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USA
Supreme Court könnte Ehe für alle prüfen
Die queerfeindliche Ex-Standesbeamtin Kim Davis will erreichen, dass das Höchstgericht seine Entscheidung zur Öffnung der Ehe zurücknimmt.

Der Supreme Court in Washington im Jahr 2015. Könnte das Gericht seine Öffnung der Ehe für alle aus dem Jahr wieder zurücknehmen? (Bild: Ted Eytan / flickr)
- 12. August 2025, 07:33h 3 Min.
Rund zehn Jahre nach der landesweiten Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare durch das Oberste Gericht der Vereinigten Staaten könnte der nun erzkonservativ besetzte Supreme Court die Entscheidung wieder aufheben oder einschränken.
Wie US-Medien berichten, landet erstmals ein Fall vor dem Gericht, der es ihm ermöglichen könnte, sich zu der Frage neu zu positionieren. Aktivist*innen befürchten dies seit langem, nachdem das in der ersten Präsidentschaft Trumps gezielt nach Rechts positionierte Gericht vor drei Jahren seine 50-Jährige liberale Haltung zu Abtreibung aufgab und die Frage den einzelnen Bundesstaaten überließ.
Der von George H.W. Bush ernannte Richter Clarence Thomas hatte damals betont, dass aus seiner Sicht weitere Urteile auf den Prüfstand sollten, darunter die Ehe-Öffnung (queer.de berichtete). Zuletzt hatten mehrere von Republikanern dominierte Parlamente das Gericht aufgefordert, die Ehe für alle abzuschaffen (queer.de berichtete). Dazu braucht es allerdings einen vorgelegten Rechtsstreit – und Expert*innen gehen davon aus, dass derzeit nur wenige Personen ein aktives Klagerecht in der Frage haben. Auch eignet sich nicht jeder Streit für Grundsatzfragen und das Gericht muss vorgelegte Fälle nicht annehmen oder komplett entscheiden.
Glaubenskriegerin Kim Davis kämpft noch immer
Dennoch muss das Gericht nun in seiner nächsten Sitzungsperiode im Herbst beraten, ob es einen Berufungsantrag aus Kentucky annimmt, in dem ausdrücklich die Aufhebung der Ehe-für-alle-Entscheidung gefordert wird.
Antragstellerin ist die notorisch queerfeindliche Ex-Standesbeamtin Kim Davis. Die weigerte sich 2015 unter Verweis auf ihren Glauben, gleichgeschlechtlichen Paare Heiratsurkunden auszustellen (und durch ihre Angestellten ausstellen zu lassen). Nachdem sie eine gerichtliche Anordnung ignorierte, landete sie zwischenzeitlich in Beugehaft und wurde zu einem Star der queerfeindlichen christlichen Rechten, die sie auch – bislang vergeblich – in Musterprozessen zu unterstützen suchte.

Der Mugshot von Kim Davis aus dem Jahr 2015
Der Supreme Court soll sich mit einem zivilrechtlichen Verfahren beschäftigen: In den letzten Jahren wurde Davis von einer Jury verurteilt, einem von ihr abgelehnten schwulen Paar 100.000 Euro Schadenersatz zu zahlen (queer.de berichtete). Ein Bundesgericht verpflichtete sie in der Folge zudem zu 260.000 Euro Anwaltskosten (queer.de berichtete).
In dem im letzten Monat eingereichten und nun bekannt gewordenen Berufungsantrag argumentiert Davis mit einer Einschränkung ihrer religiösen Freiheit – ein Argument, mit dem sie im Rahmen der Ausübung ihrer staatlichen Tätigkeit im Vergleich zum Privatleben aber bislang stets scheiterte.
Vor allem aber argumentiert ihr Anwalt Mathew Staver, die Ehe-Öffnung im Fall "Obergefell v Hodges" vor zehn Jahren sei "eklatant falsch" und müsse korrigiert werden. "Diese fehlerhafte Entscheidung hat verheerende Folgen gehabt, da es für Einzelpersonen wie Davis zunehmend schwieriger geworden ist, am öffentlichen Leben teilzunehmen, ohne mit Obergefell und seinen Auswirkungen auf andere Antidiskriminierungsgesetze in Konflikt zu geraten", so der Antrag. Das Gericht habe damals die Verfassung zu ausgedehnt interpretiert. Nun biete der vorgelegte Fall "die ideale Gelegenheit", die damaligen Herleitungsgrundsätze zu überdenken, die "jeder Grundlage in der Verfassung" entbehrten.
Ehe für alle inzwischen durch Bundesgesetz abgesichert
Die Entscheidung war damals weitgehend nach Parteilinien mit 5:4 Stimmen ergangen. Drei der vier konservativen Richter, die die Ehe-Öffnung ablehnten, sind noch im Amt. Laut Beobachter*innen des Supreme Court scheint es nicht bei allen der nun insgesamt sechs konservativen Richter*innen ein Interesse an einer Wiederaufnahme der Frage zu geben. Auch könnte es dazu besser geeignete Fälle geben.
Nimmt das Gericht den Fall an, könnte es im nächsten Frühjahr eine Anhörung und im Sommer eine Entscheidung geben. Bestehende gleichgeschlechtliche Ehen blieben allerdings wohl auch bei einem Richtungswechsel des Gerichts in Kraft und sie könnten wohl auch zunächst weiter zumindest in einigen Bundesstaaten mit gleicher Wirkung geschlossen werden: Mit dem unter dem demokratischen Präsidenten Joe Biden 2022 verabschiedeten "Respect for Marriage Act" gibt es inzwischen eine gesetzliche und nicht nur gerichtlich angeordnete Grundlage, dass Bundesstaaten gleichgeschlechtliche Ehen aus anderen Staaten anerkennen müssen. Viele Einschränkungen in Detailfragen und diverse Rechtsstreitigkeiten scheinen dann aber möglich. (cw)














