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Biografie
Björn Höcke: "Männer in der Politik verschwulen"
In seinem Buch über den Vorsitzenden der Thüringer AfD-Fraktion hat "Welt"-Redakteur Frederik Schindler mehrere bislang unbekannte queerfeindliche Äußerungen aufgedeckt.

Der Journalist Frederik Schindler hat die AfD jahrelang begleitet und jetzt ein Buch über den rechtsextremen Politiker Björn Höcke vorgelegt (Bild: Sandro Halank, Wikimedia Commons / wikipedia)
- 18. September 2025, 16:49h 4 Min.
"Das kann doch kein Erziehungsziel einer Schule sein, die Kinder dazu zu zwingen, diese sexuelle Andersartigkeit, die in vielen Fällen sexuelle Perversität bedeutet, nicht nur zu tolerieren, sondern positiv zu finden." Fast neun Jahre alt sind diese Worte, mit denen der AfD-Politiker Björn Höcke im September 2016 neue hessische Richtlinien zur Schulaufklärung über queere Menschen mit dem Ziel der Akzeptanz von Minderheiten im Rahmen der Sexualerziehung kommentierte.
Wie auch queer.de damals berichtete, forderte der Vorsitzende der Thüringer AfD-Fraktion, "ideologische Experimente an unseren Kindern" zu stoppen: Lehrpläne, "die die natürliche Vereinigung von Mann und Frau relativieren und die Sexpraktiken irgendwelcher lautstarker Minderheiten als nachahmenswerte Normalität anpreisen", seien ersatzlos zu streichen. "Wir werden diesem Zeitgeist, diesem unsäglichen, diesem unglücklichen, diesem perversen Zeitgeist, anders kann man es nicht sagen, niemals nachgeben."
Es sind Worte und Gedanken, die noch immer schockieren, und Worte und Gedanken, die seitdem von immer mehr AfD-Politiker*innen in immer mehr Parlamenten und Gremien geäußert, von immer mehr Bürger*innen auch in sozialen Netzwerken verbreitet werden.
Wie konnten Höcke und die AfD in rund einem Jahrzehnt einen solchen Einfluss bekommen? Mit Fragen wie diesen befasst sich die Biografie "Höcke" (Amazon-Affiliate-Link ), die der "Welt"-Redakteur Frederik Schindler verfasst hat und gerade erschienen ist. Der Untertitel: "Ein Rechtsextremist auf dem Weg zur Macht. Die AfD und ihr gefährlichster Vordenker."
Höcke gegen Frauen in der Politik

Das Buch von Frederik Schindler ist am 15. September bei Herder erschienen
Das bei Herder erschienene Buch mit rund 270 Seiten befasst sich mehrfach mit der Queerfeindlichkeit Höckes, etwa mit der auch auf diesem Portal 2018 dokumentierten Aussage, Homosexualität sei zwar zu tolerieren, aber "auf der Grundlage unserer Rechtsnorm nicht zu akzeptieren". Das queer.de-Archiv und Höckes Auftritte in sozialen Netzwerken und Parlamenten sind voll von weiteren Beispielen.
Schindler hat aber auch weitere, bislang kaum oder nicht bekannte Beispiele zusammengetragen. Die frühere Thüringer AfD-Landtagsabgeordnete Tosca Kniese, 2021 aus der Partei ausgetreten und inzwischen aus Landtag und Politik ausgeschieden, berichtete Schindler in einem Telefonat von einem weiteren Beispiel der Schwulen- und Frauenfeindlichkeit Höckes. Kurz nach ihrer Wahl in den Parteivorstand 2018, damals als stellvertretende Vorsitzende, habe Höcke ihr gesagt: "Frauen gehören nicht in die Politik". Und: "Männer in der Politik verschwulen". Auf Rückfrage zu Frauen in der Politik habe er gesagt, dass diese "keine richtigen Politiker" seien.
Kaum in der Öffentlichkeit beachtet wurde, dass Höcke kürzlich in einem Verfahren vor dem Landgericht Halle, wo er zum zweiten Mal wegen einer Nazi-Parole verurteilt wurde, unter anderem den Detmolder Rechtsanwalt Hendrik Schnelle mandatiert hatte, der 2002 für den Satz, man müsse die Schwulen vergasen wie früher die Juden, zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Der damalige CDU-Ratsherr ist, so Schindler, inzwischen ein "Szeneanwalt der extremen Rechten", der auf seiner Homepage "schwulenfeindliche und den Nationalsozialismus relativierende Kariakturen" teile und zuletzt durch sein Bemühen, eine in seinem Besitz befindliche ehemalige Synagoge abreißen zu lassen, Schlagzeilen machte. Nur ein Beispiel, wie Schindler auch das Umfeld Höckes beleuchtet, darunter seine Familie und seine Vertrauten in der Partei.
Höcke gegen die "Homo-Lüge"
Das Buch bietet noch ein weiteres bislang unbekanntes Beispiel für Höckes Queerfeindlichkeit. So soll er 2014, in den Anfängen der Partei, in einem internen Verteiler einen Artikel geteilt haben, in dem von einer "Homo-Propagandalüge" und "Homoideologen" die Rede sei. "Anführer im Kampf für 'Homo-Rechte' wird normal", heißt es weiter in dem von dem früheren US-Gay-Aktivisten Michael Glatze verfassten Text. Er sei "zur Homosexualität" gekommen, da er nach dem frühen Tod seiner Eltern "bereits zerbrechlich" und "verwirrt" gewesen sei. Homosexualität sei "von Natur aus pornographisch und zerstörerisch", schwuler Sex "nur ein neurotischer Prozess".
Höcke teilte also einen hasserfüllten Text aus dem Homo-"Heiler"- und Ex-Gay-Umfeld, und das laut Schindler mit den folgenden eigenen Worten im Betreff: "Sensation, bitte weiter verbreiten: Ex-Homosexuellen-Führer wird Christ und lässt die Homo-Lüge platzen! Das verschweigt unsere Presse!" Die Weiterverbreitung des Textes soll auch zu Widerspruch in der Verteilerliste geführt haben: Ein Empfänger habe sich über den "als äußerst homophob und menschenverachtend einzustufenden Text" beschwert und andere in der Partei gefragt, "ob Björn Höcke weiterhin derjenige sein soll, der Euch vorsteht und vertritt". (cw)
Frederik Schindler: Höcke: Ein Rechtsextremist auf dem Weg zur Macht. Die AfD und ihr gefährlichster Vordenker. 272 Seiten. Herder 2025. Gebundenes Buch: 22 € (ISBN 978-3-451-07415-8). E-Book vorbestellbar
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