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Vorwärts in die Vergangenheit?

Union macht Stimmung gegen Selbst­bestimmungs­gesetz

In CDU und CSU werden die Rufe lauter, trans Menschen das Recht auf Selbstbestimmung wieder zu entziehen.


Martin Huber (CSU, li.) und Martin Plum (CDU) und schießen sich schon mal gegen das Selbstbestimmungsgesetz ein (Bild: IMAGO / photothek, IMAGO / dts Nachrichtenagentur)
  • 22. August 2025, 12:08h 3 Min.

Der Fall von Neonazi Sven alias Marla-Svenja Liebich führt zu verstärkten Forderungen in der Union, die Selbstbestimmung für trans Menschen wieder abzuschaffen. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Plum, der Unionsobmann im Rechtsausschuss, wird etwa in einem ausführlichen Artikel in der "Bild"-Zeitung mit den Worten zitiert: "Bereits bei Verabschiedung des Selbstbestimmungsgesetzes war klar: Möglichem Missbrauch wird nichts entgegengesetzt, wenn man Namen und Geschlechtseintrag voraussetzungslos ändern kann."

CSU-Generalsekretär Martin Huber bezeichnete im Boulevardblatt das SBGG als "schweren Fehler". Huber gilt als queerfeindlicher Haudegen, der in der Vergangenheit etwa Auftritte von Dragqueens als "woke Frühsexualisierung" diffamiert hatte.

Der Koalitionspartner der Union wies die Forderungen nach einer Abschaffung des SBGG in der "Bild" zurück: Die rechtspolitische SPD-Sprecherin Carmen Wegge erklärte, eine Evaluierung des Gesetzes sei "ohnehin im Koalitionsvertrag vereinbart" – bis Ende Juni 2026. Man werde "genau prüfen, ob und wo nachgesteuert werden muss". Wegge bekräftigte auch, dass das Gesetz bereits Schutzmechanismen enthalte. Als Beispiel nannte sie "etwa Sperrfristen", das Gesetz schaffe außerdem "keinen Freifahrtschein für den Zugang zu geschützten Räumen".

Das Selbstbestimmungsgesetz war im April 2024 mit den Stimmen der damaligen Ampel-Koalition und den Linken beschlossen worden (queer.de berichtete). In der Debatte hatte die trans Abgeordnete Nyke Slawik (Grüne) von ihrer eigenen entwürdigenden Prozedur der Anerkennung ihres Geschlechts nach dem verhassten Transsexuellengesetz berichtet. LGBTI-Organisationen hatten sich seit Jahren dafür eingesetzt, das in großen Teilen verfassungsfeindliche Gesetz aus dem Jahre 1981 zu reformieren.

Fall von Nazi-Liebich bestärkt Union

Rechte Medien und Politiker*innen nutzen derzeit den Fall um Marla-Svenja Liebich aus, um gegen das Selbstbestimmungsgesetz zu kämpfen. Der Hintergrund: Der Nazi-Aktivist Sven Liebich war im Juli 2023 vom Amtsgericht Halle wegen Volks­verhetzung, übler Nachrede und Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt worden. Nach dem Urteil änderte Liebich Vornamen und Geschlechtseintrag – und soll nun die Haftstrafe in einer Frauen-Justizvollzugsanstalt antreten (queer.de berichtete). Dabei wurde der Verdacht geäußert, dass Liebich die eigene Transidentität nur vorschiebt, um zu trollen – schließlich hatte das große Vorbild für viele Rechtsextreme vorher vor "Transfaschismus" gewarnt und bei einer Demo gegen einen CSD erklärt: "Ihr seid Parasiten dieser Gesellschaft."

Liebich wird übrigens nicht automatisch in einem Frauengefängnis untergebracht, sondern muss dort nur die Haft antreten. So berichtet "Legal Tribune Online", dass die endgültige Entscheidung der Zuordnung in ein Frauen- oder Männergefängnis bei der JVA selbst liege. Das müsse in einem Aufnahmegespräch geprüft werden. Gäbe es eine Gefahr für "Sicherheit und Ordnung", wäre eine Verlegung möglich. Das Chemnitzer Gefängnis erklärte gegenüber dem Magazin, dass man bereits "jahrelange Erfahrung" im Umgang mit geschlechtlichen Minderheiten habe.

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Rechte feiern Liebich

In rechten oder rechtspopulistischen Medien wie "Nius" wird dieses Detail gerne unterschlagen – vielmehr macht man sich über den Fall Liebich lustig. So schreibt dort die queerfeindliche Aktivistin Birgit Kelle, selbst CDU-Mitglied, in einem Kommentar: "Liebich mag ein verurteilter Rechtsextremer sein, er erweist mit seiner Punk-Show aber gerade dem ganzen Land einen unbezahlbaren Dienst, indem er den nackten Trans-Kaiser in Damenunterwäsche demaskiert."

Bei dem Selbstbestimmungsgesetz handelt es sich übrigens nicht um einen deutschen Alleingang. Bereits rund zwei Dutzend Länder hatten ähnliche Gesetze vor Deutschland beschlossen, Argentinien bereits 2012, danach folgten viele europäische Länder wie Dänemark oder Spanien. Da diese vor der insbesondere von amerikanischen Rechten angefachten Kulturkampf gegen trans Menschen in Kraft traten, war die Aufregung gering. Teilweise wurden die Gesetze sogar von konservativen Parteien unterstützt, in Irland, Norwegen und Kolumbien beschlossen sogar konservativ-liberale Regierungen die Reform. Jetzt entdecken neben Rechtsextremen auch viele Konservative geschlechtliche Minderheiten aber als Feindbilder, offensichtlich auch in Deutschland. (dk)

Wöchentliche Umfrage

» Wie sollte Nazi-Liebich in den Medien bezeichnet werden?
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