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Noisy-le-Sec
"Barbie"-Vorführung in Frankreich nach Drohungen abgesagt
Der Bürgermeister sagte den Kinoabend nach Einschüchterung seines Personals ab. Aggressive Jugendliche sollen in dem Film eine "Bewerbung von Homosexualität" gesehen haben.

Barbie (Margot Robbie) und Ken (Ryan Gosling) werden zwei Jahre nach Kinostart noch immer angefeindet (Bild: Warner Bros. Pictures)
- 14. August 2025, 05:59h 3 Min.
Nach Gewaltdrohungen gegen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes hat die französische Stadt Noisy-le-Sec eine von ihr geplante Vorführung des Films "Barbie" abgesagt. Die französische Kulturministerin Rachida Dati beklagte daraufhin in einem Post auf der Plattform X am Mittwoch einen "schwerwiegenden Programm-Eingriff, der Familien und Kinder von einer kulturellen Aktivität ausschließt". Sie kündigte rechtliche Schritte an.
Der Bürgermeister der Stadt, Olivier Sarrabeyrouse von der Kommunistischen Partei Frankreichs (PCF), hatte am Montag sein Bedauern darüber geäußert, dass "eine kleine Gruppe aus dem Viertel unter dem Druck eines Einzelnen ihre Energie darauf verwendet hat, die Vorführung dieses Films zu verhindern". Der Freiluftkino-Abend in der Stadt bei Paris hätte am vergangenen Freitag stattfinden sollen.
Der französischen Zeitung "Le Parisien" sagte er, die Bevölkerung hätte den Film wie andere der kostenlosen Reihe aus einer Liste selbst ausgewählt. Jugendliche hätten den Beschäftigten während des Aufbaus gesagt, sie würden die Vorführung verhindern und die Ausrüstung zerstören. Die Gegner hätten gemeint, dass der Film Homosexualität bewerbe und die Integrität der Frau verletze. Weil die Situation sehr aggressiv gewesen sei, hätten die Mitarbeitenden den Bürgermeister angerufen. Er habe dann entschieden, die Veranstaltung abzusagen.
"Obskurantismus und Fundamentalismus"
Laut der Mitteilung von Sarrabeyrouse basierten die Drohungen der störenden Gruppe auf "fadenscheinigen Argumenten", die von politisch motiviertem "Obskurantismus und Fundamentalismus" zeugten.
Der Film habe auf der ganzen Welt Debatten ausgelöst. "Er hat insbesondere die reaktionärsten und konservativsten Ideologen, vor allem aus dem rechtsextremen Lager, auf den Plan gerufen, um erneut eine moralische Panik auszulösen." Dem Film würde die "Bewerbung" von LGBT und "neofeministische Propaganda" vorgeworfen – was nicht im Widerspruch stehe zu "den linken und emanzipatorischen Werten, für die unsere Gemeinde steht".
Les séances de cinéma plein air, organisées depuis cinq ans dans les quartiers de la ville, sont un des moments phares...
Posted by Olivier Sarrabeyrouse on Monday, August 11, 2025
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Die Aktion vom Freitag gehe aus von einer "extremen Minderheit von Rowdys, die den Film zweifellos nicht gesehen haben", und ziele als "politische Manipulation" im Wahlkampf zugleich darauf, "den Erfolg unserer kommunalen Maßnahmen zu behindern". "Bleiben wir mobilisiert, um unsere fortschrittlichen, emanzipatorischen, humanistischen und solidarischen Werte zu verteidigen und dafür zu sorgen, dass diese Wahlperiode nicht zu einer Quelle der Spaltung wird, sondern zur Erhaltung und gemeinsamen Gestaltung eines kollektiven Engagements beiträgt." Er werde keine "Räume kultureller Rechtlosigkeit" akzeptieren.
Weitere Angaben zu den Jugendlichen hatte der Bürgermeister nicht gemacht und wurden zunächst nicht direkt bekannt. In sozialen Netzwerken wurde Sarrabeyrouse vorgeworfen, Islamismus nicht zu benennen. Die republikanische Senatorin Valérie Boyer beschuldigte den Bürgermeister, sich "islamistischen religiösen Fundamentalisten zu unterwerfen, die eine starke und wirksame soziale Kontrolle ausüben". Der Abgeordnete Aleksandar Nikolic von der rechtsextremen Partei Rassemblement National sagte, man müsse einer "Talibanisierung bestimmter Gegenden" entgegenwirken.
Die Le-Pen-Partei macht allerdings selbst politische Stimmung gegen eine "Gender-Ideologie" oder "LGTB-Lobby" – in einem Land, wo die "Demo für alle" gegen die Ehe für alle zu Massenprotesten mobilisieren konnte und noch immer etwa gegen Schulaufklärung über LGBTI vorgeht. Aus rechtsextremen Umfelden hatte es in den letzte Jahren in mehreren Städten Vor-Ort-Proteste gegen Drag-Auftritte gegeben; die Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele in Paris war unter anderem wegen Drag Queens von Vertreter*innen von Republikanern bis RN als "woke" kritisiert worden.
Die bunte Satire "Barbie" von US-Regisseurin Greta Gerwig aus dem Jahr 2023 war ein Welterfolg. Der Film erzählt davon, wie die ikonische Puppe Barbie (dargestellt von Margot Robbie) und Ken (Ryan Gosling) kurzzeitig aus ihrer Heimat Barbieland in die echte Welt gelangen. Der Film war in Algerien, Katar, Kuwait und Libanon mit Verweis auf "Moral" und Religion verboten worden. (dpa/cw)















