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Interview
Wie hat sich Ihr Leben als schwuler Vater verändert, Luke Macfarlane?
Wir sprachen mit dem kanadischen Schauspieler über seine Rolle in der Comedy-Serie "Platonic", seine kleine Tochter, das Geheimnis langjähriger Freundschaften und Nachrichten von schwulen Fans.

Luke Macfarlane Ende Juli 2025 bei der Premiere der zweiten Staffel von "Platonic" in Los Angeles (Bild: IMAGO / ZUMA Press Wire)
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4. August 2025, 07:50h 6 Min.
Luke Macfarlane, geboren 1980 im kanadischen London, studierte an der renommierten Juilliard School in New York und hatte seinen ersten Leinwandauftritt im Film "Kinsey" von Bill Condon. Der Durchbruch gelang ihm mit der Serie "Brothers & Sisters", in der er gemeinsam mit Matthew Rhys ein schwules Paar verkörperte – und in diesem Kontext auch seine eigene Homosexualität öffentlich machte.
Es folgten viele, nicht ausschließlich queere Rollen in Serien wie "The Night Shift" oder "Killjoys", diversen Liebes- und Weihnachtsfilmen im Auftrag des Hallmark Channels oder der Kino-Komödie "Bros".
Vor zwei Jahren feierte Macfarlane zusammen mit seinem Partner, dem Ski-Alpin-Fahrer Hig Roberts, die Geburt ihres ersten Kindes Tess (queer.de berichtete).
Seit 2023 spielt Macfarlane auch eine tragende Rolle in der Comedy-Serie "Platonic" (AppleTV+), deren zweite Staffel am 6. August 2025 startet. Wir sprachen ihn aus diesem Anlass im Interview.
Mr. Macfarlane, die Serie "Platonic" erzählt von der platonischen, langjährigen Freundschaft zwischen Sylvia (Rose Byrne) und Will (Seth Rogen). Dass die beiden heterosexuell sind, ist für diese Geschichte entscheidend, oder sehen Sie das anders?
Nein, da stimme ich als schwuler Mann definitiv zu. Wäre einer der beiden queer, wäre die Dynamik bzw. das Konfliktpotential sofort ganz anders. Ohne jetzt zu pauschal zu werden, würde ich sagen: Die Beziehung der beiden ist vielleicht vergleichbar mit der eines schwulen Mannes, der mit seinem Ex-Partner befreundet ist. Da existieren dann eine Nähe und Vertrautheit, die in einer neuen Beziehung als Bedrohung wahrgenommen werden könnte. Oder die Sache zumindest verkomplizieren. Soweit zumindest meine persönlichen Erfahrungen. Ich bin vielen meiner Ex-Freunde immer noch sehr eng verbunden, was für meinen Lebensgefährten nicht immer leicht gewesen ist.
Welchen Stellenwert nehmen Freundschaften denn in Ihrem Leben ein?
Definitiv einen großen. Und ich schätze mich glücklich, dass ich sehr viele sehr unterschiedliche Freundschaften habe. Mit ein paar Kumpels – heterosexuellen übrigens – bin ich schon seit Grundschultagen befreundet. Andere traten später in mein Leben, durch den Job, Beziehungen oder gemeinsame Bekannte.
Fast alle meine Freundschaften, zumindest die wirklich wichtigen, sind enge Eins-zu-Eins-Verhältnisse, die über die Jahre und intensive Begegnungen gewachsen sind. Ich war nie jemand, der wie in "Sex and the City" einen Freundeskreis um sich hatte, in dem man sich ständig als Gruppe trifft. Für mich waren Einzelgespräche immer wichtiger als eine Clique.
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Was ist denn das Geheimnis für eine lange haltende Freundschaft?
Vor allem muss man sich immer wieder daran erinnern, dass und warum man die andere Person mag. Natürlich hat man als Erwachsener nicht mehr so viel Zeit für Freundschaften wie als junger Mensch, zumal wenn ein Beruf, eine Partnerschaft und womöglich Kinder ins Spiel kommen. Aber gleichzeitig macht es einem die Technik heutzutage so leicht wie nie, mit anderen in Kontakt zu bleiben. Selbst über große Distanzen.
Ich habe viele Freunde, die am anderen Ende der USA leben, aber auch mit denen versuche ich trotzdem, mich so oft wie möglich auszutauschen. Zur Not mal per Textnachricht. Aber am liebsten telefoniere ich. Wenn ich meinen Freund Keith anrufe, kann es passieren, dass wir stundenlang quatschen und uns selbst die banalsten Alltagsdinge erzählen. Hauptsache man hört die Stimme des anderen!
Apropos Kinder: inzwischen sind Sie selbst Vater, Ihre Tochter Tess ist jetzt zwei Jahre alt. Ist Ihr Leben seither ein grundlegend anderes?
In vielerlei Hinsicht auf jeden Fall. Meine Tochter wurde sehr schnell zur obersten Priorität in meinem Leben. Es gibt für mich nichts Wichtigeres. Aber es haben sich auch ganz banale Dinge verändert. Mein Verhältnis zu den Wochenenden zum Beispiel. Mein Partner und ich haben kein Kindermädchen oder so. Wenn die Kleine also nicht im Kindergarten ist, muss man ganz anders planen. Mal eben, wie früher, samstags zusammen zum Sport ist nicht mehr, dafür muss jetzt erst einmal ein Babysitter organisiert werden.
Und dann, apropos Freundschaften, verändert sich natürlich auch das Umfeld. Wenn man jeden Tag auf den Spielplatz geht, kann man sich nun einmal nicht wirklich aussuchen, mit wem man dort seine Zeit verbringt. Wenn meine Tochter ausgerechnet mit dem Kind am liebsten spielt, dessen Eltern mich in den Wahnsinn treiben, muss ich da einfach durch.
In "Platonic" sind Sie als Sylvias Ehemann Charlie oft der Ruhepol, der vielleicht etwas langweilige Gegenpart zum lustigen Chaos, das die Freundschaft von Sylvia und Will dominiert. Täuscht der Eindruck oder entspricht das ein wenig auch Ihrem echten Naturell?
Das ist schon etwas dran. Ich bin nicht unbedingt der Wildeste oder sonderlich chaotisch. Dafür gehört es ohne Frage zu meinen Charaktereigenschaften, immer dafür zu sorgen, dass sich alle in meinem Umfeld wohlfühlen. Ich bin ein Kümmerer und gerne das ausgleichende Element.
Liegen Sie auch gerne mal wie Charlie bereits vor 21 Uhr im Bett und gucken die Quizshow "Jeopardy"?
Ganz im Ernst: ich liebe "Jeopardy"! Was die Drehbuchautoren von "Platonic" vermutlich gar nicht wussten. Manchmal gucke ich die Sendung jeden Tag. Bei uns läuft sie um 19 Uhr, und das ist genau die Zeit, wo wir meistens unsere Tochter ins Bett gebracht haben. Die perfekte halbe Stunde, um herunterzukommen, bevor man sich ans Abendessen macht.
Eine andere Leidenschaft von Ihnen ist die Tischlerei. Auf Instagram kann man sehen, wie gerne Sie mit Holz arbeiten, und in den USA hatten Sie jüngst mit "Home Is Where the Heart Is" sogar eine eigene Fernsehshow rund um das Thema. Wie sind Sie zu diesem Hobby gekommen?
Das stammt noch aus meiner Jugend in Kanada. Damals habe ich durch meinen Vater die unterschiedlichsten Schreiner- und Tischlerarbeiten gelernt. Wirklich professionalisiert habe ich mein Können auf diesem Gebiet allerdings erst, als ich nach dem Schauspielstudium von New York nach Kalifornien zog. Denn damit habe ich mir immer ein Zubrot verdient, wenn die Schauspiel-Jobs rar waren. Inzwischen freue ich mich allerdings sehr, dass ich in meiner Holzwerkstatt eher ein Kinderbett für meine Tochter oder einen Wohnzimmertisch für uns herstelle als Auftragsarbeiten.
Eine letzte Frage noch mit Blick auf Ihre Karriere vor der Kamera, in der Sie nicht nur queere Rollen wie in der Serie "Brothers & Sisters" oder dem Film "Bros" gespielt haben, sondern auch in zahlreichen etwas kitschigen Liebesgeschichten für den Hallmark Channel zu sehen waren. Welche Fans sind denn die leidenschaftlicheren, die Gays oder die sicherlich oft weiblichen Romanzen-Zuschauerinnen?
Haha, eine wunderbare Frage. Wenn ich mich in den sozialen Netzwerken umgucke, sind die schwulen Fans mittlerweile doch in der Überzahl, glaube ich. Allerdings sind die Hallmark-Fans lautstärker und offensiver. Jedes Mal, wenn ich ein Flugzeug betrete, sprechen mich Leute an, die mich aus diesen Filmen kennen. Die Gays schicken mir dagegen eher Nachrichten bei Instagram. Nicht selten natürlich mit einem anzüglichen Foto...
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