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Regenbogenflagge am Verteidigungsministerium
Vor 25 Jahren beendete die Bundeswehr die Homosexuellen-Verfolgung
Bis vor einem Vierteljahrhundert diskriminierte die Bundeswehr Homosexuelle wegen ihres angeblich "sprunghaften Lebenswandels". Inzwischen bemühen sich die deutschen Streitkräfte, alle gleich zu behandeln.

Heutzutage wirbt die Bundeswehr auch auf CSDs um Nachwuchs – anders als in den ersten 45 Jahren ihres Bestehens, als sie Homosexuelle verfolgen ließ (Bild: IMAGO / Stefan Zeitz)
- 3. Juli 2025, 15:22h 3 Min.
Heute ist es kaum vorstellbar – doch bis zur Jahrtausendwende sind homosexuelle und trans Soldaten – und auch einige Soldatinnen – in der Bundeswehr systematisch diskriminiert worden. Sie galten als Sicherheitsrisiko, zudem könnten etwa schwule Offiziere wegen ihres angeblich "sprunghaften Lebenswandel" kein Vorbild sein, hieß es über Jahrzehnte. In den Anfangsjahrzehnten der Bundesrepublik (und auch der DDR-Armee) musste homosexuelle Beschäftigte bei den Streitkräften damit rechnen, entlassen zu werden – und wurden außerdem ins Gefängnis gesteckt. Später konnten sie zwar in der Bundeswehr bleiben, wurden aber nicht mehr mit verantwortungsvollen Aufgaben betraut.
Die Verfolgung mussten dabei auch heterosexuelle Offiziere erfahren, die unter Homosexuellenverdacht gerieten. Die Kießling-Affäre erschütterte etwa 1984 die Republik: Der damalige Verteidigungsminister Manfred Wörner (CDU) wollte seinen Star-General Günter Kießling entlassen, weil dieser angeblich in einer schwulen Bar gesichtet worden war. Der Fall weitete sich zu einer Regierungskrise aus (queer.de berichtete)
Erst im Jahr 2000 hob der damalige Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) die diskriminierende Regelung auf – und zwar am 3. Juli 2000, vor genau 25 Jahren. Damit wurde die institutionelle Diskriminierung queerer Menschen bei der Bundeswehr beendet – immerhin nur sechs Jahre, nachdem Deutschland den diskriminierenden Paragrafen 175 abgeschafft hatte.
"Der Wind in der Bundeswehr hat sich gedreht"
Aus diesem Anlass hisste das Bundesverteidigungsministerium an seinen beiden Dienstsitzen in Berlin und Bonn die Flagge: "Der 3. Juli ist für die Bundeswehr ein bedeutsamer Tag", betonte dabei Jan Stöß, Leiter der Abteilung Recht und Organisation im Verteidigungsministerium. "Wir hoffen, mit dem deutlichen Zeichen gerade all jene zu erreichen, die seinerzeit im Wehrdienst auf ihre sexuelle Orientierung reduziert wurden. Sie dürfen sich gewiss sein: Der Wind in der Bundeswehr hat sich gedreht. Hier zählt heute Kameradschaft unabhängig von sexueller Orientierung oder geschlechtlicher Identität."
Zwar gab es auch danach Berichte über Diskriminierungen. Das Verteidiungsministerium übernahm aber in den letzten Jahren sichtlich mehr Anstrengungen, diese zu unterbinden. 2021 beschloss der Bundestag auf Initiative von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) einen Gesetzentwurf zur Rehabilitation und Entschädigung von wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität diskriminierten Soldat*innen (queer.de berichtete). Die Ministerin betonte damals, dass die "symbolische Wiedergutmachung" ein "Zeichen eines tiefen Bedauerns" sei.
Allerdings scheint es in der aktuellen Regierung nach Jahren der LGBTI-Liberalisierung einen Gegenreaktion zu geben. Das Bundesverteidigungsministerium darf daher nicht zum CSD das Ministerium beflaggen (queer.de berichtete). Immerhin kündigte das vom SPD-Politiker Boris Pistorius geführte Ministerium an, "auch am 26. Juli zum Christopher Street Day als Innenbeflaggung im Berliner Dienstsitz des Ministeriums" die Regenbogenfahne zu zeigen.
Noch heute können Opfer der Verfolgung die Rehabilitierung und eine (geringe) Entschädigung beantragen (Online-Antragsportal). Die gesetzliche Antragsfrist für Entschädigungen läuft am 23. Juli 2026 aus. (dk)














