Das ultimative Buch für alle Ralf-König-Fans

Er selbst nennt sich "Chronist der Szene". Am 8. August wird der schwule Comiczeichner Ralf König 65 Jahre alt. Genau der richtige Anlass, um auf unkonventionelle Art auf seine 45 Jahre kreatives Schaffen zurückzublicken.

Als König 1980 anfängt, seine ersten Comics zu veröffentlichen, ist die Materie noch ziemlich pikanter Stoff. Die schwule Szene läuft überwiegend im Untergrund, schon bald wird sie durch das Aufkommen von Aids bedroht und erntet mehr als nur abwertende Blicke. Ralf König studiert zu der Zeit an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf, wird aber aufgrund seines Comic-Faibles eher belächelt. Glück ist es dennoch, schließlich ist es mit einem Hauptschulabschluss gar nicht so leicht, überhaupt ein Studium beginnen zu dürfen.

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Keine Biografie, kein klassischer Bildband

"Pflaumensturz und Sahneschnitten – 65 Jahre Ralf König" erscheint am 5. August 2025 in der Egmont Comic Collection

Wie es dazu kam, wie es währenddessen war und was alles danach geschah, liest sich nun in der großen Werkschau "Pflaumensturz und Sahneschnitten" (Amazon-Affiliate-Link ), die drei Tage vor seinem 65. Geburtstag erscheint. Das Buch ist keine Biografie, auch kein klassischer Bildband. Stattdessen ist die Mischung aus Bildern aus dem Archiv, einem sehr umfangreichen Interview und unzähligen beliebten wie unveröffentlichten Comicstrips das Rezept, um Fans genau das Richtige zu liefern. Die knapp 200 Seiten umfassende gebundene Ausgabe wählt nicht den konventionellen Weg eines drögen Fließtextes, sondern richtet sich vor allen Dingen an diejenigen, die König schon ewig begleiten.

Das Interview, das fast die Hälfte der Seiten beansprucht, wird von Alex Jakubowski geführt, 1970 geboren und nebenberuflich Lehrbeauftragter für Kommunikationswissenschaft an der Uni Münster. Der Journalist und Moderator war viel für den öffentlichen Rundfunk tätig und leitet den ambitionierten Blog "Comic-Denkblase". Das Interview führen zu dürfen, sei ihm eine besondere Ehre, wie er im Vorwort deutlich macht.

Sowieso merkt man dem Gespräch in jeder Zeile an, dass sich hier zwei Menschen unterhalten, die sich sehr respektieren und mögen. Jakubowski scheint sich im Oeuvre Königs perfekt auszukennen. Sämtliche Fragen porträitieren seine Arbeit, aber auch seine Öffentlichkeitsperson vorzüglich. Die Wortwahl ist direkt und unverblümt – so, wie man es auch von den Comics kennt.

Sexstellungen als Teil des Lebens

Ralf König wurde besonders in den 1990er Jahren gern als "Pornozeichner" betitelt, ist aber weitaus mehr als das. Königs Zeichnungen sind politisch wie erotisch. Er öffnet die noch geheime, schwule Büchse der Pandora und macht Fetische salonfähig. Das ist mutig, aber auch zwingend notwendig. Irgendeiner muss dem Ganzen ja den "Schmuddelfaktor" nehmen und aufzeigen, was wirklich in den ominösen Bars und Kneipen passiert. Trotzdem sind Sexstellungen, Lederkleidung und Penisse nicht Mittel zum Zweck, sondern eben das, was sie einfach sind – ein Teil des Lebens der bunten Figuren, die dazwischen oft mit Einsamkeit, Betrug, Lügen und HIV-Infektionen zu kämpfen haben.

Bild: Story House Egmont / Ralf König

Neben dem Interview sieht man Ralf König in Drag, lesend wie zeichnend bei Auftritten sowie neben anderen berühmten Persönlichkeiten. Nie verliert der Künstler dabei seine Bodenständigkeit und Nahbarkeit. Abgerundet wird der spannende Rückblick durch zwei große Serien. Einmal gibt es 24 Folgen von "Spargel", dem schlaksigen Typen, für den sich nur deshalb so viele Gays interessieren, weil er angeblich das größte Teil der Stadt hat, der ansonsten aber mit dem Leben ganz schön zu kämpfen hat. Die Reihe erschien zur Pandemie-Hochphase im Magazin "Boner". Gegen Ende erwartet die Leser*innen dann über 30 Seiten mit teils noch nie zuvor gesichteten Storys von "Konrad und Paul" – zwei Figuren, die König ganz besonders am Herzen liegen.

"Pflaumensturz und Sahneschnitten" ist immer wieder mit überraschenden Anekdoten gespickt, zum Beispiel was Ralf König wirklich von den Verfilmungen seiner Comics hält, welche zwischenzeitlich im Gespräch waren und bei welchen er sich schier querstellte. Ein kluges Interview, welches durch die stimmige Dynamik beider Teilnehmer beim Lesen regelmäßig zum Schmunzeln und Reflektieren führt. Eine sehr würdige Retrospektive einer Schlüsselfigur schwulen Lebens in Deutschland.

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