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Kommentar
Stimmungsmache auf Kosten von trans Menschen
Der Bundestag debattiert heute über einen Antrag der AfD, das Selbstbestimmungsgesetz "unverzüglich aufzuheben". Auf dreieinhalb Seiten hat die rechtsextreme Partei mal eben alle bekannten transfeindlichen Mythen versammelt.

AfD-Spitzen im Deutschen Bundestag: Alice Weidel, Timo Chrupalla, Beatrix von Storch (Bild: IMAGO / Jens Schicke)
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11. September 2025, 07:26h 3 Min.
Heute Nachmittag debattiert der Deutsche Bundestag über einen neuen Antrag der AfD, der die Bundesregierung dazu auffordert, das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) "unverzüglich aufzuheben" sowie "eine Übergangsregelung zu schaffen, welche Schutzmechanismen für Minderjährige, Menschen mit psychischen Vorerkrankungen sowie frauenspezifische Schutzräume sicherstellt". Und schließlich drittens: "eine Neuregelung vorzulegen, die evidenzbasiert, verfassungskonform und frauen-, jugend- und kinderschutzorientiert ausgestaltet ist" – so steht es in der Vorabfassung des Antrags "Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag aufheben – Rechtsklarheit und Schutz vulnerabler Gruppen wie Frauen und Jugendlicher wiederherstellen" vom 9. September.
Geplant ist eine dreißigminütige Debatte, bei der wir genau hinhören werden. Denn eines ist leider klar, es gibt immerhin eine weitere große Fraktion im Plenum, die damals nicht für das SBGG gestimmt hat und ebenfalls das Thema Kinder und Jugendliche sowie Frauen als Problemfelder sieht. Ganz abgesehen davon, dass uns durch einen Rechtsextremisten, der gerade keine Lust auf Knast hat, das Missbrauchs-Thema schmerzhaft auf die Füße gefallen ist. Die Lösung ist jedenfalls nicht die Aufhebung des SBGG.
Steile Thesen ersetzen fehlenden Sachverstand
Der Antrag entspricht im Übrigen ganz der Qualität von AfD-Anträgen und umfasst diesmal immerhin dreieinhalb Seiten. Die hellblaue Partei mit dem roten Haken ist schließlich bekannt und geradezu berühmt für eine parlamentarische Arbeit im Schmalspurformat. Flotte Sprüche und steile Thesen ersetzen fehlenden Sachverstand. Auf den dreieinhalb Seiten hat sie mal eben alle bekannten transfeindlichen Mythen versammelt, die wir schon so oft gehört haben, dass ich es den Leser*innen von queer.de erspare, sie zu wiederholen. Wer freilich Spaß an Realsatire hat, der darf sich gerne der Drucksache 21/1547 widmen.
Festzustellen bleibt, dass wie immer eine Vermischung von Namens- und Personenstandsänderung, wie sie das SBGG ermöglicht, mit medizinischen Maßnahmen stattfindet, die rein gar nichts mit dem SBGG zu tun haben. Sie kommen dort einfach nicht vor. Und wer das Gesetz als Türöffner interpretiert, hat von der Praxis einer leitlinienorientierten Medizin keinen blassen Schimmer.
Es ist klar, worum es hier geht – um Stimmungsmache. Die übliche Polit-Comedy, die wir von der Rechtsaußen-Fraktion gewohnt sind. Genau deshalb werden wir in der Debatte genau hinhören, was von den Regierungsparteien als Antwort kommt. Denn es steht schließlich eine Evaluierung des SBGG auf dem Programm, bei der wohl noch nicht entschieden ist, wer sie durchführen wird. Dass die Union gewisse Erwartungen hegt gerade beim Thema Kinder und Jugendliche, wissen wir längst.
AfD empfiehlt trans Menschen "psychiatrische Angebote"
An einer Stelle musste ich dann doch beim Lesen der Drucksache 21/1547 lachen: "Das sogenannte 'Selbstbestimmungsgesetz' behindert einen gerechten Umgang mit Menschen, die an Geschlechtsdysphorie leiden." Das klingt, als hätte die hellblaue Partei mit dem roten Haken ein Herz für trans Menschen. Aber nein, sie macht nur einen Witz: "Statt umfangreichen Hilfen, wie etwa psychotherapeutischen und psychiatrischen Angeboten, wird ihnen mit dem Selbstbestimmungsgesetz suggeriert, es gäbe einen einfachen Weg für ihr Leiden, nämlich den Wechsel des juristischen Geschlechtes per einfacher Willensbekundung mit den darauf aufbauenden hormonellen und operativen Eingriffen, die irreversibel sind." Wie? Versteht das jemand?
Der Witz geht dann noch weiter. Gut, man kann das auch eine Mischung aus Infamie und Schwachsinn nennen. Oder um es mit Worten aus Shakespeares "Hamlet" zu beantworten: Der Wahnsinn hat Methode. Aber eigentlich ist Shakespeare für so eine Posse zu schade.
Links zum Thema:
» Der AfD-Antrag als PDF














