegen den Christopher Street Day auf und pöbelten gegen die "LGBTQ-Scheiße". Die Demo und das Fest von rund 1.500 Queers und Allies konnten sie jedoch nicht wesentlich beeinträchtigen.


T-Shirts mit "Crew-1161"-Aufdruck: 90 Neonazis beteiligten sich an der "Demo für traditionelle Werte und gegen die Frühsexualisierung unserer Kinder" (Bild: Robert Andreasch)
  • 15. Juni 2025, 08:42h 4 Min.

Gegen immer mehr CSD-Veranstaltungen in Deutschland gibt es rechtsextreme Gegenproteste – so auch am Samstag in Pforzheim. Organisiert von der queeren Initiative "Spotlight", fanden die Pride-Demo und das Straßenfest in der Stadt am Nordrand des Schwarzwalds unter dem Motto "Don't be quiet, be a riot" direkt vor dem Neuen Rathaus statt. Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) weigerte sich dennoch, am Gebäude eine Regenbogen­fahne zu hissen.

Vor einem Monat begann die Neonazigruppe "Der Störtrupp" (DST) damit, zu einem Aufmarsch an diesem Tag zu mobilisieren. Die CSD-Veranstalter*­innen reagierten mit einem erweiterten Sicherheitskonzept, damit ihr Event weiterhin der angestrebte Safe Space bleiben könne. Parallel mobilisierten antifaschistische Gruppen überregional nach Pforzheim. Ihr Motto: "CSD schützen! Nazi-Demo stoppen!"

90 Neonazis demonstrierten "für traditionelle Werte"

Schließlich reisten am Samstag 90 Neonazis zur "Demo für traditionelle Werte und gegen die Frühsexualisierung unserer Kinder" an. Christian Klar, Aktivist der Neonazipartei "Die Heimat" und Veranstalter der montäglichen Aufmärsche in Gera, kam mit seinem Lautsprecherfahrzeug aus Thüringen nach Pforzheim. "Wenn es jedes Wochenende drei oder vier solche CSD-Veranstaltungen gibt, dann muss man sich dagegen stellen", sagt er in einem Redebeitrag. "Und wenn man mit fünf Mann dort steht."

Auf die Straße ginge man "gegen den Schmutz da drüben". Mit "Schmutz" meinte Klar das queere Fest auf dem Marktplatz. Dann legte er los, gegen die "LGBTQ-Scheiße" und gegen "Leute im Hundekostüm". Erstere sei dafür verantwortlich, dass "wir, die starken Menschen, (…) uns nicht mehr vermehren." Über die Letzteren, wohl die Puppies, meinte Klar: "Ganz ehrlich, die müssen aufpassen, dass sie nicht weggefangen werden und in die Tierklinik geschafft werden zum Einschläfern."


T-Shirt mit Aufdruck "Black Elite Kinderschutz" (Bild: Robert Andreasch)

"Kinderschutz ist Gottes Wort, kein Genderwahn an diesem Ort"

Vor Christian Klar standen junge wie ältere Neonazis. Mit einem Totenkopf-Banner der österreichischen "Black Elite Brotherhood", mit Reichsadlern, Sturmgewehren und anderen martialischen Aufdrucken auf ihren T-Shirts. Viele inszenierten sich durch einheitliche Kleidung als "1161-Crew" ("Anti-Antifascist-Action"-Crew). Die Veranstaltenden forderten die Teilnehmenden mit Blick auf die anwesenden Medien auf, beim Aufmarsch auf jegliche Handzeichen zu verzichten: "Lasst die Hände unten! Die Hände gehen nicht über die Schultern hoch!"

Zur Mittagszeit liefen die Neonazis hinter dem Transparent "Deutsche Jugend Pforzheim" los. Das Banner war mit einer zerrissenen Antifa-Fahne und einer zerrissenen Progress-Pride-Flagge illustriert. Ein paar trugen Pappschilder, darauf zu lesen etwa "Ehe und Familie vor! Stoppt die Gender-Ideologie". Zunächst brüllten die Marschierenden queerfeindliche Parolen: "Heimat fängt bei Kindern an, mit Mutter, Vater – Frau und Mann" und "Kinderschutz ist Gottes Wort, kein Genderwahn an diesem Ort". Dann landeten sie bei den gewissermaßen altbekannten Sprüchen und Gesängen: "Alle Zecken sind Schweine", "Antifa-Hurensöhne", "Hier marschiert der nationale Widerstand" und "Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!"

Direktlink | Video der "Pforzheimer Zeitung" vom CSD
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Polizei löst Antifa-Demo auf

Auch ein paar Hundert Antifas waren nach Pforzheim gereist. Sie versuchten an mehreren Stellen, den Aufmarsch zu blockieren. Auf ihren Transparenten hieß es: "Naziaufmärsche stoppen!" und "Queeren Selbstschutz organisieren!". Die Polizei schritt bei den Blockadeversuchen hart ein, vor allem mit einer Pferdestaffel. Demosanitäter*innen und Rettungsdienst mussten mehrere Verletzte versorgen. Eine Person wurde festgenommen, von mehr als hundert Menschen wurden die Personalien aufgenommen.

Der Neonaziaufmarsch endete auf dem völlig abgeriegelten Waisenhausplatz, auf dem er auch begonnen hatte. Der lokale Aktivist Dino C. behauptete am Mikrofon: Neonazis, vor denen die Lokalzeitung gewarnt hatte, habe er heute nicht gesehen. Nicht wenige um ihn herum hatten allerdings "88" und "Schwarze Sonnen" auf ihre Köpfe und Körper tätowiert. Dass andere mit Pflastern regelrecht zugeklebt waren, dürfte dem Strafgesetzbuch geschuldet gewesen sein.


Transparent "Queeren Selbstchutz organisieren!" auf der Antifa-Demo (Bild: Robert Andreasch)

Die Neonazis durften am Rande des CSD-Fests vor dem Neuen Rathaus vorbeilaufen. Verhindern oder erheblich stören konnten sie es nicht. Am Rathaus gab es schließlich sogar mehrere Regenbogenfahnen. Der Lokalpresse zufolge sollen es die Fraktionen von SPD und Bündnisgrün/WiP/Linke gewesen sein, die sie aus den Fenstern ihrer Räumlichkeiten hingen.

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Neonazis auch beim CSD in Bad Mergentheim

Auch im baden-württembergischen Bad Mergentheim haben am Samstag Neonazis versucht, den CSD (Motto dort: "Wir sind hier, wir sind queer") zu beeinträchtigen. Vor dem Verwaltungsgericht hatten sie sich eine Kleinkundgebung direkt neben dem CSD-Veranstaltungsort auf dem Deutschordensplatz erstritten. Rund 20 Mitglieder der Neonaziorganisation "Der III. Weg" aus Bayern und Baden-Württemberg tauchten auf und beschallten den CSD zwei Stunden lang mit Reden. Wie das Netzwerk "CSD im Taubertal" gegenüber queer.de berichtete, hätten die 300 Teilnehmer*innen des CSDs die Versammlung der Neonazis jedoch weitgehend abschirmen und die neonazistischen Parolen übertönen können. (ls/ra)

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